Jerry Cotton - 0530 - Mein grausamster Partner
Maschinengewehre. Aber es passierte nichts.
Die Kellertür war unverschlossen. Wie vermutet führte dahinter eine steile Treppe abwärts. Ich sah einen Schalter, schloß die Tür, knipste das Licht an und stieg hinab. Der Keller lag tief. Die Mauern der einzelnen Gewölbe waren an manchen Stellen bis zu einem Yard dick. Es roch nach Staub. Unten gab es einen langen Gang mit wuchtigen Holztüren auf beiden Seiten.
Ich sah mir die Gewölbe an. Die meisten Räume waren leer. In einigen lagerten Vorräte, darunter ganze Fässer mit Whisky und Bier. Die sechste Tür war von außen verriegelt.
Der Raum war dunkel. Aber ich fand den Schalter und ließ die Deckenleuchte aufflammen. Auf einem Feldbett lag Mabel. Hände und Füße waren mit Klebestreifen gefesselt. Im Mund steckte ein Knebel aus Tuch. Um zu verhindern, daß sie ihn mit der Zunge hinausstieß, hatte man ihr auch über die Lippen einen Streifen geklebt. Mabels Gesicht war schneeweiß. Bläuliche Schatten lagen unter den weitaufgerissenen Augen. Sie zitterte, starrte mir entsetzt entgegen, schien mich nicht zu erkennen.
Leise schloß ich die Tür. Dann war ich neben Mabel.
»Keine Angst mehr«, flüsterte ich. »Ich bringe dich zu Fred zurück.«
Mit spitzen Fingern faßte ich ein Ende des Streifens, der ihre Lippen verschloß. Vorsichtig löste ich ihn von der Haut. Klebrige Ränder blieben zurück.
Zwischen Mabels ebenmäßigen Zähnen quoll das Tuch hervor. Ich erwischte einen Zipfel und zog den Knebel heraus. Japsend rang Mabel nach Luft. Ihre Augen waren jetzt nicht mehr entsetzt. Aber Angst flackerte darin, und die blassen Lippen zitterten.
»Ganz ruhig«, raunte ich. »Sie dürfen uns nicht hören. Man hat dich geraubt, um uns erpressen zu können. Wir sind hier im Haus von Nap Kider.«
»Jerry«, flüsterte sie, »ich habe solche Angst…«
»Denk nicht daran! Und mach nur das, was ich sage. Ich bringe dich zurück.« Inzwischen zerschnitt ich mit dem Taschenmesser ihre Fesseln an Händen und Füßen.
»Kannst du gehen?«
Mabel versuchte sich aufzurichten. Aber sie sank sofort wieder zurück.
»Mir ist übel, Jerry. Ich habe keine Kraft.«
»Die Blutzirkulation stockt noch. Aber das haben wir gleich!« Vorsichtig massierte ich ihre Unterschenkel, dann die Arme. Es dauerte Minuten. Kostbare Minuten. Aber schließlich war Mabel soweit, daß sie aufstehen konnte.
Neben dem Feldbett lag ein Teppich. »In den haben sie mich eingerollt.«
»Ich weiß. Erzähl mir alles andere nachher! Jetzt müssen wir ’raus. Du bleibst immer einen Schritt hinter mir.« Als ich zur Türklinke griff, hörte ich die Schritte.
»In die Ecke«, zischte ich. Gleichzeitig knipste ich das Licht aus.
Mabel stellte sich hinter die Tür. Ich vernahm ihren rasselnden Atem, und sie tat mir verdammt leid.
Der 38er lag locker in meiner Rechten. Mit dem Rücken drückte ich mich an die Wand, die rechte Schulter zur Tür, die sich jede Sekunde öffnen mußte.
Auf dem Steinboden klangen die Schritte jetzt lauter. Es waren mindestens zwei Männer.
»Dieser Idiot hat wieder vergessen, das Licht auszumachen«, sagte jemand. Ich war nicht sicher, aber ich glaubte, daß es Spencer war.
Jetzt blieben sie stehen.
»Nanu«, hörte ich dieselbe Stimme. »Die Tür ist nicht verriegelt.«
Die Stille nach diesen Worten dauerte zwei Sekunden. Mehr konnte ich nicht riskieren. Denn wenn sie Lunte rochen und den Eiegel vorschoben, saß ich in der Falle.
Ich griff zur Klinke. Mit einem Ruck riß ich die Tür auf. Die Hand mit dem 38er flog hoch. Die Mündung stach den beiden Männern entgegen, die sich breitbeinig nur einen Schritt vor mir aufbauten.
Es waren Spencer und der Süchtige. Mich sehen, zurückprallen und nach den Waffen greifen, war eins. Aber ich ließ ihnen keine Chance. Diesmal war der Rotkopf der erste. Ich traf ihn am Haaransatz, und er ging in die Knie wie jemand, der unter einen Vorschlaghammer geraten ist.
Zurückweichend riß Spencer die Hand aus der Tasche. Aber er hatte nicht seine Kanone, sondern ein Schnappmesser erwischt. Die Klinge schoß heraus. Dann war ich bei ihm. Er hieb nach meinem Unterleib. Aber die Bewegung war so plump, daß ich leicht ausweichen konnte. Von der Seite schmetterte ich ihm die linke Faust hinters Ohr. Er ließ das Messer fallen, stolperte, prallte gegen die Wand, riß den Mund auf, wollte schreien. Aber schon preßte ich ihm den Unterarm auf die Kehle.
Er war nicht groggy. Hart bohrte sich sein Knie in meine Leiste. Ich taumelte
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