Jerry Cotton - 2909 - Rache ist ein einsames Geschaeft
scharfe Wurst und Tortilla, dazu Wasser. Kaum war der Kellner außer Hörweite, nahmen wir unseren Fall wieder auf.
»Margaret Hines war nach der Verhaftung ihres Mannes bei Dr. Gillmore in Behandlung, ganz regulär, in deren Praxis. Das wissen wir aus den alten Patientenunterlagen. Jahre später suchte sie die Frau wieder auf. Dieses Mal mit einem anderen Anliegen. Doch inzwischen musste sie finanziell angeschlagen gewesen sein. Frank Hines war der Ernährer der Familie, die beiden hatten eine ganz traditionelle Aufgabenteilung. Maggie Hines hatte nach seiner Verhaftung kein Geld mehr, vermutlich waren bereits auch die Ersparnisse durch den Prozess aufgebraucht. Wozu hat sie sich wohl beraten lassen?« Phil trommelte mit den Fingern auf dem Tischtuch herum.
»Sie ist weggezogen und hat ihren Namen geändert. Vermutlich war es das«, gab ich zurück. »Hines sagte mir, er könne sie deswegen nicht mehr erreichen.«
»Dann haben wir ja heute ziemlich viel erreicht«, freute sich mein Partner und zog die Visitenkarte hervor.
»Deborah Ann Walker«, las er, dazu die Adresse einer Kanzlei in der Second Avenue. »Wir müssen nur dahin und nach Maggie Hines’ neuer Adresse fragen.«
»Phil, hast du dir mal überlegt, dass es gar nicht so einfach ist, an diese Frau heranzukommen? Derjenige, der Hines droht, muss aber bereits über diese Informationen verfügen.«
Mein Partner spielte nachdenklich mit der Visitenkarte. »Oder er hat sie unter ihrem neuen Namen kennengelernt und erst jetzt erfahren, wer sie wirklich ist. Dafür spricht auch, dass die Drohung Hines erst jetzt erreicht. Warum so viele Jahre nach den Morden, nach seiner Verurteilung?«
Ich spürte einen unangenehmen Druck im Kopf.
»Warum es so viele Jahre dauerte, weiß ich auch noch nicht. Aber der Zeitpunkt des ersten Mordes … liegt exakt auf dem Datum, an dem Hines das erste Mal gemordet hat. Es begann damals ebenfalls im Januar. Und zog sich über ein ganzes Jahr hin.«
Betroffen sah Phil auf. »Dieses Mal kriegen wir den Kerl früher«, brummte er. Dann kam unser Essen und wir schoben die bedrückenden Gedanken für eine kurze Weile weg.
***
Mein zweites Gespräch mit Frank Hines fand am Tag nach unserem Besuch im Beratungszentrum statt. Der Serienkiller erwartete mich, wie beim ersten Mal, im Besuchszimmer. Er starrte mir mit vor Panik dunklen Augen entgegen.
»Nun, Agent Cotton. Sie kommen wieder hierher. Also glauben Sie mir.«
»Hines, wir können nicht ausschließen, dass Ihnen jemand droht. Haben Sie einen Verdacht, wer die beiden Briefumschläge in Ihrer Zelle deponiert hat?«
Mein Gegenüber schüttelte verbissen den Kopf.
»Stellen Sie sich nicht so an. Der Ehrenkodex der Knastbrüder gilt hier nicht. Wenn wir herausfinden sollen, wer Ihre Frau aufgespürt hat, müssen Sie uns helfen.«
»Sie verstehen nicht!« In Hines’ Mundwinkeln hatte sich ein wenig Spucke gesammelt. »Wenn ich wüsste, welches Schwein der Bote war, würde ich es Ihnen sagen oder die Wahrheit aus dem Kerl herausprügeln.«
Ich hatte vor meinem Gespräch mit dem Inhaftierten bereits mit dem stellvertretenden Gefängnisdirektor gesprochen. Der mir wenig Hoffnung gemacht hatte, den geheimnisvollen Boten aufzuspüren.
»Agent Cotton, ich würde Ihnen gerne helfen. Aber lassen Sie es mich einmal so sagen: Fast jeder Häftling und viele Beschäftigte könnten etwas damit zu tun haben. Natürlich bemühen wir uns, alles unter Kontrolle zu haben. Dabei stehen uns die ständigen Aufforderungen des Staates um Kostensenkung und Effizienz allerdings gehörig im Weg.«
Er hob bedauernd die Hände, bevor er fortfuhr. »Ich arbeite hier zurzeit mit vielen noch recht jungen und unerfahrenen Mitarbeitern. Einige davon bleiben nicht lange, weil sie dem Druck nicht standhalten. Ich könnte jeden Einzelnen befragen lassen, rein theoretisch. Wie auch zu den Drogen, Waffen, Mobiltelefonen und anderen unerlaubten Dingen, die auf unerfindlichen Pfaden ihren Weg hier hereinfinden. Sie werden mir doch zustimmen, dass ein nebulös formulierter Brief an einen Serienmörder da eines der geringsten Probleme darstellt.«
Auch wenn ich den Mann verstehen konnte, war mir diese Auskunft nicht gerade eine große Hilfe. Wenn Hines selbst auch so unergiebig war, dürfte das nicht mehr viel werden.
Doch der Serienmörder gab sich an diesem Tag kooperativ.
»Agent Cotton, wenn Sie dafür sorgen, dass meine Familie in Sicherheit ist, gebe ich Ihnen eine Information, die Sie und die
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