Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Jerry Cotton - 0504 - Der Tiger

Jerry Cotton - 0504 - Der Tiger

Titel: Jerry Cotton - 0504 - Der Tiger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren:
Vom Netzwerk:
sicher auf meinen Beinen stand. »Whitey!« brüllte er. Niemand antwortete.
    Der Besucher befeuchtete sich die Lippen mit der Zungenspitze. Dann gab er sich einen Ruck und stieß mich mit der Schulter zur Seite. Noch ehe ich es zu verhindern vermochte, hatte er die Wohnzimmertür auf gerissen. Er erstarrte, als er den Toten auf dem Boden liegen sah.
    Ich beobachtete ihn dabei genau. Seine Lähmung hatte etwas komisches, aber dieser Ausdruck wurde sehr rasch von einem plötzlich aufsteigenden Zorn beiseite gewischt. Er wirbelte mit geballten Fäusten herum.
    »Sie haben ihn umgebracht!« preßte er anklagend durch die nur halb geöffneten Zähne. »Sie wußten, daß er das Geld für mich im Hause hatte!«
    Ich grinste matt, weil es im Moment am wichtigsten war, noch mehr Informationen aus dem Besucher herauszuholen. Direkte Fragen konnten ihn nur irritieren und zum Rückzug veranlassen.
    Im Augenblick machte er freilich nicht den Eindruck eines Mannes, der an Rückzug denkt. Im Gegenteil. Er benahm sich ausgesprochen aggressiv, indem er mich plötzlich mit beiden Händen am Revers packte.
    »Das ist mein Geld!« zischte er. »Sie werden es mir sofort aushändigen, oder ich sorge dafür, daß Sie auf dem Stuhl landen!«
    »Loslassen!« sagte ich ruhig.
    Er hörte gar nicht darauf. Whiteys Ermordung hatte ihn in einen Zustand hochgradiger Erregung versetzt. Es war zu spüren, daß es ihm dabei nicht um Whiteys Schicksal ging, sondern nur um das Geld, das er von Whitey hatte bekommen sollen.
    »Wo hast du die Bucks?« keuchte er. »’raus damit!«
    Ich grinste. »Woher soll ich wissen, daß du Anspruch darauf hast?«
    Er ließ mich los und blinzelte. Ihm kam plötzlich zum Bewußtsein, daß er sich keinen Fehler leisten durfte. Noch hielt er mich für den Täter. Aber ich merkte, wie sich ihm plötzlich gewisse Zweifel und Befürchtungen aufdrängten.
    Was war, wenn er sich irrte? Er war in diese Wohnung gekommen, um sein Geld abzuholen. Geld wofür? Wenn die Polizei von diesem Besuch etwas erfuhr, würde sie wissen wollen, was es mit dem Geld für eine Bewandtnis hatte. Die plötzlich spürbar werdende Vorsicht des Mannes gab meinen Spekulationen eine bestimmte Richtung.
    »Ist es das Geld für Ernie Pyle?« fragte ich in plump vertraulichem Ton.
    Er starrte mich prüfend an, doch um eine Sekunde zu lang, um die nächsten Worte noch glaubhaft wirken zu lassen.
    »Pyle? Wer ist Ernie Pyle? Ich kenne ihn nicht!«
    Die Geschichte von Pyles Erschießung auf dem Friedhof hatte inzwischen durch Zeitungen, Radio und Fernsehen die Runde gemacht. Es war völlig ausgeschlossen, daß ein Mann, der mit Whitey verkehrte, und folglich enge Verbindungen zur Unterwelt hatte, nicht wußte, was diesem Pyle zugestoßen war.
    Ich war überzeugt davon, daß ich Pyles Mörder vor mir hatte. Es ist bei einem Mordauftrag nicht üblich, die gesamte Summe im voraus zu bezahlen. In der Regel legt der Auftraggeber vor der Tatausführung die Hälfte auf den Tisch; der Rest wird nach dem Mord bezahlt.
    Dieser Bursche war gekommen, um die zweite Hälfte des Blutgeldes zu kassieren. Das machte seine Erregung verständlich. Er fand die Aussicht, auf einige tausend Dollar verzichten zu müssen, keineswegs erhebend.
    »Nehmen wir einmal an, ich hätte die Piepen«, sagte ich gedehnt, »woher soll ich wissen, wieviel davon dir gehören?«
    »Whitey, schuldet mir dreitausend Dollar!«
    »Wofür?«
    »Das geht dich nichts an! Ich mache dir einen Vorschlag. Ich habe keine Ahnung, wieviel du in Whiteys Bude gefunden hast. Mir ist es auch völlig schnuppe, daß er ’dran glauben mußte. Mich interessiert nur mein Anteil. Wenn ich ihn bekomme, werde ich vergessen, daß ich dich hier getroffen habe!«
    »Dreitausend sind ein fetter Happen«, stellte ich fest. »Du solltest dich mir erst einmal vorstellen!«
    Er grinste böse. »Ich bin Santa Claus! Siehst du das nicht? Im Sommer gehe ich bartlos spazieren… wegen der Leute«, fügte er höhnisch hinzu. »Ich müßte sonst dauernd Autogramme geben!« Ernstlich wütend geworden darüber, daß er immer noch nicht zu seinem Geld gekommen war, sprang er plötzlich auf mich zu um sich mit Gewalt davon zu überzeugen, ob ich ihm seinen Anteil vorenthielt.
    Ich legte ihn so schnell aufs Kreuz, daß er einige Sekunden brauchte, um die jähe und schmerzhafte Veränderung seiner Position zu verkraften. Noch ehe es ihm gelungen war, die Folgen des Judogriffs abzuschütteln, hatte ich schon seine Brieftasche aus dem

Weitere Kostenlose Bücher