Jerry Cotton - 2924 - Ein eiskalter Deal
voller Narben, Dreck und Grind waren, fuhren immer wieder über den schmutzig gelben Bart.
»Wie sind Sie zu dem Mantel gekommen?« Phil stellte einen Fuß auf die Sitzfläche des Stuhls, auf dem Dukakis saß, und beugte sich dicht zu dem Mann herunter. »Der Mann, dem er gehörte, wird ihn in einer so kalten Nacht nicht freiwillig ausgezogen haben. Also!«
Dukakis wimmerte leise, er schniefte wieder.
»Kann ich etwas zu trinken haben?«, wollte er wissen.
»Kaffee, natürlich. Ich gebe gleich die Bestellung auf. Aber erst sagen Sie mir die Wahrheit.«
Phils Unerbittlichkeit wurde belohnt. »Er hatte den Mantel an, als er Sonntagnacht an mir vorbeiging. Er muss ihn unten am Fluss ausgezogen haben.«
Phil und ich blickten verständnislos auf den Mann vor uns.
»Von vorne. Was ist passiert?«
Ob es die Aussicht auf einen heißen Kaffee, die Hoffnung auf die baldige Freiheit der Straße oder etwas anderes war, in diesem Moment sprudelte es aus Dukakis nur so heraus. Und alles, was er sagte, machte unseren Fall noch komplizierter und undurchsichtiger, als er sowieso schon war.
***
»George Dukakis war in der Nacht von Sonntag auf Montag unten am Hudson River Park, wo er übernachten wollte. Er war schon halb eingeschlafen, da kam ein Wagen. Es muss ein Taxi gewesen sein. Dukakis hörte zwei Stimmen, eine Tür schlug zu, gleich darauf kam ein Mann an der Stelle vorbei, an der Dukakis versteckt lag. Der Mann trug einen dunklen, eleganten Mantel. Dukakis hat ihn dann aus den Augen verloren. Kurze Zeit später hörte er den Motor eines zweiten Wagens. Und nach einer Zeitspanne, die seiner Meinung nach ebenso gut fünf Minuten wie eine halbe Stunde sein könnte, fielen zwei Schüsse. Dukakis bekam Angst, er traute sich nicht aus seinem Versteck, um nachzusehen. Erst viel später schlich er sich in die Richtung, aus der seiner Meinung nach die Schüsse gekommen waren. Er fand im Gebüsch einen Herrenmantel. Teuer und vor allen Dingen sehr warm, in den Taschen das bereits Bekannte. Er nahm alles mit. Eine Leiche sah er nicht, doch in unmittelbarer Nähe stand ein Wagen. Dukakis konnte von seinem Standort aus nur erkennen, dass jemand darin saß. Er dachte, er sei beobachtet worden, und machte sich mit seiner Beute schleunigst aus dem Staub. Den Rest kennen Sie.«
Burke und Whithers hatten mir schweigend zugehört. Die Fingerspitzen der Beamtin tanzten auf der Tischplatte, sie hatte nachdenklich die Stirn gerunzelt. »Er müsste doch eigentlich auch den oder die Mörder gesehen haben. Wenn sie Baumann verfolgt haben, müssen er oder sie doch direkt an Dukakis’ Versteck vorbeigekommen sein.«
»Bei dem Alkoholpegel, den Dukakis in der Nacht hatte, ist er vielleicht wieder eingeschlafen«, gab ihr Partner Burke zu bedenken.
»Auch wieder wahr. Jetzt wird er sich erst einmal wegen des Überfalls verantworten müssen.«
»Wir benötigen den Mantel für die Spurensicherung. Spendieren Sie ihm einen Kaffee und achten Sie darauf, dass er zu unserer Verfügung bleibt. Wir haben seine Aussage protokollieren lassen und er gilt in unserem Mordfall momentan nicht als verdächtig. Aber vielleicht müssen wir ihn noch einmal befragen«, bat ich die beiden Beamten.
Bevor wir gingen, gab mir Julia Whithers noch eine Liste mit Restaurants. »Hier könnten Sie fündig werden, wenn die beiden tatsächlich in der Umgebung des Tatorts gegessen haben. Viel Glück!«
Ich bedankte mich und wir nickten den beiden Cops noch einmal zu, bevor wir gingen.
***
Nach dem Besuch im Polizeirevier beschlossen wir, zunächst das Hotel Sofitel aufzusuchen, in dem Frank Baumann eine Reservierung für zwei Tage getätigt hatte. Nachdem wir uns legitimiert hatten, bat uns die Empfangschefin, eine elegante Afroamerikanerin von Mitte vierzig, zu einer kleinen Sitzgruppe am Rande der Lobby. Dort gab sie uns mit gedämpfter Stimme Auskunft.
»Mister Baumanns Reservierung wurde von seinem Büro aus getätigt, seine Ankunft war uns für gestern früh angekündigt. Als er bis zum Abend nicht erschien und auch keine Stornierung eintraf, haben wir entsprechend unseren Gepflogenheiten die angegebene Kreditkarte belastet.«
»Können Sie uns die Reservierung zeigen?«, fragte ich.
Sie zögerte kurz, bevor sie nickte. »Warten Sie bitte einen Moment, ich hole die Unterlagen.«
Während wir warteten, beobachtete ich die Hotelgäste, die durch die Lobby gingen.
»Hier sehen die meisten Gäste aus wie Geschäftsreisende«, sprach Phil meine Gedanken
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