Jerry Cotton - 0557 - Per Express in den Tod
Brillen, Studenten der Georgetown University in ihren Fakultätsjacken, jungen Negern in bunten Hemden, schmächtigen Asiaten. Ein bildhübsches blondes Mädchen torkelte mir in die Arme. »Halten Sie mich fest«, lallte das Girl. »Ich fliege, fliege!« Der Blick ihrer tiefblauen Augen war starr, und die Pupillen hatten sich unter der Wirkung des Zeugs, das sie geschluckt hatte, zu großen schwarzen Kreisen erweitert. Irgendein stoppelbärtiger Bursche in einer knielangen erdbraunen Jacke zog die Blonde aus meinen Armen und verschwand mit ihr im Gewühl.
Ich erreichte die Theke der Bar. Mit ein paar Rippenstößen verschaffte ich mir Platz. Der Keeper sah mich fragend an.
»Kann man in dieser Firma auch so harmlose Sachen wie Whisky haben?« Er zuckte nur die Achseln, knallte ein Glas auf die Thekenplatte und ließ den Whisky hineingluckern. Mit der rechten Hand stellte er die Flasche weg, die linke hielt er mir unter die Nase. »Cash!« sagte er. »Einen Dollar!« ich gab ihm zwei Dollar. »Wer ist der Chef?« fragte ich.
»Ich«, sagte der Mann auf dem Nachbarhocker. Er trug eine grobkarierte Jacke, und er war einer der wenigen Leute in diesem Klub, die die Dreißig überschritten hatten. Er hatte ein häßliches knochiges Gesicht und die rotgeränderten Augen eines Menschen, der zuwenig schläft.
»Alle Achtung! Bei diesem Rummel müssen Sie vor Jahresende Millionär sein.«
»Das sieht nur so aus«, knurrte er.
- »Sie müssen nicht die Köpfe zählen, sondern die Gläser in den Händen. Sie werden auf eine verdammt klägliche Zahl kommen.«
»Ich habe gedacht, bei der Stimmung flösse der Champagner gallonenweise.«
»Für die Boys und Girls genügen drei elektrische Gitarren, ein Schlagzeug und ein Sänger, um in Stimmung zu kommen. Wem das nicht genügt, hilft nach mit…« Er brach ab und blickte mir scharf in die Augen. »Sind Sie aus einer anderen Ecke der USA nach Washington versetzt worden? Ich kenne ziemlich jedes Polizistengesicht in Washington, aber Ihres ist neu für mich.«
»Übertreiben Sie nicht! Die Stadt dürfte zwischen sieben- und achttausend Steuerfresser haben.«
»Ich meine nur die bessere Sorte, die Gentlemen vom Rauschgiftdezernat und verwandte Typen.«
»Wen interessiert schon Rauschgift!« Ich blickte über die Schulter in den Kellerraum. »Obwohl sich hier anscheinend eine Menge Leute aufgepept haben.«
Er zuckte die Achseln. »Ich verkaufe ihnen das Zeug nicht. Mehr kann ich zur Hebung der öffentlichen Moral nicht tun. Ich kann niemanden daran hindern, mehr oder weniger aufgetankt herzukommen.«
»Und Sie werfen jeden ’raus, den Sie beim Verkauf von Pot, Säure und Schnee erwischen?«
»Also doch ein Polizist?«
»Gestern geriet mir ein Bursche in die Finger, der gestand, daß er seinen Lebensunterhalt damit verdient, im Half and Half Rauschgift zu verkaufen. Der Mann hieß Al Dought. Kennen Sie ihn?«
Zu meiner Überraschung leugnete er nicht. »Al ist eine Art Stammgast, aber ich habe nie gemerkt, daß er Treibstoff verkauft. Auf jeden Fall danke ich für den Hinweis. Ich werde ihm scharf auf die Finger sehen.«
»Dazu werden Sie keine Gelegenheit mehr haben. In der vergangenen Nacht fiel er von einem Dach.« Ich zeigte nach unten. »Zwölf Etagen!«
»Ist mir neu«, sagte er gleichgültig. »War er nicht schwindelfrei?«
»Er und ich waren zusammen auf dem Dach.«
Ein dünnes Lächeln zuckte um seine Lippen. »Wollen Sie mir einen Mord gestehen?«
»Ich will Ihnen nur erzählen, was Allan Dought mir gestand, bevor er vom Dach fiel. Jemand hatte ihn von Ihrem Klub aus losgeschickt, um bei mir ein paar Sachen abzuholen. Diesen Mann suche ich.«
Ich spürte, wie seine Gestalt sich straffte. Er preßte die Lippen zusammen. Die Finger umkrampften das Glas, das vor ihm stand.
»Haben Sie ihn gefunden?« fragte er heiser.
»Helfen Sie mir, ihn zu finden. Sie werden nicht schlecht dabei abschneiden.«
Er trank das Glas aus, stellte es nieder und niekte dem Keeper zu. »Tut mir leid«, sagte er über die Schulter, »aber ich fürchte, ich kann nichts für Sie tun. Ich will keinen Ärger, weder mit der Polizei noch mit einem von zwei harten Jungens, die sich in die Haare geraten sind.« Er lächelte, und mich beschlich das scheußliche Gefühl, eine Chance verpaßt zu haben.
»Allan Dought hatte einen Bruder. Es machte keine Schwierigkeiten, seine Familiengeschichte aus ihm herauszuholen, aber ich möchte nicht in der Wohnung der Brüder nach dem jüngeren
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