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Jerry Cotton - 0563 - Der letzte Mann in Jennys Leben

Jerry Cotton - 0563 - Der letzte Mann in Jennys Leben

Titel: Jerry Cotton - 0563 - Der letzte Mann in Jennys Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
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Das trübe Licht fiel in den Sarg.
    Wood gab einen keuchenden bösen Laut von sich. Er ließ den Deckel los, und die Kanten krachten auf den Steinboden. Der Lärm dröhnte in dem Gewölbe und sprang als Echo von Wand zu Wand.
    Ich starrte in den Sarg, und meine Kopfhaut war plötzlich mit Eiswasser übergossen. Ich bückte mich und setzte das Fußende des Sargdeckels vorsichtig auf den Boden.
    »Sie haben recht«, sagte Wood leise. »Sie haben wirklich recht. Daß es so was gibt… Oh, diese Lumpen! Wie schön sie ist. Man könnte denken, sie lebt noch.«
    Ich trat einen Schritt vor, stand jetzt zwischen dem Sarg und der Deckenleuchte, und mein Schatten fiel auf Jennys Gesicht. Es war Jenny Davis, die hier im Sarg des alten Jones lag. Ich kannte sie von Fotos her. Außerdem war die Ähnlichkeit mit Mary nicht zu übersehen.
    Ihr Gesicht war still, friedlich, ein bißchen erstaunt vielleicht. Der Mörder hatte ihr nicht die Augen zugedrückt. Ihr Totenhemd war ein kostbarer, mit Silberfäden durchwirkter Hausanzug.
    Blut hatte ihn vorn durehtränkt, Blut aus einer breiten Herzwunde. Jenny Davis war erstochen worden.
    Wood sagte: »Ich entsinne mich. Noch vor einigen Jahren wog der alte Jones weit über zwei Zentner. Dann mußte er auf Anraten seines Sohnes — der Arzt ist — abnehmen. Wäre er jetzt noch so dick wie früher, hätte die Frau nicht mehr ’reingepaßt.«
    Ich berührte Jennys Hals. Die Haut war kalt. Trotzdem konnte die Frau noch nicht lange tot sein.
    »Ich muß unsere Mordkommission verständigen«, sagte ich. »Wo kann ich telefonieren?«
    ***
    An der Ecke 125. Straße und St. Nicholas Ave war noch eine Snackbar geöffnet. Ich parkte davor, mit zwei Rädern auf dem Gehsteig. Ich ging hinein, setzte mich zwischen aufgekratzte Nachtbummler an die Bar und bestellte Hot dogs, heißen Kaffee und einen doppelten Kognak beim Keeper.
    Es war zehn nach zwei, und in den Straßen herrschte nur noch wenig Betrieb. In der Friedhofskapelle arbeitete die Mordkommission. Sollte ich auf den Blonden stoßen, würde ich ihn festnehmen. Aber ich hatte wenig Hoffnung, daß wir ihn vor Tagesbeginn erwischten. In seinem Haus war er nicht. Daß er aus New York getürmt war, hielt ich für unwahrscheinlich. Also trieb er sich irgendwo im Nachtleben von Manhattan herum, vermutlich sehr zufrieden mit sich, mit seiner Schläue und Geschicklichkeit. Vielleicht streichelte er jetzt eine Bardame — mit derselben Hand, an der Stunden zuvor Jennys Blut geklebt hatte.
    Ich trank den Kaffee aus, bezahlte und ging hinaus in die Nacht. Meine Füße waren wie Eisklumpen. Ich trug leichte Halbschuhe, die völlig ungeeignet waren für eine Nacht, in der der Winter anbricht.
    Ich stieg in den Jaguar und fuhr hinunter zur 96. Straße. Ich hatte eine bittere Aufgabe vor mir. So schnell wie möglich wollte ich damit fertig werden. Während der Fahrt grübelte ich nach. Es wäre grausam gewesen, Mary fühlen zu lassen, daß ich Jennys Tod hätte verhindern können, wenn sie, Mary, weniger stur gewesen wäre, wenn sie meine Mahnung beherzigt und mir Jennys Adresse genannt hätte.
    Aber wie sollte ich es drehen? War es eine barmherzige Lüge, wenn ich die Tatzeit verfälschte, wenn ich Mary in dem Glauben ließ, daß ich in jedem Falle zu spät gekommen wäre…
    Ich hielt vor dem Haus in der 96. Straße. Auf beiden Seiten der Fahrbahn brannten Laternen, sanft umgaukelt von weichen Schneeflocken. Etliche Wagen waren abgestellt. Ich manövrierte in eine Parklücke und stieg aus.
    Verwundert stellte ich fest, daß in der Wohnung der Vicentes noch Licht brannte. Ich stieg die Treppe hinauf. Die Haustür war verschlossen. Ich drückte auf die Klingel und wartete auf den Türsummer. Aber es geschah nichts. Erst viele Augenblicke später drang aus der Höhe ein Ruf zu mir herab. Ich stellte mich auf die unterste Stufe und sah zu der Mansardenwohnung hinauf. Elsa hatte das Fenster des Wohnraumes geöffnet.
    »Jerry?«
    »Ja.«
    »Was ist?«
    »Ich muß mit Mary reden!«
    »Jetzt?«
    »Ja, jetzt! Jetzt und hier. Sonst wäre ich wohl nicht gekommen.«
    Sie zögerte einen Moment. Dann: »Ich drücke auf den Summer.«
    Ich ärgerte mich. Elsa zeigte mir verdammt deutlich, daß ich nicht willkommen war. Ich hörte den Summer, schob die Tür auf und trat in die dunkle Halle. Als ich die Stufen hinaufstieg, wurde oben die Treppenhausbeleuchtung angeknipst. Elsa erwartete mich an der Wohnungstür. Ihr Gesicht war weiß wie eine frisch getünchte Wand. Die

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