Jerry Cotton - 2917 - Heisse Ware und kaltes Blei
seine Werkstatt zurückgekehrt und schaute verdrossen auf Blair, der mit seinen breiten Schultern die Tür blockierte. Der farbige Agent und seine Partnerin hatten mit seiner Rückkehr gerechnet. Eine Streifenwagenbesatzung beobachtete dann, wie Tony tatsächlich wieder auf der Bildfläche erschien, und verständigte Blair Duvall. Er und June trafen keine halbe Stunde später in der Werkstatt ein, um dem Inhaber einige unbequeme Fragen zu stellen.
»Sie werden sicherlich verstehen, dass wir in diesem Falle die Kollegen der Steuerfahndung informieren müssen«, sagte June.
Sie lächelte den massigen Mann an, der bei ihren Worten leicht zusammengezuckt war.
»Also, das ist jetzt Ihre letzte Chance. Wer war der Mann, den Barlow und Ferdinand in die Mangel genommen haben?«, hakte sie nach.
»Sie können einem ehrlich arbeitenden Menschen nicht vorwerfen, dass er sich bei einer Schießerei in Sicherheit bringt«, wich Tony erneut aus.
»Nein, das nicht. Wir können Sie aber dafür belangen, dass Sie zwei Gangstern einen Raum zur Verfügung stellen, in dem sie andere Menschen foltern!«, warf Blair ein.
Er hatte seine Stimme nur minimal erhoben, doch Tony reagierte fast panisch.
»So war es doch gar nicht!«, stieß er hervor.
»Wie dann? Los, reden Sie endlich«, forderte June ihn auf.
Die runden Schultern des Werkstattinhabers sackten hinunter.
»Dick arbeitet zeitweilig als Mechaniker in der Werkstatt. Als Barlow mit dem anderen Typ hier auftauchte, um sich Dick vorzunehmen, habe ich es gar nicht mitbekommen. Ich dachte, das wären Freunde oder es ging um ein privates Geschäft«, erklärte Tony.
Seine Ausflüchte waren fadenscheinig, aber wenigstens redete er endlich. Nach und nach entlockte June ihm alle notwendigen Hinweise, mit denen sie Dick Ormond finden sollten. Erst als sie völlig sicher waren, dass Tony ihnen nichts mehr verschwieg, verließen June und Blair die Werkstatt.
»Er wird sich kaum zu Hause verstecken. Ormond muss davon ausgehen, dass Barlow und Ferdinand weiterhin nach ihm suchen«, sagte June.
Sie setzte sich auf den Beifahrersitz des Dodge Nitro und schaute im Computer nach, ob es Informationen zu Dick Ormond im System gab.
»Er hat eine Haftstrafe verbüßt, weil er den Fluchtwagen bei einem bewaffneten Raubüberfall gefahren hat«, sagte sie dann.
Blair wölbte überrascht die Augenbrauen.
»Aber nicht bei dem Überfall, bei dem die Rohdiamanten entwendet wurden, oder doch?«, fragte er.
»Nein. Damals ging es um Schmuck im Wert von über einer Million Dollar. Ein Wachmann wurde angeschossen«, antwortete June.
»Und die Ware wurde sichergestellt?«, fragte Blair weiter.
June beendete ihre Lektüre am kleinen Monitor in der Mittelkonsole.
»Nur zum Teil. Fast die Hälfte der Beute ist bis heute verschwunden, genauso wie einer der Räuber«, antwortete sie.
Blair trommelte nachdenklich mit den Fingern auf dem Lenkrad herum, während er nachdachte.
»Schon wieder haben wir es mit einem alten Fall zu tun, bei dem nicht sichergestelltes Diebesgut eine Rolle spielt«, sagte er.
»Ja, seltsamer Zufall. Hoffen wir einfach, dass Barlow und Ferdinand noch nicht wieder auf Ormond gestoßen sind. Vielleicht bringt ihn seine gefährliche Lage ja zum Reden«, erwiderte June.
Tony hatte die Vermutung geäußert, dass Dick Ormond bei einem anderen Werkstattinhaber zeitweilig Unterschlupf gefunden hatte. Die Werkstatt lag in der Bronx und auch dort arbeitete der Mechaniker öfter, was aber Barlow nicht wusste.
»Dick frisiert die Wagen der Gangs in der Bronx. Das weiß aber außer mir niemand«, hatte Tony versichert.
Blair steuerte den Dodge Nitro in die Bronx. Während der Fahrt versuchten er und seine Partnerin, eine Theorie zu entwickeln.
»Ich gebe es auf, June. Ein Typ wie Ormond kann kaum so dämlich sein, Gangstern vom Schlage eines Barlow das Diebesgut abzujagen. Er ist doch nicht lebensmüde«, sagte Blair.
Seine Partnerin beendete das fruchtlose Unterfangen, indem sie aus dem Wagen stieg. Blair folgte ihr und schaute über die abgestellten Wagen auf dem Parkplatz der Hinterhofwerkstatt.
»Da muss man wirklich nicht lange rätseln, wer hier die überwiegende Kundschaft stellt«, sagte er.
June warf einen kurzen Blick auf die erkennbar aufgerüsteten Serienfahrzeuge, die überwiegend aus asiatischer Produktion stammten. Keines der Fahrzeuge kam ohne mehrere Spoiler sowie auffällige Lackierungen aus. Die extrem geringe Bodenfreiheit einiger der Wagen machte sie bei dem
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