Jerry Cotton - 2909 - Rache ist ein einsames Geschaeft
telefonisch über den Stand der Erkenntnisse. Ich gab Mr High noch die genaueren Angaben über das Waldstück am Strand. Hines war sehr präzise gewesen. Mr High versicherte mir, dass sofort ein Team losfahren würde, um nach den sterblichen Überresten von Mary Hamilton zu suchen.
Mein Partner Phil begleitete an diesem Tag Blair Duvall. Die beiden überprüften das Alibi von Craig Miller, der sich inzwischen unter Bewachung in einer psychiatrischen Anstalt befand.
Die Anfrage zu Maggie Hines’ neuer Identität war bereits erledigt, ich war mir sicher, von unserem Innendienst bald eine Antwort darauf zu haben, welchen Namen sie angenommen hatte. Mit ein wenig Glück hatten die Kollegen auch eine Adresse ausfindig gemacht. Also entschied ich mich dafür, Deborah Ann Walker aufzusuchen.
Die Kanzlei Young, Clarke & Simpson , für die die junge Anwältin arbeitete, lag im zweiten Stock eines gepflegten Geschäftshauses.
»FBI, ich bin Special Agent Jerry Cotton«, stellte ich mich am Empfang vor. »Könnte ich mit Miss Walker sprechen?« Die Sekretärin dort blieb völlig gelassen. Sie lächelte professionell, fragte, ob ich einen Termin habe, was ich verneinte, und bat mich, einen Moment Platz zu nehmen. Von dem bequemen Besucherstuhl aus konnte ich beobachten, wie sie telefonierte. Wenige Minuten später betrat eine sportlich aussehende Dunkelhaarige in einem grauen Businesskostüm den Raum und kam, nach einem kurzen Blickwechsel mit der Empfangssekretärin, direkt auf mich zu.
»Agent Cotton? Mein Name ist Deborah Ann Walker. Was kann ich für Sie tun?« Ihr Händedruck war fest, der Blick ihrer hellbraunen Augen direkt.
»Es geht um eine Ihrer Klientinnen aus dem Büro der ehrenamtlichen Organisation, für die Sie arbeiten.«
Miss Walker zog kurz die Augenbrauen nach oben, dann bat sie mich mit einer Handbewegung, ihr zu folgen. Während ich mit ihr zu ihrem Büro ging, musterte ich sie unauffällig. Deborah Ann Walker war etwas mehr als mittelgroß und wirkte sportlich. Sie trug ihr Haar kurz geschnitten und schien auf sämtliche weiblichen Attribute wie hohe Schuhe, Schmuck und Schminke verzichten zu können. Alles an ihr wirkte durch und durch geschäftsmäßig, und unwillkürlich fragte ich mich, ob sich das in ihrer Freizeit ändern würde und welche Ausstrahlung sie dann besaß.
Sie winkte mich auf den Besucherstuhl vor ihrem großen Schreibtisch und ließ sich dahinter in ihren Sessel fallen.
»Um wen geht es und was wollen Sie wissen?«, fragte sie mich.
»Maggie Hines. Sie ist … pardon, sie war die Ehefrau eines verurteilten Mörders. Wir wissen, dass sie sich von Ihnen hat beraten lassen. Kurz darauf beantragte sie eine Namensänderung und zog um. Können Sie mir etwas über sie sagen?«
Die Anwältin spielte mit einem Kugelschreiber und starrte mich regelrecht an.
»Agent Cotton, was wollen Sie von der Frau? Sie hatte gute Gründe, sich abzusetzen.«
»Wir müssen sie zu einer Sache befragen. Eine reine Routineangelegenheit.« Außerdem erhoffte ich mir über die Juristin noch ein paar Informationen, die Person Margaret Hines betreffend.
Walker nickte und schien zu überlegen.
»Es ist sehr lange her. Mindestens …«, sie schien im Geist nachzurechnen, »… sieben oder acht Jahre.«
»Warum so spät, Miss Walker? Warum hat Maggie Hines die Namensänderung nicht direkt nach dem Prozess beantragt?«
»Nun, Agent Cotton, am Anfang dachte sie, sie schaffe es auch so. Aber die Anfeindungen gegen sie nahmen kein Ende. Sie bekam keine Arbeit, keinen Kredit, die Wohnung wurde ihr gekündigt. All diese Dinge haben sie mit der Zeit mürbe gemacht. Eine Weile kam sie bei Bekannten unter, aber irgendwann musste sie eine Entscheidung treffen, auch für ihre beiden Töchter.«
»Sie haben Sie also damals beraten?«
Walker nickte. »Im Rahmen meines ehrenamtlichen Engagements, ja. Damals hatte ich mein Studium noch nicht beendet. Ich habe der Frau daher lediglich gesagt, was sie wissen musste, um die Namensänderung beantragen zu können.«
»Haben Sie noch Kontakt zu ihr?«
Deborah Ann federte leicht auf ihrem Stuhl vor und zurück. »Wie gesagt, ich habe sie im Rahmen meines ehrenamtlichen Engagements betreut. Die Kanzlei hat mit der Beratungsstelle nichts zu tun.«
Sie wich mir aus. Sie wollte ihre Klientin schützen. Sosehr ich das einerseits verstehen konnte, so ärgerlich fand ich es andererseits.
»Miss Walker, wie viele Klientinnen haben Sie denn, die ihren Namen ändern
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