Jerry Cotton - 0506 - Der Toeter und die grosse Angst
Handschuhkastens. Er erwartete einen scharfen Protest des Mörders, doch der Mann im Fond blieb ruhig.
Romano öffnete den Deckel und trat gleichzeitig scharf auf die Bremse. Der Wagen schleuderte ein wenig und kam zum Stehen. Romano hielt triumphierend die Pistole in der Hand. Er drehte sich blitzschnell um und richtete die Mündung der Waffe auf Lanny. »Aussteigen!«
Lanny grinste. »Aber, Dicker«, sagte er spöttisch. »Was soll dieser Unsinn?«
»Aussteigen oder ich schieße!« keuchte Romano. Er zitterte vor Erregung am ganzen Leibe. Sein Finger hatte den Druckpunkt erreicht. Romano war entschlossen, bei der geringsten verdächtigen Bewegung seines Gegners abzudrücken.
Der Wagen stand in einem Hohlweg. Romano hatte keine Ahnung, wohin der Weg führte. Weit und breit war keine Menschenseele zu sehen. Die tiefen Einkerbungen im Boden verrieten, daß hier normalerweise Traktoren oder Lastwagen entlangfuhren.
Lanny hob die Hand. Die Bewegung war unmißverständlich. Sie galt der Pistole in der Schulterhalfter.
Romano drückte ab. Ein hohles Klicken ertönte, sonst geschah nichts. Wieder zerrte das elende Übelkeitsgefühl an Romanos Kehle und Magen. Er ließ die Pistole zitternd sinken. Ihm dämmerte, daß er seine letzte Chance verspielt hatte.
Lanny grinste höhnisch. »Hältst du mich für einen Anfänger?« fragte er. »Natürlich habe ich in New York während der Wartezeit das Auto gefilzt und das Magazin aus deiner Pistole genommen!«
Romano fand keine Kraft zu einer Erwiderung. Er sah, wie Lanny die Pistole hob.
»Du kleine miese Ratte wolltest mich also umlegen«, sagte Lanny. »Ich bin froh, daß du es versucht hast. Das macht es für mich jetzt leichter…«
»Nein, nein… nein!« schrie Romano.
Das dritte und letzte Nein war nur noch ein Gurgellaut. Es wurde übertönt von dem scharfen harten Knall der 38er Pistole. Im Wagen machte sich sofort ein beißender unangenehmer Pulvergeruch bemerkbar.
Lanny schoß noch zweimal, dann schob !er die Waffe zurück in die Schulterhalfter.
Er stieg aus. Jetzt kam der schwerste Teil der Aufgabe. Es würde Kraft und viel Mühe kosten, den toten Zweizentnermann in das kleine Wäldchen zu schleppen, das sieh an beiden Seiten des Hohlweges hinzog.
Nach fünf Minuten hatte Lanny Stratwyck die Arbeit erledigt. Er schwitzte. Am Jackett seines silbergrauen Zweireihers war ein kleiner Blutfleck klebengeblieben. Lanny machte sich nichts daraus. Er nahm sich vor, den Anzug zu Hause zu verbrennen. Er hatte genügend Geld, um seine Garderobe zu erneuern. Es wurde ohnedies hohe Zeit, daß er in dieser Hinsicht etwas für sich tat.
Er kletterte in Romanos Wagen und setzte ihn zurück. Nach etwa hundert Yard endete der Hohlweg. Lanny wendete und erreichte kurz darauf die Einmündung zur Bundesstraße vier. Er mußte einige Zeit warten, bis sich die Gelegenheit zum Einscheren bot. Dann fuhr er zurück nach New York.
***
»Ach was, er wollte Doreen nicht heiraten«, sagte Virginia Bell. »Ich muß es doch wissen. Randolph war mir gegenüber immer ganz offen. Ich hätte ihn haben können… heiraten, meine ich, aber er war nicht mein Typ.«
Wir saßen zu dritt in dem kleinen Büro, das uns der Geschäftsführer des L- und S-Schnellrestaurants für die Unterhaltung mit Virginia Bell zur Verfügung gestellt hatte. Vor uns dampfte je eine Tasse heißen Kaffees. Das Mittagessen hatten wir bereits zu uns genommen.
»Immerhin kochte sie für ihn«, sagte Phil.
»Nicht immer«, meinte Virginia Bell. »Sie drängte sich ihm ja förmlich auf.«
»Weshalb hätte sie das tun sollen?« fragte ich. »Er war weder reich noch attraktiv, und Miß Newton gehört doch sicherlich zu den Mädchen, die sich über Mangel an männlichem Interesse an ihrer Person nicht beklagen können.«
»Nicht reich?« fragte Virginia Bell. »Er hat mir einmal anvertraut, er wolle sich eine Druckerei kaufen. Das Geld dazu hatte er sich gespart.«
»Wollte er sie kaufen oder pachten?« fragte Phil.
»Kaufen«, erwiderte das Mädchen. Virginia Bell hatte ein leidlich hübsches, durch ein kantiges Kinn aber fast maskulin wirkendes Gesicht. »Soviel ich weiß, hatte er sich rund dreißigtausend Dollar gespart.«
»Diese Summe hatte er genannt?«
»Ja, daran erinnere ich mich«, sagte das Mädchen.
»Wollte er sich von Doreen Newton trennen?«
»Schon sehr oft«, sagte das Mädchen. »Aber sie hing wie eine Klette an ihm. Sicherlich war sie auf sein Geld scharf.«
»Gab es zwischen den beiden
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