Jerry Cotton - 0563 - Der letzte Mann in Jennys Leben
Schmerzen zu bereiten. Trotzdem sagte er: »Der eine hat einen Schnurrbart. Das muß der sein, der…«
»Ich weiß. Er heißt Underwood. Und die anderen?«
»Ein Kleinerer. Aber er ist bullig und bärenstark. Sie nannten ihn Gilbert.«
»Gilbert? Kann es sein, daß du dich verhört hast? Einer aus der Gang heißt Milbert. Seine Nase ist von einer Hautkrankheit zerfressen.«
Douglas nickte. »Das ist er.«
»Und der dritte?«
»Ein großer, ziemlich hübscher Bursche. Er hatte das Messer.« Douglas schloß die Augen, als wolle er ein schreckliches Bild verdrängen. Schauer liefen über seine Haut. »Er ist ein Sadist, Jerry. Nimm dich vor ihm in acht. Er ist süchtig.«
»Woher weißt du das?«
»Bevor er sein Rasiermesser nahm, hat er Kokain geschnupft. Er trägt die Koksbriefchen in einem Umschlag bei sich in der Manteltasche.«
Ich stutzte, aber ich sagte nichts. Douglas’ Worte erinnerten mich an etwas. Ein paar Sekunden später fiel es mir ein. Der Blonde, Jennys Mörder — er hatte, als er durch die Hotelhalle des St. Regis ging, einen Umschlag in die Tasche gesteckt. Kokain! Von Adamsky war es ihm gegeben worden. Deshalb der kurze Besuch in dessen Hotelzimmer, deshalb die fast zärtliche Geste, mit der der Blonde den Umschlag in der Tasche verstaute.
Dann, so entsann ich mich, hatte ich gesehen, wie er während der Fahrt nach Bronx im Wagen hantierte. Schon da hatte er sich gedopt, vermutlich, um eine ruhige Hand zu haben und um Jennys Herz mit dem ersten Stich zu treffen. .
»Ich weiß jetzt Bescheid, Douglas. Ruh dich ,aus. Du hast nichts mehr zu befürchten. Du wirst dich vor Gericht verantworten müssen. Aber ich glaube, es kann nicht sehr schlimm für dich werden.«
Im Wohnraum schlüpfte ich in den Mantel. Elsa brachte mich zur Tür. »Jerry, obwohl es für Douglas furchtbar ist — ich bin froh, daß du jetzt alles weißt. Ich kann dich wieder ansehen, ohne mir verlogen und heimlich vorzukommen. Ich weiß jetzt wieder, was Freundschaft ist.«
»Ich hätte gern etwas für euch getan, Elsa. Aber ihr habt mir keine Gelegenheit gegeben. Was jetzt noch zu erledigen ist, tue ich für das Gesetz.«
***
Ich hielt unter einer Laterne. Drüben, auf der anderen Seite der 44. Straße, lag das Haus Nr. 81. Im fünften Stock vorn rechts wohnte Jos Underwood. Hinter zwei ‘Fenstern seiner Wohnung brannte Licht. Ich stieg aus, lief über die Straße, blieb an der Haustür stehen und sah mir im zitternden Schein meines Feuerzeugs die Schildchen über den Klingelknöpfen an. Donald Smith — hinter dem Namen stand die Bezeichnung Hausmeister. Das mußte der Alte sein, dem ich das Buch über Babypflege gegeben hatte.
Es dauerte eine Weile, dann wurde das Parterrefenster links neben der Tür geöffnet. Der Alte, in einen lappigen Bademantel gehüllt, schob den Kopf ins Freie. Die Brillengläser reflektierten das Licht einer Laterne. Er erkannte mich sofort. »He, Sie sind es wieder. Was wollen Sie denn jetzt, mitten in der Nacht?«
Ich reichte ihm meinen Ausweis. »FBI«, sagte ich leise. »Bitte, lassen Sie mich ins Haus. Ich muß Ihren Mieter Jos Underwood festnehmen.«
»So steht das also. Habe mir doch gleich gedacht, daß Sie kein alter Freund von ihm sind. Sie hätten mir aber heute morgen schon sagen können, worum es geht. Augenblick! Ich schließe auf.«
Etwas später stieg ich leise die Treppe hoch. Die Stufen knarrten. Aber ich trat vorsichtig auf. In den Wohnungen konnte man das Geräusch vermutlich nicht hören. In der fünften Etage blieb ich lauschend stehen. Die Stille war vollkommen. Aber als ich an der Wohnungstür von 5 D horchte, drang Stimmengemurmel, gedämpft und entfernt, an mein Ohr. Er war nicht allein. Auch gut. Wenn ich alle drei erwischte, war die Arbeit geschafft.
Ich nahm den 38er aus der Schulterhalfter und schob ihn in die rechte Manteltasche: Dann legte ich den Daumen auf die Klingel. Nach dem ersten Klingklang verstummte das Gemurmel. Eine Tür wurde geöffnet. Schritte. Der Schlüssel kratzte im Schloß.
Ich hatte Underwood erwartet. Aber vor mir stand — Milbert. Er erkannte mich sofort und reagierte unglaublich schnell. Seine Hand fuhr in die Jackentasche. Im nächsten Moment blitzte ein Schnappmesser im Licht der Dielenlampe.
Er griff an, lautlos, Mord in den Augen. Ich steppte zur Seite und riß den 38er aus der Tasche. Milberts Stoß schlitzte meinen Mantel am Oberarm auf. Sengend fuhr mir die Klinge über die Haut. Dann schlug ich zu. Die schwere Waffe
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