Jerusalem: Die Biographie (German Edition)
aufeinander abzustimmen. Amalrich und seine ägyptischen Verbündeten standen kurz vor der Einnahme Kairos, als Nur al-Dins Heerführer Schirkuh zurückkam. Der König sagte weitere Zahlungen zu und trat den Rückzug an.
Als Amalrich in Gaza erkrankte, bat er seine ägyptischen Verbündeten, ihm ihre besten Ärzte zu schicken – er bewunderte die orientalische Medizin. Mit dieser Aufgabe betrauten die Ägypter einen der jüdischen Ärzte des Kalifen, der zufällig gerade erst aus Jerusalem zurückgekehrt war. [105]
Moses Maimonides: Der Führer der Unschlüssigen
Maimonides weigerte sich, den Kreuzfahrerkönig zu behandeln, was vermutlich ein geschickter Schachzug war, da er erst kurz zuvor in das fatimidische Ägypten gekommen war, dessen Bündnis mit Jerusalem sich als kurzlebig erweisen sollte. Maimonides war als Flüchtling vor der muslimischen Verfolgung aus Spanien gekommen, wo das goldene Zeitalter jüdisch-muslimischer Kultur weitgehend vorüber war. Spanien war nun gespalten zwischen aggressiven christlichen Königreichen im Norden und dem muslimischen Süden, den fanatische Berberstämme, die Almohaden, erobert hatten. Sie hatten die Juden vor die Wahl gestellt, zu konvertieren oder zu sterben. Der junge Maimonides hatte 1165 vorgegeben, zu konvertieren, war aber geflüchtet und nach Jerusalem gepilgert. Am 14. Oktober, im jüdischen Monat Tischri, der mit dem jüdischen Neujahrsfest und dem Versöhnungstag beliebt war für Jerusalemwallfahrten, stand Maimonides mit seinem Bruder und seinem Vater auf dem Ölberg. Als er von dort den Berg des jüdischen Tempels zum ersten Mal sah, zerriss er rituell seine Kleider – und führte später genau aus, wann der jüdische Pilger seine Kleider mit wie vielen Rissen zerreißen (und mit wie vielen Stichen später flicken) sollte.
Als Maimonides die Stadt im Osten durch das Jehoshaphat-Tor betrat, fand er ein christliches Jerusalem vor, aus dem Juden immer noch offiziell verbannt waren – tatsächlich lebten aber in der Nähe des Davidsturms vier jüdische Färber unter königlichem Schutz. [145] Maimonides trauerte um den zerstörten Tempel, dessen Heiligkeit sich jedoch bewahrt habe. Wenn er schreibt, er sei in den großen, heiligen Tempel gegangen und habe gebetet, so klingt das, als habe man ihm erlaubt, am Felsen im Tempel des Herrn zu beten (wie es bei Muslimen wie Usama ibn Munqidh der Fall war), obwohl er später jeden Besuch auf dem Tempelberg untersagte – eine Regel, die manche orthodoxen Juden bis heute befolgen. [146]
Anschließend ließ Maimonides sich in Ägypten nieder, wo die Araber ihn als Musa ibn Maymun kannten. Er machte sich einen Namen als Universalgelehrter, verfasste Werke auf so unterschiedlichen Gebieten wie Medizin und jüdischem Recht – darunter sein Meisterwerk Der Führer der Unschlüssigen , das Philosophie, Religion und Naturwissenschaften verknüpfte – und war als königlicher Leibarzt tätig. Aber in Ägypten herrschte Chaos, als Amalrich und Nur al-Din um die Vorherrschaft über das belagerte Fatimidenkalifat kämpften. Amalrich war unermüdlich – aber glücklos.
Der syrische Herrscher Nur al-Din hatte gerade Jerusalem eingekesselt, als sein Amir Schirkuh 1169 den Kampf um Ägypten gewann. Unterstützung hatte Schirkuh von seinem jungen Neffen: Saladin. Als der beleibte Schirkuh 1171 starb, übernahm Saladin die Herrschaft in Ägypten und ernannte Maimonides zum Rais al-Yahud – Haupt der Juden – und zu seinem persönlichen Leibarzt. In Jerusalem rückte das Leiden des Thronerben die Medizin in den Mittelpunkt. [106]
25
Der aussätzige König
1174 – 1187
Wilhelm von Tyrus: Der königliche Erzieher
König Amalrich ernannte Wilhelm von Tyrus zum Erzieher seines Sohnes Balduin. Wilhelm mochte den Jungen sehr, der als Neunjähriger in seine Obhut kam:
Daneben machte er jedoch in den Wissenschaften gute Fortschritte und zeigte von Tag zu Tag schönere Anlagen, die zu den besten Hoffnungen berechtigten. Er war aber von jugendlich schöner Gestalt, und war im Reiten und Lenken der Pferde gegen die Art seiner Voreltern sehr gewandt, er hatte ein treues Gedächtnis …
Wie sein Vater besaß der Junge »einen schnellen Geist, aber eine langsame Rede, war ebenfalls ein großer Freund der Geschichte und war stets geneigt, auf heilsamen Rat zu hören« – also wohl auf den Rat Wilhelms. Der Junge spielte gern, und bei dieser Gelegenheit fiel seinem Lehrer seine Erkrankung auf:
[Da] geschah es, wenn die edlen Knaben,
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