Jerry Cotton - 0504 - Der Tiger
nur Formsache bei dir. Schließlich hast du im Theater bewiesen, was in dir steckt. Mann, du hast uns ganz schön ’rangenommen!«
»Wann wird die Wahl über die Bühne gehen?«
»Den Termin kannst du bestimmen!«
»Okay«, sagte ich. »Ich habe es eilig. Sagen wir morgen abend!«
Slim erschrak. »Ausgeschlossen! Die Bombenexplosionen im Hunting Park Theater haben die Polizei aufgescheucht. Ich bin sicher, daß man einige von uns noch verhören und in den nächsten Tagen beobachten wird.«
»Damit müssen wir immer rechnen. Es bleibt bei morgen abend! Du wirst die Boys informieren.«
Er schluckte. »Geht in Ordnung. Das besorge ich, Arty. Du kannst ja Whitey Bescheid geben… du fährst doch jetzt zu ihm, nicht wahr?« drängte er. »Zusammen mit dir!«
»Ich kann dich nicht begleiten, Arty.« Ich ließ es dabei bewenden. Slims bisherige Reaktionen ließen klar genug erkennen, was los war. Für mich stand fest, daß Slim Whiteys Mörder war.
Ich blickte ihn an. »Wer hat Pyle abserviert?« erkundigte ich mich.
»Whitey natürlich! Ich habe nicht die geringste Ahnung, wen er damit beauftragt hat, aber ich weiß, daß er Verbindung zu Duff Cander unterhält. Cander ist ein Scharfschußexperte.«
»Wo wohnt dieser Cander?«
»Irgendwo in der Federal Street, glaube ich. Willst du ihn auf’s Korn nehmen?«
»Ich halte mich an Whitey.«
Slim grinste ein wenig hinterhältig. »Das ist goldrichtig!« sagte er.
***
Von der nächsten Fernsprechzelle aus rief ich das FBI an. Ich erklärte Mr. Farlund, was ich erreicht hatte und empfahl ihm, Duff Cander verhaften zu lassen. »Vermutlich hat er sich ein Alibi gekauft«, sagte ich. »Es wird sich zerpflücken lassen. Außerdem hilft es ihm nicht viel, wenn man ihm den Besitz der Mordwaffe nachweisen kann. Irgendwo muß er das Gewehr mit dem Zielfernrohr ja versteckt haben. Es ist sein wichtigstes Arbeitsgerät.«
»Hinter Cander sind wir schon lange her. Wenn es uns gelänge, ihn auf diese Weise hoch zu nehmen, wäre das Ihr Verdienst, Jerry. Es kann nicht hoch genug veranschlagt werden!«
»Ich hatte Dusel, das war alles.«
»Was ist mit Slim?«
»Ich war bei ihm und bin überzeugt, daß er Whiteys Mörder ist. Ich hätte ihm sogar die Tatwaffe abnehmen können… aber im Moment erscheint es mir wichtiger, erst die Wahl zu gewinnen. Morgen abend will man mich als neuen Gangboß installieren. Vor morgen abend komme ich also nicht an die Geheimunterlagen des Syndikates heran!«
»Ich setze mich mit dem Chef des Morddezernates in Verbindung. Bis dahin wird man nichts unternehmen, was die Aktion stören oder stoppen könnte!«
»Danke«, sagte ich und hängte auf.
Ein Taxi brachte mich zu Patricia King. Sie war daheim und empfing mich in einem raffiniert gearbeiteten Hausanzug aus fliederfarbigem Manchester. Darunter trug sie eine duftige Bluse mit hochgeschlossenem Jabot und zarten, weit über die schlanken Gelenke fallenden Spitzenmanschetten.
Genau wie bei Whitey und Slim zeigte sich in dieser Wohnung, daß es den Syndikatsmitgliedern verdammt gut gegangen war. Jedes einzelne Detail verriet, daß man hier mit Geld nicht geizte.
Soviel ich wußte, warf man Patricia King zwar nicht die aktive Teilnahme an irgendeinem Bandenverbrechen vor, doch sie galt als Mitwisserin und hatte sich deshalb für alles mitzuverantworten, was auf das Schuld konto des BBB-Syndikates ging.
Patricia King gab sich ziemlich aufgeregt und aufgekratzt. Sie hatte zwei Heftpiaster im Gesicht kleben, eines an der Schläfe, das andere am Kinn. Sonst gab es keinerlei Hinweise dafür, daß sie bei den Bombenexplosionen im Theater Schaden erlitten hatte.
Es war zu spüren, daß es dem Girl darauf ankam, mir zu gefallen. Sie klopfte auf der großen Couch einige Kissen zurecht und sagte mit leicht belegt klingender Stimme: »Machen Sie es sich doch gemütlich, Arty!«
Ich setzte mich und sah dem Girl beim Mixen von zwei Drinks zu. Sie kam mit den Gläsern zur Couch und kuschelte sich neben mich in die Kissen. Ich nahm ihr ein Glas ab. Das Girl versäumte nicht, mich hin und wieder wie unabsichtlich zu berühren.
Wenn sie, was einige Male geschah, den Kopf herumwarf, berührte mich ihr seidig schimmerndes, weiches Haar. Es war keineswegs unangenehm, neben ihr zu sitzen. Patricia King hatte die Figur und das Gesicht eines Girls, von dem Männer gemeinhin nur zu träumen pflegen.
Betrüblicherweise war sie eine Gangstermolly. Es gab mehr als einen Grund für mich, diese Tatsache keinen
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