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Jesus von Nazaret

Jesus von Nazaret

Titel: Jesus von Nazaret Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alois Prinz
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einen märchenhaften Palast nahe Jericho und vor allem den gewaltigen Tempel von Jerusalem. Tausende von Juden fanden so Arbeit und konnten ihre Familien ernähren. Herodes, den der Geschichtsschreiber Flavius Josephus »Herodes der Große« nennt, senktesogar die Steuern und half in Zeiten von Missernten. Indes – alle diese Wohltaten nutzten ihm nichts. Er blieb ein ungeliebter, von vielen gehasster König.
    Das machte ihn mit den Jahren zu einem verbitterten, misstrauischen und hemmungslosen Tyrannen. Überallhin sandte er seine Spitzel aus, um zu erfahren, was über ihn geredet wurde oder ob gegen ihn eine Verschwörung im Gange war. Der geringste Verdacht genügte, um jemand foltern oder hinrichten zu lassen. Keiner war sicher davor, verleumdet zu werden. Und wer bei Herodes in der Gunst stand, konnte im nächsten Moment zum Verräter erklärt werden. Für jede üble Nachrede, für jedes Gerücht hatte er ein offenes Ohr. Und bald wurde er schier verrückt vor lauter Verdacht und Argwohn.
    Vor allem das Königshaus selber glich einem Tollhaus. Zehn Mal hatte Herodes geheiratet und seine Frauen und seine zahlreichen Kinder heckten dauernd Intrigen aus, um sich gegenseitig auszustechen. Schließlich kam es so weit, dass Herodes seine Ex-Frau Mariamne, an der er besonders hing, und zwei seiner Söhne umbringen ließ. Doch auch diese Morde konnten sein krankhaftes Misstrauen nicht beruhigen. »Von jetzt an«, so heißt es bei Flavius Josephus, »war er vor Angst wie außer sich. Der leiseste Verdacht regte ihn auf; er ließ viele Unschuldige zur Folter schleppen, um nur ja keinen Schuldigen zu übergehen.« 8
    Als junger Mann war Herodes ein bewunderter Reiter, ein unbesiegbarer Ringkämpfer und ein meisterhafter Bogenschütze gewesen. Als alter, fast siebzigjähriger Mann war er ein körperliches und seelisches Wrack, überall witterte er Feinde und seine Willkür und Grausamkeit kannten keine Grenzen. Er ließ dreihundert Soldaten hinrichten, die Sympathie mit seinen getöteten Söhnen zeigten. Sechstausend Schriftgelehrte, Angehörige der Schule der Pharisäer, bezahlten es mit ihrem Leben, dass sie sich weigerten, einen Treueeid gegenüber dem König abzulegen, den Herodes von seinem ganzen Volk verlangte.
    Diese Pharisäer hatten behauptet, die Zukunft voraussehen zu können, und hatten geweissagt, Herodes werde nach göttlichem Ratschluss seine Herrschaft verlieren und ein anderer König werde an seine Stelle treten. Solche Prophezeiungen machten Herodes rasend, und er drohte jedem mit dem Tode, der den Reden der Pharisäer Glauben schenken sollte. 9 Der Wunsch nach einem neuen König, einem Messias, der das Land von den gottlosen Besatzern befreiten würde, war im ganzen Volk verbreitet und wurde nur noch stärker, je brutaler Herodes ihn auslöschen wollte.
    Herodes war ein schwer kranker Mann. Sein Körper war mit Geschwüren bedeckt, ein unerträglicher Juckreiz quälte ihn, er hatte andauerndes Fieber und Atembeschwerden machten ihm das Liegen unmöglich. Erhatte Angst vor dem Tod, aber noch mehr ängstigte ihn der Gedanke, dass sein Volk sich über seinen Tod freuen würde. Er befahl daher, Tausende der vornehmsten Juden im Stadion von Jericho einzuschließen und von Bogenschützen bewachen zu lassen. Wenn dann sein eigenes Ende komme, sollten alle Eingeschlossenen mit Pfeilen getötet werden, damit bei seinem Tod im ganzen Land Trauerstimmung herrsche. 10
    Dieser Befehl wurde nicht ausgeführt. Als Herodes im Jahre 4 v. Chr. starb, wurden die gefangen gehaltenen Juden freigelassen. Nun brachen überall im Land Unruhen aus, die getragen waren von der lange unterdrückten Sehnsucht nach einem einheimischen Befreier.
    Ein ehemaliger Sklave des Herodes namens Simon scharte einen Haufen verwegener Gestalten um sich, die ihn als König verehrten und plündernd von Ort zu Ort zogen. Noch schlimmer trieb es der Schafhirte Athronges, der sich ebenfalls als neuer König feiern ließ und mit seiner Meute römische Soldaten angriff. Ein gewisser Judas ging sogar so weit, dass er mit Waffen gegen alle kämpfte, die eine weltliche Herrschaft anstrebten, wobei er selber vermutlich nur eine Herrschaft Gottes hinnehmen wollte. Alle diese Abenteurer wurden schließlich von den Römern gefasst und hingerichtet. 11 Und die Herrschaft über Palästina wurde unter den

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