Jerry Cotton - 0520 - Die Lady aus der Rauschgiftbar
eben nass.«
»Da ist noch eine Kleinigkeit, die Sie nicht wissen. Die Mikrofilme sind aus einem besonderen Material. Sobald Wasser darankommt, wird es zerstört. Cloud hat sich das eine Menge Geld kosten lassen.«
»Ist das wirklich wahr?«
»Warum soll ich Sie anlügen? Es ist für Cloud eine Lebensfrage, dass kein Unbefugter in diese Unterlagen Einblick gewinnt. Niemand weiß, wo er sie versteckt hat. Wenn sie aber jemand findet, wird er versuchen, mit Gewalt heranzukommen. Und dann gehen sie verloren. Für Cloud ist das nicht weiter schlimm. Er hat irgendwo Duplikate versteckt.«
Ich sah mich kopfschüttelnd um.
»Das ist wirklich eine raffinierte Idee!«
»Hatten Sie es anders erwartet?«
»Nein - aber trotzdem ist es eindrucksvoll.« Ich sah sie an. »Wollen Sie nicht endlich den Revolver wegstecken?«
Sie ließ die Waffe sinken.
»Ich werde Cloud nichts davon sagen, dass Sie hier Nachforschungen angestellt haben, Sie sind ein mutiger Mann, Mr. Dayton, aber das reicht nicht aus, um mit Cloud fertig zu werden. Ein paarmal dachte ich, Sie würden das schaffen. Mir ist ganz klar, was sie wollen. Sie wollen Cloud erledigen. Aus welchen Gründen Sie handeln, weiß ich nicht. Ich weiß nur, dass Sie sich nicht damit begnügen werden, Perkins Nachfolger zu werden. Sie wollen mehr.«
»Warum zweifeln Sie an meinem Erfolg?«
»Weil ich Cloud zu gut und zu lange kenne. Ich will Ihnen keine Hindernisse in den Weg legen; aber ich glaube nicht an Ihren Erfolg. Selbst wenn ein Polizeiaufgebot hier erschiene, könnte es nichts ausrichten. Der Kapitän kann die Sprengladung mit einem Knopfdruck auslösen, und dann sind die Mikrofilme vernichtet - und damit der einzige Beweis gegen Cloud.«
»Miss Isola«, sagte ich, »Sie hassen Cloud - und trotzdem bleiben Sie bei ihm. Warum?«
»Was hätte es für einen Sinn, Ihnen das zu erzählen«, sagte sie mit einem seltsamen Anflugvon Bitternis. »Jedenfalls wünsche ich Ihnen viel Erfolg.«
Nachdem sie gegangen war, verließ ich nachdenklich den Raum. Ich wurde nicht schlau aus ihr. Ich verschloss die Türen wieder und achtete darauf, dass keine Spuren zurückblieben.
Dann ging ich zurück an Deck.
***
Das Problem, dem ich mich gegenübersah, war technischer Art. Wie kam ich an die in der Jacht verstauten Unterlagen heran? Ich erwog, an Land zu gehen und Phil zu verständigen. Mit etwas Glück konnten wir die Besatzung überrumpeln, das Schiff aufs Trockene setzen und dann in aller Ruhe das Gitter öffnen.
Mit etwas Glück! Es genügte die geringste Panne, und sämtliche Mikrofilme waren vernichtet. Dann war alles umsonst gewesen. Ohne die Mikrofilme war an Cloud nicht heranzukommen.
Der Bursche hatte sich wirklich raffiniert abgesichert. Ich zweifelte nicht daran, dass es genauso war, wie Michèle gesagt hatte. Das Ganze war eine echt Cloudsche Lösung. Nicht umsonst war dieser Mann der Größte seiner Branche geworden.
Ich hatte keine Lust, so dicht vor dem Ziel ein unnötiges Risiko einzugehen. Ich entschloss mich, weiter mitzuspielen und eine günstige Gelegenheit abzuwarten.
Am anderen Morgen, kurz nach sechs Uhr, wurden die Anker gelichtet. Ich lehnte an der Reling und beobachtete die Manöver der Besatzung. Die Yerba Buena, drehte auf der Stelle und schob sich dann in die Einfahrt zum Kanal.
Zwei Stunden lang zog wenige Meter rechts und links von der Jacht grünes Weideland vorbei, dann hatten wir den See erreicht. Vor uns erstreckte sich glitzernd die riesige Wasserfläche, und als grauer Strich lag dort die Insel Yerba Buena.
Die Jacht erzitterte, als die Dieselmotoren ihre Leistung erhöhten. Mit rauschender Hecksee fuhren wir dahin.
Langsam trat die Insel deutlicher hervor. Sie war flach, unter alten Bäumen zeichnete sich das Dach eines großen Landhauses ab. Wir kamen um eine Landzunge und fuhren in eine offene Bucht ein. Hier war ein Landungssteg, und etwa zwei Dutzend Motorboote hatten bereits festgemacht.
Ein offener Golfwagen wartete am Pier. Am Steuer saß ein Schwarzer.
»Mr. Dayton«, rief er zu mir herüber. »Sie sollen sofort ins Haus kommen. Mr. Cloud wartet schon. Kommen Sie!«
Ich nickte und sprang auf den Steg. Der Golfwagen wendete, und wir jagten in halsbrecherischem Tempo los.
Über einen gepflegten Kiesweg ging es durch einen weitläufigen Park, dann lag das Haus vor uns. Es war ein prächtiger Bau, ganz aus Holz, mit einer großen Veranda und weißen Säulen. Der Schwarze stoppte.
»Dieses Tor, Mr. Dayton!«
»Danke«,
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