Jerry Cotton - 0519 - Als Praemie einen Todesjob
Ihnen erst klargeworden, als Sie die Finger schon…«
Er ließ seine Faust auf den Tisch knallen. »G-man«, sagte er beschwörend, »seh’ ich so aus?«
»Wie?« fragten Neville und ich zusammen.
Viccallo schaute mich an und schüttelte den Kopf. »Mensch, G-man — was habe ich denn davon, wenn ich für Ritchell jemand umlege? Ritchell sitzt in Sing-Sing und kommt für die Ewigkeit nicht mehr heraus. Was habe ich davon?«
Das war ein einleuchtendes Argument. Viccallo als Berufsverbrecher war es gewöhnt, Risiken gegeneinander abzuwägen. Freundschaftsdienste gab es bei ihm nicht.
Trotzdem mußten wir weiter versuchen, etwas aus ihm herauszubekommen.
»Sie sind Syndikatsmann, Viccallo«, warf ich ihm vor. »Wenn Sie einen Auftrag von Ihrem Syndikat haben…«
Mit einer Handbewegung unterbrach er mich.
»Ich war Syndikatsmann. Das Syndikat habt ihr hochgehen lassen. Da kann mir also niemand mehr einen Auftrag geben. Außerdem ist Ritchell kein Syndikatsmann. Er hat selbständig gearbeitet. Niemand würde sich für ihn die Finger verbrennen. Schon gar nicht mit einem Mord, G-man. Und noch etwas. Ich habe die Nase voll!«
Er machte eine Handbewegung, mit der er anzeigen wollte, wie voll er sein Riechorgan hatte.
»Damals, dieses ganz große Ding mit dem Spielklub — was hatte ich davon? Fünf Jahre Sing-Sing. Niemand hat mir geholfen. Niemand! Im Gegenteil, heute muß ich Angst haben, daß Bobby Coleman mich umlegen läßt!«
Wieder verbarg er mit beiden Händen das Gesicht. Er war ein Haufen Unglück.
Ich schaute Neville an.
Neville ist im Dienst des FBI ergraut. Tausende von Gangstern haben während vieler Jahre vor seinem Schreibtisch gesessen. Und Tausende wurden von ihm überführt.
Doch jetzt schüttelte Neville den Kopf. Der war es nicht, sollte das heißen.
Einen Moment war es ganz still in Nevilles Office.
Und dann klopfte es energisch gegen die Tür.
Viccallo fuhr erschrocken hoch. Er schaute verwirrt um sich.
»Come in!« rief Neville.
Kollege Sullivan stand draußen. Er gab mir einen Wink. Ich stand auf und ging zu ihm hinaus.
»Ich wollte es nicht telefonisch durchgeben, damit euer Mann nichts mithören kann. Die City Police hat angerufen. Ein vierfacher Mord in den Grant Houses. Vier Italiener-Köche aus dem Fontini…« Unwillkürlich krallten sich meine Hände in den Stoff seines Anzuges.
»Evan«, keuchte ich, »die Zeugen in der Notury-Sache?«
Er nickte. »Außerdem soll ein Zusammenhang mit dem Mord an Ethel Barrymore bestehen, wie Sergeant Brooglie im Auftrag von Lieutenant Delroy mitteilte. Delroys Kommission ist am Tatort.«
»Ich fahre hin!«
***
»Aussteigen!« befahl Patrolman Jonson. Einladend hielt er die Tür des Streifenwagens auf.
Maulend hob sich der Penner Joe Dimm heraus. »Möchte wissen, was ihr von mir wollt!«
»Nur mit der Ruhe, Boy«, sagte Jonson gemütlich. Er faßte den Vagabunden am Arm und lenkte ihn zu den Stufen, die zur Police Station führten.
»Wenigstens warm ist es hier«, freute sich Joe Dimm, als er von Jonson in den hell erleuchteten Raum des Reviers geführt wurde’.
»Na, siehst du«, sagte Jonson.
Dann wandte sich der Patrolman an den Desk Sergeant: »Hey, Paul — dieser Freund hat heute großes Glück gehabt. Er hat ein Paar Schuhe gefunden, sie aus dem Hudson gezogen und dafür noch einen Dollar bekommen.«
»So«, wunderte sich der Desk Sergeant.
»Ja«, gab Jonson den Bericht weiter, den er vom berittenen Kollegen bekommen hatte und der wiederum von dem Zerlumpten. »Merkwürdigerweise bekam er den Dollar von dem gleichen Mann, der diese schönen Schuhe vorher in den Hudson geworfen hatte. In einem feinen Paket.«
Der Desk Sergeant beugte sich interessiert nach vorne, um sich die Schuhe Dimms besser betrachten zu können. »Schöne Schuhe!« stellte auch er fest.
»Das sind meine Schuhe!« trumpfte Joe Dimm auf. »Er hat sie mir geschenkt!«
»Warum? Wollte er barfuß weitergehen?« fragte der Desk Sergeant nachsichtig.
»Nein«, zeterte der Penner, »er hat noch ’n Paar Schuhe gehabt!«
»Das war sicher ein Tausendfüßler«, spottete Jonson.
»Meine Schuhe!« betonte Joe Dimm noch einmal.
»Wo sind die Schuhe her?« Der Desk Sergeant brüllte plötzlich los, daß die Scheiben klirrten.
Dimm fuhr erschrocken zusammen. Von diesem Moment an bereute er es, seine ausgetretenen Galoschen gegen die verfluchten Treter vertauscht zu haben. Normalerweise machte er einen großen Bogen um jeden Polizisten. Diese Schuhe
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