Jerry Cotton - 0510 - Sie warfen mich den Schlangen vor
Matterns, ich drohe Ihnen nicht. Aber wenn Sie es sich einfallen lassen, einen Tatbestand zu verfälschen und einen Unschuldigen zu verfolgen, dann werde ich alles in meiner Macht Stehende tun, um Sie zur Rechenschaft ziehen zu lassen.«
»Sie sind verdammt offen!«
»Sie sollten es auch sein, Matterns!«
»Schon gut«, sagte er wieder. »Ich kann nichts mehr daran machen. Sie haben selbst gehört, daß ich die Kriminalpolizei verständigte. Sie werden bald kommen. Ich werde Ihre protokollierte Aussage vorlegen und diesen Umschlag übergeben. Ich habe mit der Sache nichts mehr zu tun.«
»Gut«, sagte ich. »Ich vertraue Ihnen!«
Ich warf einen Blick auf die Uhr, die über seinem Schreibtisch hing. »Tun Sie mir einen Gefallen, Matterns. Fahren Sie mich bitte zur Bus-Station. Ich möchte die Maschine nach New York nicht versäumen. Mit dem Abendbus erreiche ich sie nicht mehr.«
»Selbstverständlich, Mr. Cotton!«
Wir verließen das Office.
Mitten im Raum stand der verlassene Schreibtisch. Und in der Schublade dieses Schreibtisches lag in einem versiegelten Umschlag die Pistole des Gemüsehändlers.
***
»Na?« fragte Ernest Walkstream, der baumlange und spindeldürre Sergeant, der allein die uniformierte Streitmacht der Tompaco Police verkörperte.
Walkstream blickte gespannt den Mann an, der in diesem weltvergessenen Nest als völlig überflüssiger Polizeichef amtierte. Eigentlich war »Polizeichef« nicht der richtige Ausdruck. Matterns war, wie es in Florida üblich ist, der gewählte Vorsitzende der Ordnungsbehörde.
Der Sergeant nahm seinen Chef nicht ernst. Er wußte, daß Matterns nur aus politischen Gründen amtierte. In Tompaco war es seit einigen Jahren so Sitte. Die Partei mit den meisten Stimmen stellte den Bürgermeister, die andere Partei den Polizeichef. Einen großen Unterschied in der Stimmenzahl gab es nie. Dafür mußte es einen überflüssigen Posten geben.
»Was heißt ,na’?« bellte Matterns den Sergeanten an.
»Ist er weg, der G-man aus New York?«
»Natürlich ist er weg. Was sollte er hier noch?«
»Das müssen Sie doch wissen«, antwortete Walkstream. »Die Sache mit dem Schwarzen interessiert ihn doch. Hat er etwas gesehen?«
»Nein«, log Matterns. »Was ist bei Walker los?«
»Der Doc hat ihn verbunden. Es war nur eine Schramme.«
»Nur eine Schramme!« ereiferte sich der Polizeichef. »Das war Glück, verdammtes Glück, sonst nichts. Genausogut könnte Walker jetzt tot auf dem Platz liegen!«
Walkstream nickte. »Das sagen die Leute auch. Sie wollen den Täter hängen!«
»So?«
»Ja. Sie sagen, Abraham Bickingtone sei es gewesen!«
»Hier wird niemand gehängt!« fuhr Matterns von seinem Stuhl hoch. »Verstanden? Hier gelten Recht und Gesetz! Los, sofort gehen Sie hin und achten darauf, daß nichts passiert!«
»Es kann nichts passieren«, sagte der Sergeant langsam. »Bickingtone ist verschwunden; Ist ja klar, ich an seiner Stelle…«
»Er kann jeden Moment wieder auftauchen!« entschied Matterns. »Los! Sie gehen zu Walker und achten dort auf Ruhe und Ordnung!«
»Aber…«
»Dies ist ein Befehl, Sergeant!« Walkstream verzog sein Gesicht, als habe er auf eine saure Zitrone gebissen. »Okay. Ich gehe hin und achte auf Ruhe und Ordnung!«
Gemütlich setzte er sich in Bewegung.
John P. Matterns wartete, bis er den Sergeanten die Straße überschreiten sah. Dann griff er zum Telefon, verlangte bei der Vermittlung eine Nummer und wartete, mit den Fingern ungeduldig auf dem Schreibtisch trommelnd, auf die Verbindung.
»Hallo!« rief er dann in das Gerät. »Matterns, Polizeichef in Tompaco! Hören Sie, ich habe Ihnen vorhin eine Meldung durchgegeben. Das hat sich inzwischen erledigt. Alles klar. Der Täter ist bekannt. Es braucht niemand von Ihnen zu kommen.«
Er lauschte in den Hörer. Ein zufriedenes Lächeln ging über sein Gesicht. »Kann ich mir denken«, sagte er dann. »Nein, völlig überflüssig, daß Sie Beamte abstellen und wertvolle Stunden opfern. Wir finden den Mann selbst und bringen ihn zu Ihnen.«
Matterns legte den Hörer auf die Gabel zurück.
Einen Moment saß er regungslos in seinem Schreibtischsessel. Er zündete sich eine Zigarette an. Nach ein paar Zügen drückte er sie wieder aus, stand auf und nahm einen Schlüssel vom Brett an der Wand.
Er schloß eine Eisentür auf und betrat einen engen Gang. Dort öffnete er eine zweite Tür.
Edward Croccer, der Mann, der die alte Frau getötet hatte und in dieser Zelle auf die
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