Jerry Cotton - 0563 - Der letzte Mann in Jennys Leben
als sie meinen Blick auffing.
»Ihr Idioten«, sagte ich leise, »habe ich euch nicht meine Hilfe angeboten. Immer und immer wieder.«
Ich trat zu Douglas ans Bett und legte ihm meine Hand aufs Haar. »Ein bißchen mehr Vertrauen, und du hättest dir viel ersparen können. Aber sei ruhig, alter Junge, jetzt hast du nichts mehr zu befürchten.«
Ich ging zur Tür, löschte das Licht, zog Elsa hinaus, klinkte leise zu und nahm die zitternde Frau mit in den Wohnraum. »So, ich gehe nicht eher, bis ich erfahren habe, was hier los war.«
Mit einem kleinen Taschentuch tupfte sich Elsa die Tränen aus den Augen. Dann sah sie mich an. Lange ruhte ihr Blick auf mir. Dabei muß sie gemerkt haben, daß es jetzt nur noch eins gab: die Wahrheit bekennen.
Mary hockte völlig apathisch auf ihrem Platz. Ich weiß nicht, ob sie ein Wort von dem gehört hat, was mir Elsa erzählte.
Ich zog meinen Mantel aus, legte ihn über die Sessellehne, setzte mich und zündete eine Zigarette an. Elsa stand am Fenster. »Es ist nicht so schlimm, wie es aussieht, Jerry. Es sind nur oberflächliche Schnittwunden. Deshalb haben wir keinen Arzt geholt. Douglas wollte es nicht. Er will gar nichts mehr. Sein Widerstand ist gebrochen. Mir geht es genauso. Ich bin fertig.«
»Wenn mich nicht alles täuscht, ist Douglas mit einem Rasiermesser bearbeitet worden. Da das unter gesitteten Menschen nicht üblich ist, vermute ich, daß ihn Gangster gefoltert haben. Warum? Wollen sie sein Schweigen erkaufen? Wollen sie ein Geständnis? Oder soll er etwas tun?«
»Er soll etwas tun. Und er wird es… Jerry, ich weiß nicht mehr ein noch aus. Mir fehlt die Kraft. Ich ertrage das nicht länger. Dir, Jerry, kann ich am allerwenigsten sagen, worum es geht.«
»Ich glaube, jetzt verstehe ich. Douglas hat etwas auf dem Kerbholz. Damit wird er erpreßt. Er soll etwas tun. Er weigert sich. Um ihn weichzumachen, erhält er den ersten Denkzettel. Jetzt ist Douglas weich. Um seine Haut zu retten, wird er tun, was von ihm verlangt wird. Was ist es? Welches Verbrechen ist für ihn leichter zu ertragen als eine Aussprache mit mir.«
»So darfst du nicht reden, Jerry. Du bist unser Freund. Wir…«
»Euer Freund? Davon merke ich nichts. Im übrigen könnte ich dich jetzt zwingen, mir reinen Wein einzuschenken. Mach lieber den Mund auf, solange ich hier noch sitze. Wenn dich ein anderer Polizist befragt, wird es weniger freundschaftlich zugehen. Also?«
In ihrem Gesicht spiegelte sich der innere Kampf. Er dauerte nicht lange. Die Hartnäckigkeit, mit der sie mich bisher im unklaren gelassen hatte, unterlag. Elsa sagte: »Douglas hat dir erzählt, Jerry, er sei früher Reiseführer in Florida gewesen. Das stimmt nicht. Douglas gehörte zu der Gang von Al Cameron. Als sie aufflog, war Douglas der einzige, der sich absetzen konnte. Der Polizei fiel das zum Glück gar nicht auf, denn Douglas war nur ein kleiner Fisch. Er hat nip — das kann ich schwören, Jerry — auch nur irgendeine Gewalttat begangen. Er besaß nicht einmal eine Waffe. Aber er war der beste Küstenschiffer, den es je dort unten gab. Er kennt jedes Riff, jede Untiefe, jeden Strudel und jede Strömung der Küste und der Karibischen See. Wie kein zweiter kann er umgehen mit Motorbooten und Jachten. Deshalb hat Cameron ihn auch nur auf diesem Gebiet eingesetzt. Douglas mußte Rauschgift und illegale Einwanderer aus Lateinamerika einschmuggeln. Er hat es jahrelang gemacht und der Küstenpolizei stets ein Schnippchen geschlagen. Er ist nie ertappt worden. Als die Gang von der Polizei gesprengt wurde, lernte ich Douglas kennen. Er zog mich bald über seine frühere Tätigkeit ins Vertrauen. Mir zuliebe, Jerry, hat er sich geändert. Er war niemals wirklich schlecht oder kriminell, nur jung und verführt. Für ihn war es leicht verdientes Geld. Aber seit wir verheiratet sind, Jerry, seitdem hat Douglas nicht eine einzige strafbare Handlung begangen.«
Elsa machte eine Pause, bat um eine Zigarette, und ich hatte Zeit, das Gehörte zu verdauen. Dann fuhr sie fort: »Aber es scheint, als könne man der Vergangenheit nicht entfliehen. Was wir nicht wußten, Jerry: Noch ein zweiter Mann ist aus Al Camerons Gang entkommen. Dieser Mann ist jetzt hier und arbeitet für Nick Mesher. Der Mann hat Douglas in der Stadt getroffen und ihn sofort erkannt.«
»Der Schnurrbärtige?«
»Ja.«
»Er heißt Jos Underwood. Ich bin ihm wegen einer anderen Sache auf der Spur. Bitte weiter, Elsa!«
»Douglas kann sich an den
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