Jerry Cotton - 0591 - Flitterwochen mit dem Satan
schlecht behandelt, und weshalb hatte er darauf bestanden, daß sie Dean Harrow McKay heiratete? Sie hatte nichts gegen Dean, er war auf seine Weise ein netter Kerl, aber Ray konnte er einfach nicht das Wasser reichen. Ray war der Mann ihrer Wahl.
Vivian zögerte, dann trat sie an das Telefon, das neben der Couch auf einem runden Tischchen stand.
»Stop«, sagte der Mann, der neben der Tür saß und bis jetzt in seiner Zeitung gelesen hatte. Er blickte sie scharf an.
Vivian runzelte die Augenbrauen. Sie mochte diesen Mann nicht. Es war zu spüren, wie hart und gemein er sein konnte.
Nun ja, dieser Job war keine Sache für Weichlinge. Vivian verstand es trotzdem nicht, daß man darauf bestand, sie nicht allein zu lassen. Schließlich wußte sie selbst am besten, worum es für sie ging. Sie brauchte keine Aufpasser.
»Was soll das heißen?« fragte sie ärgerlich. »Ich möchte einen Anruf tätigen. Wollen Sie mich daran hindern?« Der Mann legte die Zeitung beiseite und stand auf. »Allerdings«, sagte er. Seine Stimme klang gedehnt. Er bewegte kauend die Kinnladen. Seine Haltung hatte etwas Herausforderndes.
»Sie haben kein Recht…«, begann Vivian empört, aber der Mann unterbrach sie.
»Wir sitzen in der Geschichte bis zum Hals mit drin«, sagte er barsch. »Wir sind dafür verantwortlich, daß alles klappt. Sie verstehen nichts von diesem Geschäft, Miß. Es ist besser, auch für Sie besser, wenn Sie sich an unsere Anordnungen halten.«
»Ich will nur mit Ray sprechen. Ganz kurz. Ich muß seine Stimme hören.«
»Vielleicht ist Ihr Ray nicht allein«, meinte der Mann. »Stellen Sie sich bloß vor, was passieren könnte, wenn ein anderer abhebt…«
»Gar nichts! Ich würde sofort wieder auflegen.«
»Keine Anrufe«, entschied der Mann. Das Telefon klingelte. Der Mann nahm den Hörer ab. »Ja?« Er nickte einigemal, ohne das Girl dabei aus den Augen zu lassen. Vivian trug noch immer ihr Brautkleid. »Geht in Ordnung, Boß«, sagte er und legte auf.
»War das Mr. Cornell?« fragte Vivian. »Er wird in zehn Minuten hier sein«, meinte der Mann und setzte sich wieder. »Er wünscht, daß Sie weder das Radio noch das Fernsehgerät anrühren.«
»Was soll das heißen?« fragte Vivian empört. Sie wurde vor Zorn dunkelrot.
»Fragen Sie den Boß«, meinte der Mann gleichmütig. »In zehn Minuten ist er hier.«
Plötzlich zuckte er zusammen. Auch Vivians Herzschlag setzte für den Bruchteil einer Sekunde aus.
Aus dem hinteren Teil des Hauses war ein hartes, klirrendes Geräusch gekommen. Eis hörte sich an wie eine berstende Glasscheibe, »Werfen Sie sich hinter die Couch!« stieß der Mann hervor. Er riß einen Revolver aus dem Hosenbund und hastete aus dem Wohnzimmer.
Vivian fühlte sich auf einmal zu schwach, um der Aufforderung des Mannes Folge zu leisten. Sie setzte sich zitternd und legte lauschend den Kopf zur Seite.
Der Mann kehrte zurück. Auf seiner Stirn stand kalter Schweiß. Er hatte die Waffe zurück in den Hosenbund geschoben.
»Die verdammten Bengel von nebenan«, sagte er. »Sie haben den Ball durch das Küchenfenster geworfen.«
»Sind Sie sicher, daß es die Jungen waren?« fragte Vivian, die noch immer zitterte. »Vielleicht ist es ein Trick. Eine Falle. Vorhin habe ich auf der anderen Straßenseite einen Milchwagen gesehen. Um fünf Uhr nachmittags! Das ist doch nicht normal.«
»O doch. Das ist Billy Tompkins. Er liefert nicht nur Milch, sondern auch Lebensmittel und alkoholfreie Getränke. Er macht zweimal täglich die Runde.«
»Ich fühle mich hier nicht wohl«, sagte Vivian. »Es war dumm, mich in dieses Haus zu bringen. Es liegt inmitten einer Wohnsiedlung! Die Nachbarn werden sich fragen, warum den ganzen Tag die Jalousien geschlossen sind.«
»Zerbrechen Sie sich nicht den Kopf darüber. Im Sommer ist das hier so üblich. Niemand denkt sich was dabei.« Vivian beruhigte sich langsam. Es hatte keinen Sinn, wegen dieser Kleinigkeiten die Nerven zu verlieren. Schließlich hatte sie gewußt, worauf sie sich einließ und was sie möglicherweise erwartete. Sie fand es nur empörend, daß die Gangster die Stirn hatten, sie auf diese Weise herumzukommandieren.
Schließlich führte das Syndikat nur aus, was sie geplant und vorgeschlagen hatte!
Andy Cornell mochte der Boß eines Syndikates sein, aber in diesem Falle war er nur ihr Werkzeug, die bezahlte Hilfe für einen phantastischen Coup.
Vor dem Haus stoppte ein Wagen. Vivian fühlte sich versucht, aufzuspringen und an das
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