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Jesses Maria - Hochzeitstag

Jesses Maria - Hochzeitstag

Titel: Jesses Maria - Hochzeitstag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carla Berling
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haben wir dann Schrottwichteln eingeführt. Jeder musste ein unsinniges Geschenk kaufen, das höchstens einen Fünfer kosten durfte. Die Päckchen wurden nummeriert und dann haben wir Lose gezogen. Keiner wusste, wer welchen Schrott gekauft hatte, und manchmal war es wirklich lustig, wenn ein Teil den Falschen erwischte. Tante Anni hat mal ne Großpackung rote Kondome bekommen und unser Opa einen Slip mit Elefantenrüssel vorne. Tamara, einzige Nichtraucherin in der Familie, besaß durch das Schrottwichteln mehrere Blech-Aschenbecher, und unser Vatti freute sich, wenn er das Klopapier mit aufgedruckten Hundertmarkscheinen bekam.
    In diesem besagten Jahr aber ging es uns allen finanziell ganz gut und wir schenkten noch „richtig“ und die Geschenke fielen ein bisschen üppiger aus.
    Als unser Mutti mit hochgezogenen Augenbrauen den großen Briefumschlag nahm, den unser Vatti ihr mit den Worten: „Hier, Muttichen, das ist von mir!“, reichte, frohlockte sie: „Mensch, Vatti, du schenkst mir doch wohl kein Geld für einen Geschirrspüler?“ Dabei zwinkerte sie ihn fröhlich an.
    Vatti sagte: „Geschirrspüler? So was brauchen wir nicht, wir haben hab doch dich.“
    Wir fanden das nicht lustig, lachten aber dennoch.
    Muttis Vermutung war naheliegend gewesen, denn Vatti schenkte gern praktisch. Im Jahr davor hatte sie ein riesiges „Leifheit Bügelcenter“ bekommen. Und das Jahr davor gab es ein Bidet fürs Badezimmer. Unser Vatti hatte es fast umsonstergattert, als der Sanitärladen an der Mindener Straße pleite ging und Räumungsverkauf machte. Das Bidet stand unterm Tannenbaum, nicht eingepackt, aber immerhin hatte unser Vatti eine Schleife drumgezurrt. Unser Mutti wusste nicht, was das für ein Ding ist. Da wurde Vatti sauer und fauchte sie an: „Da kannste Socken drin waschen!“
    Unser Mutti lächelte glücklich: „Oh, wie praktisch, dankeschön!“
    „Wenn du mir je sowas schenkst, und in diese Kategorie gehören auch Schnellkochtöpfe, Mikrowellen und Fußbadewannen mit Massagefunktion, dann ist das definitiv ein Scheidungsgrund!“, hab ich zu Manni damals leise gesagt. Das hat er sich gemerkt. Er schenkte mir zu Weihnachten meistens die Reizwäsche aus der C&A-Werbung oder Parfüm. Ich schenkte ihm gern SOS. Socken, Oberhemden, Schokolade.
    Jedenfalls fummelte Muttichen an besagtem Heiligabend mit zitternden Händen den Umschlag auf und zog ein Formular heraus. Sie kniff die Augen zusammen.
    „Was ist das?“
    „Muttichen, lies doch!“
    Es war ein Reisegutschein. Eine Woche Paris für zwei Personen mit Brunshus Busreisen. Hin- und Rückfahrt mit Imbiss im Luxusreisebus mit WC an Bord, inklusive Übernachtung und Frühstück, Lichterfahrt mit dem Schiff auf der Seine und einer Stadtrundfahrt. Unser Mutti fiel die Kinnlade runter. Unser Vatti klemmte die Daumen hinter die Hosenträgerund sagte: „Tja! Da staunste, was?“
    „Wann… wann müssen wir denn fahren?“
    „Im März. Alles schon gebucht.“
    „Aber Vatti, so lange im Voraus … Wer weiß, ob ich bis dahin noch lebe!“
    „Dann krieg ich das Geld wieder, ich hab natürlich eine Reiserücktrittskostenversicherung mit abgeschlossen.“
    „Vatti, ich möchte nicht nach Paris, ich kann kein Französisch und… und ich weiß nicht, ob ich das Essen da vertrage und außerdem haben die so komische Klosetts, nur ein Loch, in das man alles reinfallen lassen muss, ich hab das mal bei Eva Hansmeier im Lottoladen gehört von jemandem, der da schon mal war, und die Franzosen sind so schrecklich ausländerfeindlich, das weiß man doch und sowieso: Das ist doch viel zu teuer!“
    „Unsinn, Muttichen. Und außerdem ist das ein Geschenk, da fragt man nicht nach dem Preis. Wir fahren nach Paris. Da wollt ich immer schon mal hin.“

Liebe ohne Leiden
    Das ist ein schönes Lied. Udo Jürgens singt es gemeinsam mit seiner Tochter Jenny, und ich muss immer ein bisschen weinen, wenn ich es höre. Es geht darum, wie es ist, wenn die Kinder größer werden und aus dem Haus gehen. Das muss man als Eltern können, Kinder loslassen. Und man muss es aushalten, sie gehen zu lassen.
    Wenn man sie bekommt, kann man sich zuerst nicht vorstellen, wie das Leben nun sein wird mit einem Kind. Und sobald sie erwachsen werden, kann man sich nicht mehr vorstellen, wie es je ohne sie sein wird.
    Als ich zum ersten Mal schwanger war, hatte ich große Angst, dass ich bei der Geburt etwas falsch mache. Danach hatte ich Angst, mit dem Baby was falsch zu machen. Als es

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