Jerry Cotton - 0510 - Sie warfen mich den Schlangen vor
Polizei! Hilfe! Mörder! Hilfe!«
Polizeichef Matterns fuhr herum und warf seinem baumlangen Sergeanten einen Blick zu.
Walkstream, der Sergeant, nickte und ging mit zwei langen Schritten zur Tür. Er riß sie auf und wollte hinausschauen. Im gleichen Moment prallte er mit der schreienden Frau zusammen.
Sie stieß ihn zur Seite und kam schreiend in das zweckentfremdete Schulzimmer.
Von einer Sekunde zur anderen wurde sie der Mittelpunkt des Geschehens.
»Was bedeutet das?« fragte der Richter indigniert seinen Schreiber.
»Moment!« sagte der Anklagevertreter zu seinem Assistenten.
Eine dichte Menschentraube drängte sich um die schreiende Gemüsefrau.
»… er kam in den Laden«, schrillte ihre Stimme, »schoß einfach auf George! George ist schwer verletzt! Dieser schwarze Teufel ist davongerannt und hat gelacht! Kommen Sie schnell! Er kommt zurück und bringt George um!«
»Wen ‘meinen Sie, Mary?« dröhnte Matterns Stimme dazwischen.
»Bickingtone!« jammerte sie. »Abraham Bickingtone, , dieser verdammte Nigger! Er kam in den Laden und schoß einfach auf…«
»Männer!« brüllte der Polizeichef. »Männer, kommt! Wir holen ihn!«
Die Gerichtsverhandlung war ohnehin unterbrochen. So bedurfte es nur dieses einen Aufrufes des gewählten Polizeichefs, um die Zuhörer der Verhandlung in eine johlende Meute zu verwandeln.
»Ich erwarte Ihren Bericht!« rief der Staatsanwalt hinter dem an der Spitze der Menge aus dem Verhandlungsraum stürmenden Polizeichef Matterns her.
Er bekam keine Antwort mehr.
***
Auf pfeifenden Pneus bog der schwarze Dienstwagen in die Range Street im Hafenviertel von Brooklyn ein.
Ein Schuß peitschte durch die Straße, und mit einem trockenen Knall zersprang die Frontscheibe des schwarzen Wagens.
»Stop! ’raus!« zischte eine Stimme.
Doch der Wagen fuhr noch 25 Yard weiter und bog dann in einer waghalsigen Kurve in die dunkle Schlucht einer Toreinfahrt. Dann endlich kam er zum Stehen.
»Verdammt, das war aber ein freundlicher Empfang!« knurrte der G-man Steve Dillaggio.
»Ich weiß nicht«, knurrte mein Freund Phil. »Wenn ich mit Jerry in dessen Jaguar zu einem Einsatz fahre, passiert so etwas nicht. Uns hat noch nie jemand die Windschutzscheibe zerschossen. Man sieht diesen schwarzen Kisten hier doch gleich an, wem sie gehören und…«
»Ist eüch etwas passiert?« hallte eine dröhnende Stimme durch die Toreinfahrt.
»Hoppla!« sagte Phil und stieg schnell aus dem Dienstwagen. »Keine Feier ohne Hywood, was?«
»Also doch nichts passiert!« konstatierte der Kollege in Uniform, Captain Hywood.
»Doch«, sagte Phil, »unsere schöne Scheibe ist kaputt. Das gibt wieder Ärger mit unserem Motorpool.«
»Sie sollen sich nicht so anstellen wegen einer Windschutzscheibe«, dröhnte Hywood.
»Doch«, sagte Phil. »Sie haben andere Schäden lieber, weil man Windschutzscheiben ersetzen kann. Bei anderen Schäden aber bewilligt Washington oft neue Fahrzeuge.«
»An den Steuerzahler denkt ihr wohl nie?« frotzelte Hywood.
»Nein«, sagte Phil, »weil der brave Mann an sich selbst zuletzt denkt. Was steht denn hier auf dem Programm?«
»Wir haben euch wieder einmal einen Haufen Arbeit abgenommen. Die Shimmy-Gang ist heute fällig. Die sucht ihr doch. Oder irre ich mich da?«
»Die suchen wir«, nickte Phil.
»Habt ihr sie etwa gefunden?« schaltete sich Steve Dillaggio in das Gespräch ein.
Hywood nickte. »Wir haben sie gefunden. Jetzt brauchen wir sie nur noch abzutransportieren.«
»Fein«, freute sich Steve.
Phil sagte nichts. Er ahnte, daß Hywood noch irgendeine böse Überraschung im Hintergrund hatte.
So war es auch.
»Das mit dem Abtransport hat nur ein paar kleine Schwierigkeiten«, berichtete Hywood. »Die Herrschaften sitzen nämlich hier in der Straße in vier verschiedenen Häusern verteilt und veranstalten lustige Feuerwerke. Eine Rakete habt ihr ja schon abbekommen. Sie schießen hauptsächlich aus Dachfenstern und von den Dächern und geben sich gegenseitig Feuerschutz. Das Gebiet ist zwar von meinen Leuten abgeriegelt, aber damit kommen wir nicht viel weiter. Shimmy hat mindestens zwölf schwerbewaffnete Männer um sich versammelt. Es knallt von allen Seiten.«
»Was ist mit der Bevölkerung?« fragte Phil.
Hywood zuckte mit seinen überbreiten Schultern. »Wir habep sie durch Lautsprecher aufgefordert, sich in ihren Wohnungen aufzuhalten und vor allen Dingen von den Fenstern und der Straße wegzubleiben. In allen Hauseingängen stehen
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