Jesuslatschen - Größe 42
Fotos sieht man die Anlieferung des Blocks,
die Grobbearbeitung mittels Winkelschleifer, die eigentliche Feinarbeit und auf
dem letzten Bild schwebt dieser tonnenschwere Kamerad am Kranhaken über die
Mauer. Ähnlich Pink Floyds Markenzeichen, dem fliegenden Schwein. Mit den
Resten von diesem Marmorblock hat er eine „Weiße Mauer“ aufgeschichtet.
Ein
weiteres Auftragswerk ist ein Tisch, der mit einer 2 x 1,5 m großen und
fünfzehn Zentimeter starken Granitplatte gefertigt ist. Er räumt eine Ecke des
Tisches frei und zeigt mir einige Details. Der Tisch ist ringsum sehr aufwändig
mit keltischen Symbolen verziert. Alle plastisch in die Platte
hineingearbeitet, ein echtes Schmuckstück. Wie lange wird dieser Tisch leben?
„Nur Steine leben lang“
Hans Harz
In
unserer Unterhaltung kommen wir unweigerlich auf Salvador Dalí zu sprechen. Die
Augen des Steinmetzes blitzen kurz auf, und er gerät ins Schwärmen. Sofern das in
einer Halbundhalb -Sprache geht. Der Bildhauer ist ein
Verehrer dieses katalanischen Surrealisten. Er erklärt mir, dass er mit einem
ebenso verrückten Maler, einem Freund, zusammen arbeitet. Da der Freund eine
sprudelnde Fantasie hat, liefert er größtenteils die Ideen und Vorlagen für
seine steinernen Kunstwerke. Seine Hände können das umsetzen, fantastisch. Als
wir zum Ausgang kommen, spreche ich ihn auf die Schwerter rechts und links
neben der Tür an. Er weist auf die Inschriften, welche neben den Schwertern in
den harten Stein gemeißelt sind.
„EU SON QUEN PRIMEIRO TE VE“ (links)
„EU QUEN TE VE MAIS TEMPO“
(rechts)
Diese
Inschrift hat mir Patricia übersetzt, sie lauten sinngemäß:
„DU BIST DER ERSTE DEN ICH
SEHE“
„DU BIST DER LETZTE DEN ICH
SEHE“
Soll soviel heißen wie, ich begrüße dich hier an der Tür,
und wir verabschieden uns auch wieder hier an dieser Pforte.
Vor
unserer Verabschiedung fällt mir noch das Schwert ein, das schon seit Naumburg
eines meiner wichtigsten Gepäckstücke ist. Das möchte ich dem Künstler
natürlich nicht vorenthalten. Die Information, dass Gabi dieses Unikat für mich
gefertigt hat, bringt ein verständnisvolles Lächeln in sein Gesicht.
Zwischen
den Schwertern der Pforte reichen wir uns die Hände. „Adiós“ und „Buen Camino“,
eine unbeschreibliche Freude erfüllt mich in dem Moment.
An
der Mauer zur Straße steht folgender Denkspruch in Stein gehauen:
„LOS CAMINOS... NO TIENEN FINAL
NUESTROS PASOS SI...“
Frei übersetzt bedeuten diese
Worte:
„DIE WEGE HABEN KEIN ENDE,
ABER DIE SCHRITTE SIND
ENDLICH...”
Der
Künstler hat schon Recht, mit dem Geschaffenen kann er noch viele Jahre den Weg
beleben, er steckt sich neue Ziele und setzt seine Fantasien unsterblich in die
ihm gegebene „Sprache“ um. Eine Sprache, die jeder versteht. Er hat auf seine
ART dafür gesorgt, dass durch diesen kleinen Stopp an seiner Werkstatt, der Weg
für mich intensiver wahrgenommen wird. Seine Kunstwerke lassen mich davon
träumen, einmal selbst das Werkzeug in die Hand zu nehmen. Diese Sprache zu
erlernen. Einen vorsichtigen Versuch habe ich vor längerer Zeit schon
unternommen und war selbst vom Ergebnis überrascht. Nun stehe ich hier in der
Oma-Bar. Von mir so getauft, weil das Durchschnittsalter hier drin
fünfundsiebzig ist. Die Gäste, bis auf einen, sind Frauen mit vorwiegend
dunklen, gleichartig karierten Schürzen. Sie unterhalten sich lautstark quer
durch den großen, karg eingerichteten Raum, ein leichter Hall verstärkt das
Wortfetzendurcheinander noch. Für den Oma-Stammtisch ist es Unterhaltung, für
mich einfach nur Lärm. Der einzige Mann in dieser graumelierten Runde übersetzt
meine Bestellung. Er hat lange Jahre in England gearbeitet. Ich vernehme
nebenbei das Wort Sandwich, besinne mich auf den Grund meiner Anwesenheit in
dieser Bar und bestelle hungrig ein Sandwich. Wir einigen uns auf ein
Käse-Sandwich.
Bekommen
habe ich ein mittelgroßes Weißbrot. In der Mitte ist es aufgeschnitten und satt
mit trockenem Krümelschnittkäse belegt. Meine Mundwinkel sind ganz verzerrt, es
ist eine echte Herausforderung und wäre ohne Hunger nicht zu bewältigen. In
Köln hätte man gesagt: „ Ene halve Hahn is däät aver net .“ Nachdem ich das Brot
nun verschlungen habe, ist mir nicht unbedingt wohler, aber ich bin satt, pappesatt .
Der
Ort des Geschehens heißt übrigens Miraz . Im
Pilgerführer steht, dass die hiesige Herberge in einem schlechten,
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