Jerry Cotton - 0530 - Mein grausamster Partner
zurück, er bekam Luft, versuchte seine Pistole zu erwischen.
Wenn er um Hilfe brüllte, kam ich hier nicht mehr lebend ’raus. Mahlend knirschten meine Zähne aufeinander. Für einen Moment lähmte mich der Schmerz in der Leiste. Trotzdem schnellte ich vor. Gleichzeitig schlug ich mit dem 38er zu.
Ich traf nicht richtig, streifte nur Spencers Kinnlade. Es knackte, und ein Fetzen Haut wurde heruntergeledert. Dann riß ich die bewehrte Faust von unten herauf, und die Trommel hatte ein Rendezvous mit seiner Kinnspitze. Damit war die Keilerei entschieden. Spencer kippte zurück. Sein Hinterkopf stieß gegen die Kellerwand. Als er sich dann langsam aufs Kreuz legte, blieb der Schädel im Kontakt mit der rauh verputzten Mauer. Er rutschte daran hinunter, und krauses Haar blieb büschelweise haften.
Ich warf mich herum, sprang in den Raum, zerrte Mabel hinter der Tür weg, hatte sie bei der Hand, hetzte mit ihr durch den Gang, kam an die Treppe. Wir stolperten die Stufen hinauf. An der Tür blieb ich stehen. Die Halle war leer.
Leise rannten wir los.
Mabel hielt sich tapfer. Aber die Angst saß ihr lähmend in den Gliedern. Mehr als einmal knickten die Knie ein. Dann waren wir am Portal. Ich riß den Flügel auf. Milde Nachtluft strömte herein. Der Vorplatz badete im Mondlicht.
Ich zog Mabel, und wir hetzten die Auffahrt hinunter. Jetzt kam es nur noch darauf an, daß wir nicht entdeckt wurden, denn bis wir am Tor waren, konnte man uns spielend mit einem Gewehr oder einer MP wegputzen.
Mabel stolperte über ihre Füße. Jedesmal riß ich sie hoch. Als wir die Hälfte der Strecke zurückgelegt hatten, verlor sie einen Schuh.
»Jerry«, keuchte sie. »Mein Fuß.«
Ich blieb stehen. Bis jetzt hatte uns der Mond prächtig beschienen. Aber nun, da ich Licht zum Suchen brauchte, verschwand er hinter einer langen pechschwarzen Wolkendecke. Minuten mußte es dauern, bis sie an ihm vorbeigesegelt war.
»Wir sehen nichts. Es hat keinen Sinn.«
Ich zog Mabel weiter. Schon nach wenigen Schritten stöhnte sie leise auf.
»Jerry, ich habe mir den Fuß aufgerissen.«
Ich drehte mich um, schlang den linken Arm um ihre Oberschenkel und warf mir die leichte Gestalt auf die Schulter. Dann rannte ich weiter.
Trotz der Last kam ich jetzt schneller voran.
»Jerry«, keuchte Mabel, »das geht nicht. Ich kann laufen. Bitte, laß mich ’runter, du brichst zusammen.«
»Unsinn.«
Ich war am Tor. Es stand immer noch offen. Als wir es passierten, sah ich den Wagen. Mit abgeblendeten Lichtern kam er die Straße herauf. Im nächsten Augenblick mußten uns die Scheinwerferstrahlen erfassen.
Gedankenschnell warf ich mich herum. Drei Schritt zurück nach links. Knackend brach ich in die Büsche. Dornen fetzten Haut von meinen Händen. Aber ich arbeitete mich weiter. Dann ließ ich mich in die Knie sacken. Mabel glitt von meiner Schulter. Ich drehte mich um.
Die Stelle, an der wir eben noch gestanden hatten, war jetzt in grelles Licht getaucht. Der Wagen rollte heran. Ich hob den 38er. Nur wenige Zweige waren zwischen mir und der Straße.
Wenn uns die Wageninsassen gesehen hatten…
Mit leisem Knacken schob ich den Sicherungsflügel nach vorn. Aber der Wagen rollte an uns vorbei. Ich sah ihm nach. Die rotglimmenden Rückleuchten schaukelten über die Auffahrt. Wieviel Leute in dem Fahrzeug saßen, ließ sich nicht ausmachen. Es war ein Lincoln.
Das konnte ich trotz der Dunkelheit an den Konturen erkennen.
Der Wagen fuhr auf den Vorplatz. »Wir müssen weiter«, wisperte ich Mabel zu, »jeden Moment kann einer der Burschen Alarm schlagen.«
»Ich kann allein gehen.«
»Kommt nicht in Frage. Auf dem Weg liegen scharfkantige Kiesel. Du reißt dir die Sohle blutig. Außerdem bist du federleicht.«
Auf allen Vieren krochen wir aus dem Strauch. Dann schulterte ich Mabel.
Der Lincoln stoppte jetzt vor dem Haus. Zwei Männer stiegen aus. Aber auf die Entfernung konnte ich nichts Genaues sehen.
Im Schutz der Büsche pirschte ich zum Tor. Dann waren wir draußen. Ich lief über den Parkplatz. Der Mond blieb hinter der Wolkenwand. Trotzdem fand ich die Straße. Bis zu Irmas Chevrolet hatte ich noch eine halbe Meile vor mir. Es wurde ein schweres Stück Arbeit. Mir lief der Schweiß in Bächen übers Gesicht. Angelockt davon, belästigten mich große Mücken und andere sirrende Moskitos. Alle zehn Schritt bat mich Mabel, gie herunterzulassen. Aber ich hatte im Laufen ihren Fuß untersucht und wußte, daß es nicht möglich war. Das
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