Jerry Cotton - 0519 - Als Praemie einen Todesjob
hatten ihn nicht nur daran gehindert, sondern ihn zu allem Überfluß auch noch in die Gewalt eines tobenden Sergeant gebracht, dessen Mienen jetzt nichts Gutes mehr verhießen.
»Antwort!« brüllte der Sergeant.
»Geschenkt bekommen…«, murmelte Joe Dimm.
»Erzähle mal dem Sergeant schön alles der Reihe nach«, ermunterte ihn der Patrolman Jonson.
Dimm blickte sich hilfesuchend um. Doch es war niemand da, der ihm einen Ausweg zeigen konnte. Er war allein gegen zwei Polizisten. Nebenan saßen noch ein paar Uniformierte. Und im Hintergrund war eine Gittertür.
»Du hast gebettelt!« stellte der Sergeant finster fest.
»Nein, nein!« wehrte Joe Dimm erschrocken ab. Er wußte, daß Bettelei mit Gefängnis bestraft wurde. Im Gefängnis gab es zwar ordentliche Betten und warmes Essen, aber dort mußte er sich nicht nur waschen, sondern mußte sogar arbeiten. Nach derlei schlimmen Dingen sehnte er sich überhaupt nicht. »Das war so«, begann er stockend, »ich habe heute nachmittag einen Spaziergang gemacht. Am Hudson. Oben, am Landungssteg der River Day Line.«
Er warf einen schnellen Blick auf den Desk Sergeant. Der spielte mit einem Kugelschreiber. Also schien er die Geschichte bis hierhin zu glauben, was Joe Dimm schon sehr beruhigte.
»Auf einmal«, fuhr er fort, »kam ein Mann…«
»Es gibt viele Männer«, warf der Sergeant ein.
»Ja, es gibt viele Männer«, nickte der Penner beifällig.
»Wie sah der Mann aus?« brummte Jonson.
Joe Dimm suchte nach Worten. Es fiel ihm nicht ganz leicht, aber er fand eine Lösung. »Er — er sah aus wie, ja, wie ein Nilpferd!«
Der Penner wunderte sich, daß der Desk Sergeant plötzlich seinen Kugelschreiber fallen ließ, sich steil in seinem Stuhl hinter dem hohen Desk aufrichtete und eilig ein paar Papiere durchblätterte.
»Wie ein Nilpferd?« fragte er noch einmal.
Joe Dimm nickte verlegen. »Ich meine, anders kann ich es nicht sagen, er war…«
»Wie ein Nilpferd?« fragte der Sergeant noch einmal.
»Ja.« Dimms Stimme klang fast weinerlich.
Der Desk Sergeant aber stand auf. Er nahm eines der Papierblätter von seinem Tisch und ging zu einer Seitentür. Dort klopfte er an.
Sekunden später stand er vor Captain Hilly, dem Revierchef. »Captain, Jonson brachte eben einen Penner aus dem Riverside Park. Der Mann gibt an, heute nachmittag ein paar fast neue Schuhe aus dem Hudson gezogen zu haben. Diese Schuhe seien, gut verpackt, von einem Mann in den River geworfen worden. Der Herumtreiber beschreibt diesen Mann als wie ein Nilpferd aussehend.«
»Weiter?« fragte Captin Hilly.
»Wir bekamen heute mittag eine Fahndungsmeldung der Kriminalabteilung. Darin wird ein Mann gesucht, der als ›groß, massig und auffallend schwammig und gedunsen, mit kleinen Augen‹ beschrieben wird. Als wir heute mittag die Meldung bekamen, haben wir Witze darüber gemacht. Wir waren der Meinung, die Beschreibung könnte auf ein Nilpferd zutreffen.«
Captain Hilly nickte. »Ja, würde ich auch sagen.«
»Eben.« Der Sergeant nickte zufrieden.
»Bringen Sie den Mann einmal herein!«
Der Sergeant ging zur Tür und gab Jonson ein Zeichen. Der Patrolman schob Dimm durch die Tür.
Der Penner sank noch weiter in sich zusammen, als er erkannte, daß er es jetzt mit einem leibhaftigen Police Captain zu tun hatte.
»Name?« fragte der Captain.
»Dimm, Joe Dimm. Sir, ich…«
»Nehmen Sie Platz, Mr. Dimm«, sagte Hilly ruhig.
Der Penner gehorchte perplex. Sein Erstaunen steigerte sich noch, als der Captain weitersprach.
»Ihr Ausdruck Nilpferd war gut. Erzählen Sie mir mal etwas mehr über diesen Mann. Wo kam er her, wo ging er hin, was hat er getan?«
Dimm dachte scharf nach. Es war ihm anzusehen, wie es in seinem Schädel unter den struppigen Haaren arbeitete. Seine Lippen bewegten sich, aber noch kam kein Ton heraus. Schließlich rümpfte er die Nase, kratzte sich heftig hinter dem linken Ohr und legte dann los. »Also, das war so…«
Zuerst noch stockend, dann aber fließend berichtete er alles das, was er am Nachmittag erlebt hatte.
Der Captain hörte zu, ohne Dimm zu unterbrechen. Der Desk Sergeant begleitete die Erzählung hin und wieder mit einem zweifelnden Kopfnicken, wie man nickt, wenn man nur so tun will, als ob man dem Erzähler glaube. Patrolman Jonson kaute bedächtig auf seinem Chewing-Gum.
»Hier ist der Dollar«, sagte Joe Dimm zum Schluß und grub einen Moment in der Tasche.
Der Captain winkte großzügig ab. »Haben Sie den Mann irgendwann
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