Jerry Cotton - 0525 - Der Teufel mit der weissen Weste
Umstehenden auf Robby Baker. In ihnen standen Verwunderung, Neugierde, Ablehnung. Einige von ihnen waren sogar nachdenklich. So auch das angespannte Gesicht von Brian Mallroy. Was Baker tat, war eine einzige Provokation. Er hatte es aus irgendeinem Grund auf einen Streit angelegt. Doch diesmal war ich bereit, der Sache ein schnelles Ende zu bereiten.
Ich schob mich vor, baute mich vor Baker auf und sagte kalt: »Jede Partie wird bei uns nur einmal gespielt, Baker. Wir mischen in diesem Spiel die Karten. Also, los! Zeigen Sie Ihren Joker, Baker! Wo haben Sie sich in den letzten zehn Minuten aufgehalten? Überlegen Sie gut, Baker!« riet ich ihm mit scharfer Stimme.
»Wer sagt Ihnen, daß ich überhaupt antworten werde, Cotton?«
»Sie wollen es also nicht anders, Baker!« Ich bohrte meinen Blick in seine starren Augen, ging dichter an ihn heran und sagte: »Es ist ein Mordanschlag auf mich verübt worden, Baker.«
Ich fischte meinen FBI-Stern aus der Tasche und hielt ihn Baker dicht vor die Augen. »Kraft meines Amtes .frage ich Sie, Robby Baker: Wo haben Sie sich in den letzten zehn Minuten aufgehalten?«
Baker verlor etwas an Farbe. Er preßte die Luft durch die Zähne, während er einen Schritt zurückwich.
»Spielen Sie sich nicht so auf, G-man. Sie haben hier nicht das Pflaster einer Großstadt unter den Sohlen. Hier gilt ein anderes Gesetz, G-man!«
»Es gibt nur ein Gesetz, Baker!« sagte ich hart. »Und zwar das der Vereinigten Staaten von Amerika.«
Bakers Gesicht veränderte sich auf erschreckende Weise. Der Mund verzerrte sich, und seine Augen brannten plötzlich wie glühende Kohlen. Der lässige Tonfall war aus seiner Stimme gewichen und machte einem grollenden Fauchen Platz.
»Ein Gesetz gibt es hier, G-man. Das Gesetz der Wüste!« Bakers Gesicht wurde zur satanischen Fratze, als er schrie: »Das Gesetz des Stärkeren, G-man!«
»Sie machen sich lächerlich, Cowboy! Das klingt nach billigem Wildwest!« Bakers Körper spannte sich wie eine Feder. Die Muskeln an seinen nackten Oberarmen traten hart hervor.
Was immer er auch beabsichtigt haben mochte, er kam nicht dazu. Wieder ertönte das Geheul des Schwachsinnigen, das uns wie zu Eis erstarren ließ. Es kam aus der Scheune.
***
Meine Verletzung erwies sich glücklicherweise als ungefährlich. Ein Stück des gehackten Bleis war mir über die Kopfhaut gefahren und hatte eine harmlose Schramme hinterlassen.
Nachdem Phil mich verarztet hatte, waren wir mit Baker unbarmherzig ins Geschirr gegangen. Dabei stellten wir fest: Baker hatte ein hieb- und stichfestes Alibi. Er war während der fraglichen Zeit von mindestens vier Personen gesehen worden. Sogar Jennifer Reid konnte für ihn sprechen und seine Aussage erhärten.
Ganz anders verhielt es sich bei Mallroy, Lesser, Marchand und Blydon. Alle vier Männer konnten keine glaubhafte Erklärung darüber abgeben, was sie in der Zeit des Mordanschlags getan hatten. Allerdings hatte kaum einer von ihnen einen Grund, mir nach dem Leben zu trachten. Abgesehen vielleicht von Mallroy. Aber der hatte einmal seine Chance ungenützt verstreichen lassen. Ich jedenfalls glaubte nicht daran, daß er der Schütze gewesen war.
Wir standen vor einem Rätsel.
»So kommen wir nicht weiter«, sagte Phil entmutigt. »Es gibt nur eine Person,' die wirklich verdächtig erscheint, und die hat ein klassisches Alibi. Außerdem steht fest, daß aus Bakers Flinte kein Schuß abgefeuert wurde.«
Mein Freund schlug ärgerlich die Handflächen gegeneinander. »Fangen wir also noch einmal von vorne an: Als wir uns trennten, gingen Steve und du durch den Hinterausgang in den Hof. Zu diesem Zeitpunkt war Baker noch im Drugstore und unterhielt sich mit seiner Frau. Als ich mit der Durchsuchung begann, war er jedenfalls noch…«
Phil starrte mich plötzlich entgeistert an. »Du lieber Himmel!« stöhnte er. »Wie konnte ich das nur vergessen. Das Funkgerät!« Mein Freund schlug sich mit der flachen Hand gegen die Stirn.
»Los!« rief ich und raste mit Steve meinem Freund nach, der quer durch den Drugstore auf eine Tür zustrebte, die in einen Nebenraum führen mußte.
»Da haben wir die Bescherung!« stieß Phil hervor. »Ich könnte mich ohrfeigen!«
»Funkgerät!« höhnte Steve Dillaggio erbost. »Das war mal eins!«
Wir befanden uns in einem Raum, der zweifellos ein Büro darstellen sollte. Die dürftige Einrichtung verschönte keineswegs den engen Raum mit den groben hölzernen Dielen. Ein Schreibtisch, ein
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