Jerry Cotton - 0582 - Der Millionenbluff
etwas. Dabei beließ er es jedoch.
Nach einigen Sekunden brachte ich mich mit einem neuen Pochen in Erinnerung.
»Was ist denn los?« hörten wir jetzt etwas deutlicher.
»Mr. Buck!« rief ich. »Ich muß Sie mal kurz sprechen. Ich habe Ihren Wagen zusammengefahren und…«
»Laß mich in Frieden!« war die einzige Antwort.
Uns blieb keine andere Wahl: »Mr. Buck, bitte öffnen Sie. Wir sind vom FBI und müssen Sie sofort sprechen.«
Im Zimmer blieb es totenstill. Plötzlich trat Phil einen Schritt zurück aus dem Bereich der Tür weg. Ich handelte genauso. Unser unausgesprochenes Gefühl hatte uns nicht getrogen. Es gab einen berstenden Knall. Holzsplitter fetzten durch den Gang, und von der Wand gegenüber der Tür flog der Putz weg.
Im Bruchteil einer Sekunde zogen wir unsere 38er.
Zum Schießen kamen wir allerdings nicht. In kurzen Abständen feuerte der angebliche Mr. Buck drei weitere Schüsse durch die Tür. -Nach diesem Feuerwerk blieb es still. Phil richtete den Lauf seines Revolvers auf den Türknopf. Sein Schuß krachte. Knarrend sprang die Tür auf.
»Kommen Sie ’raus, Buck alias Fisher! Sie haben keine Chance mehrf«
Dann spürte ich die Zugluft. Ein Fenster mußte offenstehen. Vorsichtig peilte ich in das Zimmer. Das Fenster zum Hof war hochgeschoben. Eine schmutzige Gardine bewegte sich im Wind.
»Komm!« rief ich Phil zu und war mit drei Schritten am Fenster. Fisher war nicht zu sehen, aber ein Geräusch verriet ihn. Es war das unverkennbare Dröhnen, das eine Feuerleiter von sich gibt, wenn jemand auf ihr herumturnt.
Ich beugte mich hinaus, starrte in das Eisengewirr der Feuerleiter und bemerkte einen nach oben huschenden Schatten. Es war ein verteufelt wachsamer Schatten. Das Zimmer war zwar dunkel, aber, in diesem Fall reichten sogar die Funzeln im Gang vor dem Zimmer aus, um mich in einem Zwielicht erscheinen zu lassen.
Der Mann auf der Feuerleiter war wachsam. Ein Schuß krachte. Das Projektil traf irgendeine Strebe der Feuerleiter und sirrte nun als Querschläger durch die Gegend.
Ich feuerte zwei Warnschüsse himmelwärts. Fisher revanchierte sich umgehend, indem er eine ganze Salve folgen ließ. Damit hatte er sein Pulver verschossen. Auf einer Plattform über mir schlug Fishers Revolver polternd auf.
»Jetzt brauchen wir ihn nur noch abzuholen«, sagte ich.
»Hoffentlich«, sagte Phil.
Wir hasteten die Feuerleiter hoch. Oben hörten wir die eiligen Schritte Fishers.
»Bleiben Sie stehen, Fisher!« rief ich.
»Warum? Kannst du nicht mehr?« schrie er hohnlachend zurück. »Wenn du mich haben willst, mußt du mich holen!«
»Sparen Sie sich den Weg«, rief Phil hinauf. »Der Block ist von Polizei umstellt.«
Fisher ließ sich nicht beeindrucken.
Wir hörten, wie er die Feuerleiter verließ und aufs Dach kletterte.
Mit keuchenden Lungen hetzten wir weiter nach oben. Schließlich erreichten auch wir das Dach. Undeutlich sahen wir Fisher weglaufen.
»Bleiben Sie stehen!« rief ich noch einmal, obwohl ich selbst nicht an einen Erfolg meiner Aufforderung glaubte. Deshalb überraschte mich auch sein Hohngelächter nicht.
Das Dach war etwas schräg.
»Paß auf!« sagte Phil. »Nimm du den direkten Weg, ich versuche es auf der anderen Seite. Vielleicht schlägt er einen Haken und läuft mir in die Arme!«
Phil verschwand wie ein Spuk in der Dunkelheit.
Fisher war rund fünfzehn Yard vor mir. Ich kam ihm immer näher.
Doch dann passierte es. Irgendwo blieb ich mit meinem rechten Fuß hängen und machte unwillkürlich einen Sprung seitwärts, trat auf eine nachgebende Dachplatte und spürte, wie ich stürzte.
Das geschah im Bruchteil einer Sekunde. Mit dem Kopf voran segelte ich auf die Dachkante zu. Irgendwie gelang es mir, mich herumzuwerfen. Unmittelbar vor der Dachkante bekam ich meinen Körper wieder unter Kontrolle. Keuchend blieb ich Zentimeter vor dem Abgrund liegen. Das war haarscharf! Ein paar Inches weiter — und ich wäre in die Tiefe gestürzt.
»Jerry, was ist los?«’ Mit rasselndem Atem kam Phil heran. »Bist du okay?«
»Schon gut, alter Junge, gerade noch mal gutgegangen«, gab ich ihm zur Antwort. »Was macht unser Freund?«
Wir blickten nach links. Fisher setzte gerade zu einem Sprung an. Wie eine Zeitrafferkamera registrierte ich das Geschehen: Fünf oder sechs Yard waren es bis zum nächsten Dach. Dazwischen der Abgrund der Häuserschlucht. Er konnte es nicht schaffen.
»Fisher!« schrie ich gellend. »Nicht springen, es hat keinen Zweck!«
Er
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