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Jesuslatschen - Größe 42

Jesuslatschen - Größe 42

Titel: Jesuslatschen - Größe 42 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rüdiger Paul
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etwas
heruntergekommenen Zustand sein soll. Trotzdem möchte ich diese Unterkunft
einmal ansehen, da ich heute schon einen schönen Stiefel gegangen bin. Die
Fassade stimmt schon einmal nicht mit meinen Erwartungen überein. Im Gegenteil,
das kleine Häuschen sieht sehr einladend aus. Am Eingang bestätigt ein bemuscheltes Schild, dass dieses hier die Pilgerherberge
von Miaz ist. Die Pilgerunterkünfte sind freundlich
und hell gestaltet, und deren Einrichtung ist sehr zweckmäßig.
    Das
sind dann so die kleinen Überraschungen, welche dem müden Wanderer ganz
unvermittelt ereilen. Verstreut liegen Sachen auf den Betten, aufgeschnürte
Rucksäcke machen es sich in den Ecken bequem. Kein Mensch ist zu sehen. Nachdem
ich abgesattelt habe und schon mit einem Bett liebäugle, interessiert es mich
schon, wo sich die anderen Bewohner des Hauses aufhalten. Durch einen weißen
Flur gelangt man zu einer Tür nach draußen in einen Garten.
    Um
einen Tisch herum sitzen ganz locker und entspannt Klaus, Claudio, Patricia I
und Patricia II sowie die Herbergseltern. Wer sonst? Die Überraschung ist
gelungen, als ich diese Runde da habe sitzen sehen. Mit freudigem Hallo und
einer ungetrübten Wiedersehensfreude begrüßen wir uns wie alte Freunde. Am
Tisch sitzen genau die vier Leute, mit denen ich zusammen sein möchte. Schon
die ganzen letzten Tage habe ich gehofft, ihnen noch einmal zu begegnen.
Zwischen uns hat in der kurzen Zeit unserer Begegnungen ein einmaliger
Austausch stattgefunden. Und das auf mehreren Ebenen, nicht nur die reinen
Wegerfahrungen betreffend. KPC+P haben sich in den letzten Tagen um mein
Ergehen gesorgt, wo mag Rudi abgeblieben sein? Ist alles in Ordnung? Taucht er noch
einmal auf? Das waren so die Fragen, welche Klaus & Co. sich stellten.
    Auch
die vier haben eine ganz andere Herberge erwartet und sind über das
Vorgefundene genauso freudig überrascht. In der Mitte des Tisches steht ein
großer Krug mit frisch gezapftem Bier. Die Einladung, mit ihnen gemeinsam einen
Becher zu leeren, nehme ich wohlwollend an. Nach den Strapazen des Tages ein
Genuss für Leib und Seele.
    Der
Grund für den beeindruckenden Jetztzustand dieser Herberge ist folgender.
Englische Pilger haben den trostlosen Zustand dieses Gemäuers am eigenen Leibe
erfahren. Zurück in der englischen Heimat, haben sie sich an den „Bishop of Canterbury“ gewandt. So ist ein nachahmenswertes
Pilgerprojekt entstanden. Und zwar wurde ein Verein gegründet. Dieser saniert
die Pilgerherberge vorwiegend mit Spendengeldern und Mitgliedsbeiträgen. Für
Mitglieder dieses Vereins ist in diesem Haus ein kleines Zimmer eingerichtet.
Im vierzehntägigen Rhythmus beziehen Mitglieder diese Räumlichkeiten,
verbringen hier in dieser herrlichen Heidelandschaft ihre Zeit. Dabei kümmern
die Herrschaften sich gleichfalls um das Haus und natürlich um das Wohl der
Pilger. Welche für den Weg gerade hierher belohnt werden.
    Somit
schließt sich der Kreis wieder einmal. Die Neumarktkirche in meiner Heimatstadt
Merseburg trägt den Namen „St. Thomae Cantuairensis “.
In dieser Kirche ist, wie eingangs erwähnt, eine Pilgerherberge integriert. Der
Patron der Kirche ist Thomas Becket von Canterbury. Er war Erzbischof von
Canterbury und wurde 1170 in seiner Kathedrale ermordet und bereits 1173 heilig gesprochen . Eine Plastik des „Heiligen Thomas“,
erschaffen von der Künstlerin Gabriele Messerschmidt, befindet sich direkt
neben dem Triptychon in der Neumarktkirche. Sie stellt den viergeteilten Körper
des Heiligen dar. Genau die Stelle, an welcher der Heilige Thomas ermordet
wurde, findet wiederum im Buch „Moby Dick“ von Herman Melville eine Erwähnung.
Eigenartigerweise bin ich diesem Wal auf meinem Weg schon des Öfteren nahe
gewesen.
     
    Die
derzeitigen „Herbergseltern“, Mr. und Mrs. Sayda , lassen uns vom ersten Augenblick an dazugehören.
Patricia I und Patricia II kochen für alle zusammen italienisch, Pasta „Frutti
del Mare“ und natürlich Pizza, dazu gibt es Birnen und Schokolade. Klaus gibt
vor dem Essen ein musikalisches Solo, allein mit einem Messer und Tönen aus
seinem Mund erzeugt. Nun kredenzen Klaus und Patricia I allen das Mahl wie ein
Festessen, der Freude über unser Wiedersehen durchaus würdig. Jeder steuert
etwas bei, und so bekommt dieser Abend in Miraz einen
festlichen Glanz. Sich dieser Festlichkeit bewusst, bringt Mr. Sayda mittels Kamm und den zuvor angefeuchteten
Handflächen, vor einem Selbstauslöser-Foto von

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