Jerry Cotton - 0506 - Der Toeter und die grosse Angst
öfter Streit?«
»Das weiß ich nicht.«
»Vielen Dank, Miß Bell«, sagte ich und verließ mit Phil das Office.
»Ich schlage mal wieder eine kleine Arbeitsteilung vor«, sagte ich zu Phil, als wir auf der Straße standen. »Du fährst noch einmal nach Queens und schaust dich in der Mansarde um, und ich versuche Doreen Newton in ihrer Wohnung zu erreichen.«
»Du glaubst, sie hat ihn umgebracht?«
»Möglich wäre es ja«, sagte ich. »Er wollte sich von ihr trennen, und sie wollte sein Geld. Herberts' Ermordung brachte sie auf eine Idee. Schließlich wußte das Mädchen, daß Fletcher als Polizeispitzel gearbeitet hatte. Diesen Umstand nutzte sie für ihre Pläne aus.«
»Vielleicht«, schränkte Phil ein. »Vielleicht«, gab ich zu. »Sie spekulierte ganz richtig, als sie annahm, daß man Ronny Herberts' Mörder der Tat verdächtigen würde. Für uns kommt es jetzt darauf an, die Mordwaffe sicherzustellen. Das Mädchen hatte villeicht noch keine Gelegenheit, sie gut zu verbergen. Wenn unsere Theorie stimmt, hat sie die Pistole erst einmal provisorisch versteckt, um sie bei passender Gelegenheit endgültig verschwinden zu lassen.«
»Ich nehme ein Taxi«, entschied Phil. »In der dunklen Mansarde mit dem darüberliegenden Bodenraum gibt es sicherlich tausend Möglichkeiten, eine Pistole zu verstecken.«
»Viel Glück!« wünschte ich und kletterte in meinen roten Flitzer.
Noch ehe ich losfuhr, schaffte es Phil, ein Taxi heranzuwinken.
Zwanzig Minuten später verließ ich den Jaguar in der 79. Straße. Es stand keineswegs fest, daß Doreen Newton zu Hause war. Möglicherweise wurde sie noch von Lieutenant Hastings aufgehalten, oder sie hatte es vorgezogen, an einem anderen Ort Ablenkung zu suchen.
Das Halft, in dem Doreen wohnte, war ein älterer zehnstöckiger schmutziggrauer Kasten. Von den beiden Lifts war einer außer Betrieb, und der andere verursachte Geräusche, als sei er entschlossen, gleichfalls seinen Geist aufzugeben. Ich kam trotzdem in die siebte Etage und klingelte an Doreen Newtons Tür.
Niemand öffnete. Ich klingelte ein zweites Mal. Erst jetzt ertönten in der Diele Schritte. Doreen öffnete die Tür. »Oh, Sie sind es«, sagte sie ein wenig kurzatmig, wie es mir schien. »Ich bin gerade nach Hause gekommen.«
Immerhin hatte sie es geschafft, ihr Make-up zu erneuern. Dem Gesicht waren die vielen Tränen, die das Mädchen vergossen hatte, nicht mehr anzusehen. Sie führte mich in das kleine bescheiden eingerichtete Wohnzimmer. Ich fragte mich plötzlich, ob ich auf der richtigen Fährte war. War es nicht ein bißchen zu plump und einfach, das Girl der Tat zu verdächtigen? Es gab in ihren Aussagen zwar einige Ungereimtheiten, aber das bedeutete noch lange nicht, daß sie eine Mörderin war.
Wir setzten uns. Doreen Newton bot mir etwas zu trinken an. Ich lehnte freundlich ab. »Ich habe nur noch einige Fragen«, sagte ich. »Wie erklärt es sich, daß Mr. Fletcher durch die Meldung von Ronny Herberts' Ermordung in Unruhe versetzt wurde?«
»Herberts war genau wie Randolph ein Polizeispitzel. Als Randolph die Radiomeldung von Herberts' Ermordung hörte, bekam er es natürlich mit der Angst zu tun.«
»Wann hörte er die Meldung?«
»Ich weiß es nicht genau, aber es muß im Laufe des Vormittags gewesen sein. Er sprach darüber, ehe ich zum Einkäufen ging.«
»Welche Zeitungen las Mr. Fletcher?«
»Nur die,Tribüne’.«
Ich blickte auf das Radiotischchen neben der Couch. Es diente gleichzeitig als Zeitungsablage. »Sie bevorzugen den ,Herald’«, stellte ich fest. Mir fiel ein, daß der ,Herald’ die einzige Zeitung war, die in ihrer Mittagsausgabe Herberts’ Rolle als Polizeispitzel erwähnt hatte.
»Es ist alles so furchtbar«, seufzte das Mädchen. »Ich werde wohl nie das schreckliche Bild vergessen, das sich mir bei meiner Rückkehr bot.«
»Wann hatten Sie vor, Mr. Fletcher zu heiraten?«
»Irgendwann im Laufe dieses Jahres. Ein genaues Datum hatten wir noch nicht festgelegt.« Sie steckte sich eine Zigarette zwischen die Lippen und entzündete ein Streichholz. Ich sah, daß ihre Hände ganz ruhig waren. Sie brannte die Zigarette an und inhalierte tief. Dann legte sie das abgebrannte Streichholz in den Ascher. Ihre Bewegungen waren jetzt von provozierender Langsamkeit. Ich wurde das Gefühl nicht los, daß sie es bewußt darauf anlegte, mit soviel Ruhe ihr absolut reines Gewissen zu demonstrieren.
»War er eigentlich treu?«
»Randolph?« fragte sie und klaubte
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