Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Jerry Cotton - 0563 - Der letzte Mann in Jennys Leben

Jerry Cotton - 0563 - Der letzte Mann in Jennys Leben

Titel: Jerry Cotton - 0563 - Der letzte Mann in Jennys Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren:
Vom Netzwerk:
geröteten Augen verrieten, daß sie geweint hatte.
    Als ich ihre Hand nahm, erschrak ich. Die Finger waren eiskalt.
    »Du siehst aus, Elsa, als drückten dich die Sorgen zu Boden. Und ich bringe schlechte Nachricht. Schläft Mary schon?«
    »Nein.«
    Mary saß im Wohnraum auf der Couch, ebenfalls mit verheulten Augen und fahlem Gesicht. Douglas sah ich nicht. Elsa bemerkte meinen fragenden Blick. »Er schläft schon, Jerry. Ich möchte ihn nicht wecken.«
    »Und ihr zwei schleppt euren Gram allein mit euch herum«, murmelte ich. »Miß Davis, was ich Ihnen jetzt zu sagen habe, wird sehr schwer für Sie zu ertragen sein. Aber…« Ich zuckte die Achseln. Mir fielen keine Worte ein, die die grausige Wahrheit hätten mildern können.
    »Ja?« Mary richtete sich kerzengerade auf. »Ist was… ist was mit Jenny?«
    Ich nickte.
    »Sie ist… sie ist.«
    Auch ich brachte das Wort nicht über die Lippen. Ich nickte abermals.
    Mary sah mich starr an. Ihre Pupillen wurden so weit, als wollten sie alles Licht der Welt in sich aufnehmen. Dann begannen Marys Lippen zu zittern. Tränen stürzten aus ihren Augen wie Wasser aus einer geöffneten Schleuse. Mary bewegte sich nicht. Sie blieb aufrecht sitzen, und sie weinte lautlos wie jemand, der nichts mehr zu hoffen hat.
    Elsa, Entsetzen im Blick, bewegte sich wie eine Schlafwandlerin. Sie ging zur Hausbar, nahm ein hohes Glas, nahm eine Flasche, schenkte ein, ohne hinzusehen, trank. Aber es half ihr nicht. Sie trat zum Fenster und zupfte an dem Vorhang herum, an dem es nichts zu ordnen gab. Ihre Hände streichelten den Stoff. Dann ging sie zur Couch, setzte sich neben Mary und legte den Arm um ihre Schultern. Jetzt weinten beide, und ich stand hilflos und dumm im Zimmer, den Hut in der Hand, galligen Geschmack auf der Zunge. Ich hatte nur wenig gesagt, und doch gab es fast nichts mehr zu sagen. Ich starrte zu Bo- ' den. Mein Blick folgte einer dunklen Tropfspur, die von der Tür zum Sessel führte. Ich sah auch dort die braunen Flecke auf dem hellen Bezug. Aber ich registrierte sie nicht sofort.
    »Wann war es?« fragte Mary. Schluchzen erstickte ihre Stimme. »Irgendwann heute abend.«
    »Wer war es? Human?«
    »Ich weiß nur, wie der Kerl aussieht, aber nicht, wie er heißt. Er und ein anderer haben Sie, Miß Davis, in der Kiste verschleppt.«
    »Hat… hat Jenny sich quälen müssen?«
    »Nein. Ihr Gesicht zeigt keinen Schmerz. Nur ein sanftes Erstaunen. Sie hat nicht gelitten.«
    »Ich bin schuld an ihrem Tod.«
    »Unsinn. Der Mörder ist schuld, sonst niemand.«
    »Hätte ich doch auf Sie gehört, Mr. Cotton. Ich muß wahnsinnig gewesen sein. Hätte ich doch! Hätte ich doch!« Sie sank nach vorn, schlug beide Hände vor das Gesicht, und das Schluchzen erfüllte das Zimmer. — Mein Blick hing an der Tropfspur. So plötzlich, als werde ein Vorhang zur Seite gerissen, begriff ich die Bedeutung dieser rostbraunen Flecke. Ich ging zur Tür, öffnete sie und sah in die Diele. Der glatte, mit Gummiplatten ausgelegte Boden war sauber. Aber vor der Garderobe glänzte es feucht. Dort war mit einem Scheuerlappen gewischt worden.
    Ich schloß die Tür, drehte mich um, ging zum Sessel, sah mir die Flecken aus der Nähe an und fand ein kleines Stück Verbandswatte. Es war in den Spalt zwischen Sitz und Lehne gerutscht und fiel nur auf, wenn man genau hinsah. Die Watte war mit Blut durchtränkt.
    Mary und Elsa hatten mich nicht beachtet. Hinter ihrem Schleier aus Tränen waren sie wie blind.
    »Elsa«, sagte ich, »ich glaube, du solltest Douglas wecken.«
    »Douglas…«, sie wischte sich über die Augen. »Douglas wecken. Nein, Jerry. Ich… ich möchte ihn lieber schlafen lassen. Er muß früh ’raus. Weißt du, er war so müde, und…«
    Mehr hörte ich nicht, denn ich war schon in der Diele. Ich wandte mich nach rechts und klinkte die Tür zum Schlafzimmer auf. Jalousien sperrten die Nacht aus. Kein Licht brannte. Ich tastete nach dem Schalter. Dann flammte die Deckenleuchte auf.
    Douglas lag auf seinem Bett. Bis auf die Schuhe war er vollständig angekleidet. Das weiße Hemd, das Laken, Kopfkissen und Bettbezug — alles war rot von Blut. Von seinem Gesicht sah ich fast nichts. Es war mit Pflastern beklebt. Mullbinden wanden sich um den Kopf. Verbandswatte polsterte das Hemd, umschloß den Hals, die Arme und Hände. Aber durch alle Verbände war Blut gedrungen.
    Douglas wandte den Kopf. Glanzlose Augen sahen mich an. Hinter mir war ein Geräusch. Elsa zitterte am ganzen Körper,

Weitere Kostenlose Bücher