Jerry Cotton - 0581 - Ich und der Krallenmoerder
strecken zu müssen. Da fiel mir in letzter Minute ein, daß Sie zu den Narren gehören, die immer zuerst an andere denken. Mir war klar, daß Sie versuchen würden, die Puppe zu befreien, noch ehe Sie etwas anderes unternehmen. Darauf gründete ich meinen Plan. Ich schickte die Boys mit Fay weg und wartete hier im Keller auf Sie. Ich gebe zu, daß es ein Risiko war, aber meine Rechnung ist aufgegangen.«
»Von wem wollen Sie das Geld kassieren?« fragte ich. Ich fragte nur, um Zeit zu gewinnen. Natürlich wußte ich, daß sie Anthony Merlin zu melken gedachten.
»Geld holt man immer dort, wo es eine Menge davon gibt«, höhnte Brofazi. »Bei einem Millionär zum Beispiel.«
»Davon rate ich Ihnen ab«, sagte ich. »Sie würden sich daran die Finger verbrennen.«
»Bullengeschwafel!« spottete er.
Ich schüttelte den Kopf. »Merlin ist kein Mann, der mit sich Ball spielen läßt. Er hat sich die Dienste eines Syndikats gesichert, um nicht erpreßt zu werden.«
»Sie haben eine reizende Phantasie!«
Ich zuckte mit den Schultern. »Ich habe Sie gewarnt. Ihre Leute werden sich blutige Köpfe holen.«
»Gehen Sie mit mir nach oben«, befahl er. »Ich habe nämlich keine Lust, Sie in meinen Wagen zu schleppen.«
Mit gesenktem Kopf ging ich an ihm vorbei. Das heißt, ich tat so, als sei das meine Absicht. Ich mimte dabei einen geschlagenen Mann. Aber als ich mit Brofazi auf gleicher Höhe war, schnellte mein Arm mit der Plötzlichkeit und der Wucht einer Stahlfeder hoch. Meine Handkante traf sein Gelenk. Die plötzliche Erschütterung setzte den Abzug frei. Eine Kugel peitschte in die Kellerdecke.
Der Kneipenwirt ließ die Waffe nicht los, aber er bekam auch keine Chance, sie noch mal auf mich anzulegen. Ich zog mein Knie hoch und praktizierte gleichzeitig einen Drehgriff, der zur Standardausbildung jedes Polizisten gehört.
Brofazi ließ den Revolver fallen. Ich gab der Waffe einen Tritt. Sie landete krachend an der Kellermauer.
Brofazi gab noch nicht auf. Er war kein geschickter Fighter, aber er hatte eine Menge Kraft und wußte, was für ihn auf dem Spiel stand. Ich ließ ihn einige Male leerlaufen und zermürbte ihn mit linken und rechten Haken.
Er ging zweimal zu Boden, kam aber immer wieder hoch. Erst, ein Volltreffer auf den Punkt holte ihn endgültig von den Beinen. Er wälzte sich ächzend auf den Bauch und blieb liegen. Ich bückte mich nach dem Revolver und drehte die Trommel durch, um zu sehen, wie viele Patronen noch darin waren.
Brofazi brauchte fast drei Minuten, um wieder zu sich zu kommen. Vielleicht hatte er auch Angst, in eine Wirklichkeit zurückzukehren, von der ihm klar sein mußte, daß sie eine einschneidende Änderung seines Lebens bringen würde. Statt seiner Kaffeemaschine und der Gläser würde er schon bald das Blechgeschirr im Gefängnis säubern können.
»Stehen Sie auf, los!« herrschte ich ihn an. Ich hatte keine Lust, seinetwegen kostbare Zeit zu verlieren. Er quälte sich auf die Beine. Sein Gesicht wirkte leer und töricht. Er starrte angstvoll in die Waffenmündung.
Ich ließ ihn vorangehen. Im Schankraum griff ich nach dem Telefon. Ohne Brofazi aus den Augen zu lassen, wählte ich die Nummer des District Office. Das Gespräch war nur kurz. Dann rief ich das zuständige Polizeirevier an.
Während ich auf die Polizisten wartete, richtete ich einige Fragen an Brofazi. Er hatte sich gesetzt. Sein Gesicht war aschgrau.
»Wo ist Fay Merlin?« fragte ich.
Er starrte ins Leere und antwortete nicht.
»Muß ich Ihnen erklären, was in diesem Land auf Kidnapping steht?« fragte ich ihn.
, Er schluckte, schwieg aber noch immer.
»Ich werde sie finden«, sagte ich. »Noch heute. Schließlich dürfte es kein Problem sein, die Adressen Ihrer Knobelfreunde ausfindig zu machen.«
Brofazi begann zu schwitzen. Ihm dämmerte, daß er das Spiel rundherum verloren hatte.
»Sie können mir nichts vorwerfen«, stieß er plötzlich hervor. »Ich werde alles bestreiten, hören Sie? Alles!«
»Warum nicht? Die Geschworenen lachen ganz gern mal. Nur Sie und Ihre Freunde werden in diesem Prozeß nichts zu lachen haben. Immerhin steht außer dem Kidnapping ein Mordversuch zur Debatte.«
»Sie leben ja noch!«
»Das ist gewiß nicht Ihr Verdienst. Wo ist Fay?«
»Ich weiß es nicht«, würgte er hervor. »Ich habe keine Ahnung, wo sie sie hinbringen werden. Die Zeit war zu knapp, um große Absprachen zu treffen.«
Die Revierpolizisten trafen ein. Ich beobachtete, wie die Handschellen um
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