Jerry Cotton - 2911 - Jung schoen und toedlich
der Treppe hinter mich gebracht hatte. Gleich darauf hatte ich die rissigen Holzplanken der Galerie in Augenhöhe. Die Tür war verschlossen. Eine spaltbreite Öffnung, wie ich einen Moment lang befürchtet hatte, gab es nicht.
Ohne auch nur einen Atemzug lang zu warten, überwand ich die letzten Stufen. Tief gebückt schlich ich an der Außenwand des Garagenaufbaus entlang. Brachte die Tür hinter mich – und das Fenster unterhalb des Simses. Dann, unmittelbar neben dem Fenster, richtete ich mich auf, drehte mich mit dem Rücken zur Wand, hielt die SIG im Beidhandanschlag.
Der rostfarbene Haarschopf des Detective Sergeant tauchte über der Treppe auf. Die Dienstwaffe auf die Tür gerichtet, arbeitete er sich lautlos voran. Links neben dem Türrahmen ging er in Stellung, mir zugewandt, die Pistole in Kopfhöhe. Noch immer rührte sich in Tyrones Bleibe nichts.
Milt und ich verständigten uns mit einem Blick. Er löste die linke Hand vom Kolben der Pistole, ballte die Hand zur Faust und streckte den Arm aus, ohne seine Position neben dem Türrahmen zu verändern. Kraftvoll hämmerte er gegen die Tür.
»Polizei!«, rief er laut und schneidend. »Aufmachen, Tyrone! FBI und Polizei!«
Noch bevor er die letzte Silbe ausgesprochen hatte, zog er die Faust blitzschnell zurück.
Dort, wo er eben noch gehämmert hatte, löste sich das Holz auf. Ich sah es wie in Zeitlupe. Ein Schwall von Splittern und Spänen platzte hervor. Ich glaubte, die Kugel zu sehen, die das verursachte. Ein Trugschluss natürlich. Stattdessen krachte der Schuss, und ein schmetternder Schlag war zu hören, mit dem das Geschoss in die jenseitige Hofmauer schlug. Der Mann in der Wohnung feuerte weiter.
Ich schnellte zur Seite, Richtung Geländer, machte eine halbe Drehung zur Wohnung hin. Aus der geduckten Haltung heraus ließ ich die SIG schräg nach oben rucken – und zog durch. Während Tyrones Schüsse die Tür zerlegten, zertrümmerten meine Kugeln auf dem Weg zur Zimmerdecke das Fensterglas. Eine Doppelscheibe. Mit dem Pistolenkolben hätte ich sie kaum zertrümmern können.
Ich hatte den Eindruck, dass Tyrone wegen des Höllenlärms, den er selbst veranstaltete, nicht sofort etwas mitkriegte. Erst als das Fensterglas nach einem perfekten Treffer komplett abwärts klirrte, stockten seine Schüsse. Ich sah ihn jetzt, wie er im trüben Schein einer Deckenlampe zusammenzuckte und seine Waffe in meine Richtung schwenkte. Die Schrecksekunde, die er dafür brauchte, nutzte ich zur Klärung der Lage, indem ich ihm einen Warnschuss am linken Ohr vorbeijagte.
Das kriegte er mit. Diesmal war es, als hätte er einen Hieb mit der Bullpeitsche erwischt. Vor Schreck ließ er seine Pistole fallen. Das schwere Ding löste den Abzug durch sein Eigengewicht aus, als es ihm aus den Fingern glitt. Polternd landete das Kilogramm Stahl auf dem Fußboden. Ich nickte Milt Irving zu. Er machte einen Satz auf die ramponierte Tür zu und trat sie ein. Eine halbe Sekunde später war Milt drin. Ich folgte in der nächsten halben Sekunde, und wir ließen Tyrone in unsere Pistolenmündungen blicken.
»Klar!«, rief ich zum Hof hin. Gleich darauf hörte ich Phil, wie er die Detectives an der Absperrung verständigte und sie bat, ihre Positionen vorerst noch beizubehalten. Mein Partner kam die Stahltreppe herauf. Milt legte Tyrone Handschellen an, während ich ihn in Schach hielt. Ich schob meine SIG ins Gürtelholster und hob die Waffe des Festgenommenen auf. Phil betrat den Raum, ließ seine schussbereite Pistole sinken und verstaute sie ebenfalls im Holster.
Milt hatte Tyrone in eine Lücke zwischen Zeitschriften- und Zeitungsbergen auf dem Sofa verwiesen. Dort hockte er sichtlich unbequem, wegen der Handschellen vorgebeugt, und sandte uns finstere Blicke zu. Er war ein Army-Typ, allerdings weniger gepflegt, als er es in seiner aktiven Dienstzeit vermutlich gewesen war.
Sein Drei-Tage-Bart hatte mindestens sechs Tage keinen Rasierapparat mehr erlebt, weshalb die Stoppeln den militärischen Kurzschnitt seines dunklen Haupthaars bereits an Länge übertrumpften.
Auch das Ordnunghalten hatte er allem Anschein nach verlernt. Das Wohnzimmer, in dem wir uns befanden, war vollgestopft mit den neuesten Produkten der Unterhaltungselektronik. Auf allen einst freien Flächen lagen Stapel von CDs, DVDs und BlueRays. Auf dem Tisch drängten sich Töpfe, Teller, Tassen, Flaschen und Gläser – alles benutzt.
Milt, Phil und ich hatten einen lockeren Halbkreis vor Tyrone
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