Jerry Cotton - 2924 - Ein eiskalter Deal
alles wieder in den Koffer zurück. Wir versiegelten das Hotelzimmer. Den Koffer und seinen Inhalt nahmen wir vorsichtshalber ins Field Office mit, um ihn dort noch einmal gründlich untersuchen zu lassen.
***
Unser nächster Weg führte uns in die Gerichtsmedizin. Ein uns bis dahin unbekannter Pathologe, ein großer, leicht gebeugter Mann mit einem dünnen Kranz blonder Haare und einer randlosen Brille war in diesem Fall unser Ansprechpartner.
»Die beiden Toten sind um Mitternacht herum in unmittelbarer zeitlicher Nähe erschossen worden. So kurz hintereinander, dass ich nicht sagen kann, wen von beiden es zuerst erwischt hat«, teilte uns Doktor Grafton nach einer kurzen gegenseitigen Vorstellung mit.
»Aber das ist noch nicht alles.« Er hob die Augenbrauen und sah uns an wie der Quizmaster einer Fernsehsendung seine Kandidaten.
»Die beiden haben sich höchstwahrscheinlich gekannt. Es sieht alles danach aus, als hätten sie am Abend vor dem Mord miteinander gegessen.«
»Sie hatten denselben Mageninhalt?«, fragte ich verblüfft.
»So ziemlich. Wir konnten bei beiden marinierte Oliven, Lammfleisch und Rotwein finden. Darüber hinaus hatte die weibliche Leiche vor ihrem Ableben grüne Bohnen und irgendeinen Reispudding im Magen, der Mann Auberginen. Und außerdem konsumierte er Kaffee und eine kleine Menge Brandy.«
»Welche Zeitspanne lag zwischen dem Essen und den Morden?«, wollte ich wissen.
»Vermutlich eine halbe, höchstens eine Stunde.«
»Dann können wir wohl davon ausgehen, dass die beiden in einem Restaurant, vielleicht mit mediterraner Note, in der Nähe des Fundortes der weiblichen Leiche gegessen haben.«
»Nach einer Sushi Bar suchen Sie jedenfalls nicht, Agent Cotton.« Der Pathologe lächelte kurz und freudlos, bevor er fortfuhr. »Die Frau wurde aus nächster Nähe erschossen, direkt in die Schläfe. Der Mann aus mehreren Metern Entfernung von hinten.«
»Könnte passiert sein, als er fliehen wollte«, murmelte Phil.
»Agents, Sie suchen vermutlich nach einem erfahrenen Schützen, der genau wusste, wohin er zielen musste.«
Wir bedankten uns, und noch während des Weges zurück in unser Büro rief ich bei der Spurensicherung an. Was sie uns sagten, passte nicht zu meiner ersten Überlegung.
»Keine Spuren von Frank Baumann in Doris Finzackers Wagen. Aber die allgemeinen Spuren am Tatort weisen darauf hin, dass Frank Baumann tatsächlich am selben Ort wie Doris Finzacker getötet wurde. Leider hat der Täter dabei nichts hinterlassen, was uns zur Identifizierung dienen kann«, informierte ich Phil.
»Die beiden Ermordeten haben zusammen gegessen, sind zur gleichen Zeit und am gleichen Ort erschossen worden, aber nicht gemeinsam dorthin gefahren? Sehr merkwürdig.«
»Du sagst es. Da Baumann keinen Leihwagen gemietet hat, kann er nur mit einem Taxi zum Hudson River Park gekommen sein. Aber warum essen ein Mann und eine Frau zusammen und kommen auf getrennten Wegen an so einem Ort wieder zusammen?«
»Vielleicht waren die beiden ein Paar. Sie gehen aus, fahren mit ihrem Wagen in ein Restaurant. Während des Essens kommt es zu einem Streit. Sie fährt wütend davon, will alleine sein. Er folgt ihr mit einem Taxi und in der Hoffnung auf Versöhnung.«
»Versöhnung? Nachts an so einem Ort? Und die beiden laufen dann ihrem Mörder zufällig über den Weg?«
»Tja, Jerry, das Leben kann manchmal seltsame Wege gehen. Aber an einen Zufall glaube ich auch nicht unbedingt. Aber denk mal an die Waffe. Sie gehörte vielleicht Baumann selbst?«
»Worauf willst du hinaus?«
»Eine mögliche Theorie wäre folgende: Die beiden werden bei ihrer Versöhnung dort unten mitten in der Nacht überfallen, jemand will an das Geld. Baumann hat die Waffe gezückt, der oder die Täter überwältigen ihn und erschießen seine Freundin. Er versucht zu fliehen, sie sind schneller und erwischen ihn ein paar Meter vom Auto entfernt.«
»Würde die Distanz, die zwischen ihnen lag, erklären und auch das Loch in Baumanns Hinterkopf. Fragt sich nur, wie er die Waffe hierher einschmuggeln konnte.«
»Er war nicht zum ersten Mal in New York und es scheint, als habe er einschlägige Verbindungen.«
»Und der Mord in Las Vegas? Bei dem dieselbe Waffe benutzt wurde?«
»Das ist der einzige Punkt, für den ich noch keine Erklärung habe«, gab Phil zu. »Es sei denn, Baumann selbst hätte den Mord dort begangen. Oder Doris Finzacker, wenn nicht ihm, sondern ihr die Waffe gehört hat.«
Wir sahen uns kurz
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