Jerry Cotton - 0532 - Der tote Boss gab die Befehle
öffnete die Augen. Da starrte ich in die Mündung einer Pistole. Es war sicher nicht besonders freundlich, mich so zu wecken. Doch ich versuchte das beste daraus zu machen. Draußen begann es schon hell zu werden. Es mochte vielleicht drei Uhr sein.
Als mein Besucher sah, daß ich die Augen öffnete, drückte er mir die Pistole auf die Brust. »Keine Bewegung!«
»Guten Morgen«, sagte ich höflich und blieb stocksteif liegen. »Sie sind am Drücker. Was verschafft mir das Vergnügen?«
Der Mann war etwa mittelgroß, sechsundzwanzig Jahre alt. Über der Oberlippe trug er ein dünnes Menjoubärtchen. Sonst sah er nicht mal unsympathisch aus.
»Sie sind ein Mörder, Mr. Cotton!« Ich zog die Augenbrauen hoch. Der Mann schien nicht ganz in Ordnung zu sein. Seine Augen flatterten wie bei einem Irren. Und Irre sind gefährlich, weil sie unberechenbar sind, »Und warum bin ich ein Mörder?« fragte ich ruhig zurück. »Vielleicht haben Sie recht, vielleicht aber auch nicht. Sie werden mir doch sicher Gelegenheit geben, mich zu rechtfertigen.«
»Bearbeiten Sie den Wane-Fall?«
Bei mir begann es zu funken. »Sind Sie Wane?«
Er lächelte böse. »Reden Sie keinen Unsinn. Wane ist tot. Er wurde erschossen. Aber mein Bruder war es nicht. Und wenn Sie ihn wieder ins Zuchthaus schicken, werde ich Sie töten.«
»Wer ist Ihr Bruder?«
»Mike Hounders.«
»Ich wußte nicht, daß er einen Bruder hat!«
»Er hat einen. Also beantworten Sie meine Frage. Kommt er wieder ins Zuchthaus?«
»Dazu müssen wir ihn erst haben, und die Jury muß ihn verurteilen. Sie sind an der falschen Adresse, mein Freund.«
»Sie haben ihn bereits!«
Das war mir neu. Aber Phil und ich waren erst spät nach Hause gekommen und nicht mehr im Büro gewesen. Es konnte also ganz gut sein, daß der Menjoubärtchen-Mann die Wahrheit sagte. Wegen Hounders holte man mich nicht aus dem Bett. Trotzdem wollte ich Gewißheit haben.
»Darf ich telefonieren?« fragte ich und griff nach dem Apparat auf meinem Nachttisch.
»Stop!«
Er wollte es tun, verdammt noch mal. Er wollte wirklich schießen. Ich sah, wie sich sein Finger um den Abzug krümmte. Ich sah aber auch noch etwas anderes.
Er schien ein Anfänger zu sein, denn er hatte vergessen, den Sicherungshebel umzulegen. Trotzdem schnellte ich hoch und schleuderte seine Hand mit der Waffe zur Seite. Mein ungebetener Gast machte ein furchtbar dummes Gesicht, als er auf mein Bett fiel.
»Das ist kein Spielzeug, Freund«, sagte ich ernst und steckte die Pistole in die Tasche meiner Schlaf anzugjacke.
Der Mann blickte mich an. Er hatte unsagbar traurige Augen. Und ich empfand Mitleid für ihn.
»Sind Sie wirklich Mike Hounders’ Bruder?« fragte ich ihn.
»Ja«, antwortete er gequält. »Mein Name ist Bob, ich meine,' ich heiße Robert Hounders. Jetzt können Sie mich gleich mit meinem Bruder in eine Zelle stecken. Bei uns in der Familie geht alles schief.«
»Haben Sie schon gefrühstückt?«
Er sah mich an, als ob ich ihn gefragt hätte, ob er mit mir zum Mond starten wollte. Erst nach einer Weile sagte er: »Nein.«
»Dann gehen wir jetzt in die Küche. Meine Kaffeemühle hat keine Sicherung. Sie werden das wohl schaffen.«
Bob Hounders trottete hinter mir her, als ob er zum Schafott geführt werden sollte. Ich beobachtete ihn aus den Augenwinkeln. Seine Verzweiflung war echt. Er war ein Typ, der sich nicht verstellet konnte.
Und dann erzählte er mir von seinem Bruder Mike. »Er hat nie etwas Krummes gemacht. Damals, bei dieser Bankgeschichte, war . er völlig unbeteiligt. Ich weiß das genau, Mr. Cotton. Mike ist ein durch und durch anständiger Kerl. Und als er dann verurteilt wurde, standen wir vor einem Rätsel. Mutter ist krank geworden und hat sich nicht mehr erholt, und jetzt bin ich hier. Ich… ich wollte bei ihm sein, als er aus dem Zuchthaus kam. Leider kam ich zu spät. Und nun soll er diesen Tom Wane erschossen haben! Ausgerechnet Mike!«
Ich lächelte ihn an. »Sie sehen auch nicht wie ein Mörder aus, Mr. Hounders. Trotzdem haben Sie vor einigen Minuten den Finger krumm gemacht. Erklären Sie mir das!«
Er senkte den Kopf, so daß ein Teil seines Haarschopfes fast in die Kaffeetasse tauchte. »Ich… ich weiß es auch nicht, was mit mir los war. Madien Sie mit mir/was Sie wollen. Ich habe es verdient.«
»Und was nützte das Ihrem Bruder Mike?« fragte ich ihn betont ruhig. »Glauben Sie, daß man ihm mit solchen unkontrollierten Aktionen helfen kann?«
»Nein,«
»Kopf
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