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Jesuslatschen - Größe 42

Jesuslatschen - Größe 42

Titel: Jesuslatschen - Größe 42 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rüdiger Paul
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Kosmos gesponnen.
Dieses Werk ist für mich so unterschiedlich und vielseitig wie die bisherige
Wegstrecke. Das „Tor von Kiew“, dargeboten von keinem geringeren als Klaus
Burger, ist in diesem Moment für mich ein Vorgeschmack auf mein Eintreffen in
Santiago de Compostela.
    Das
klingt womöglich etwas Geschwollen, ist aber so. Hier, an diesem Platz in Miraz dargeboten, erhält diese Melodie etwas Feierliches,
den Weg Tragendes. So löst sich dann ganz allmählich unsere Runde auf, wir
verabreden uns zum morgigen gemeinsamen Frühstück.
     
    Buona
Notte, Claudio und Patricia.
    Gute
Nacht, Klaus und Patricia.
    Good
Night, Mr. und Mrs. Sayda .

Freitag, 12.05.2006
    Miraz   -   Sobrado dos Monxes
     
    Zeitig
bin ich auf den Beinen, die „Hausherrin“ hantiert schon mit dem Frühstück. Allmählich
findet jeder aus seiner Koje. Der Tag beginnt fast wie ein Familiensonntag zu
Hause. Das Bad ist dauerbesetzt, es wird hantiert, geklappert, gedeckt und dann
ruft der Kaffeeduft, wie ein Gong, alle zu Tisch. Im Hintergrund tönt sakrale
Musik. Klaus geht diese Musik sichtlich auf den Nerv, er bringt auch unverblümt
einige musikalische Ungereimtheiten zum Ausdruck, welche ich aber nicht
nachvollziehen kann. Es ist ein großer Unterschied, ob man Musik einfach nur
empfindet oder ob man sich mit ihr auf Schritt und Tritt auseinandersetzt.
Vergleichbar mit einem Psychiater, welcher unentwegt Menschen in Jacken steckt
oder einem Werkstoffprüfer, der morgens so ganz nebenbei im Vorbeigehen die
Schweißnähte einer Fußgängerbrücke inspiziert.
    Es
kommen Gespräche und Tagespläne in Gang, am Ende sind wir uns einig, die Etappe
heute kurz zu halten und uns am Abend im Kloster Sobrado dos Monxes zu treffen. Jeder am Tisch ist guter Dinge
und weiß die Gastfreundschaft der beiden Engländer zu schätzen. Nach angemessener
Verabschiedung hat uns der Weg wieder. Die ersten Kilometer laufen wir
zusammen. Eine helle Heidelandschaft tut sich vor uns auf, alles blüht und
wuchert, soweit der Blick die Natur freigibt. Der Schritt vom barfüßigen Klaus
wird durch Dornen auf dem Weg sichtlich zur Qual. Patricia und Klaus kommen
allmählich in ein anderes Schrittmaß. Wir verabreden uns für heute Abend, und
jeder geht seiner Wege. Felsige Nischen laden zum Pausieren, um diese herrliche
Ausblicke aufzunehmen. Die Ruhe vor dem Sturm. Denn nach dieser Etappe mündet
der einsame Küstenweg „Camino de Costa“ auf den „Französischen Weg“. Dieser
lässt laut Reiseführer auf wahre Pilgerströme schließen.
    Darüber
mache ich mir jetzt keine Gedanken, ich genieße einfach das mir momentan
Gegebene in vollen Zügen. Das Dorf Cabana liegt verschlafen an der Landstraße.
Um diese mittägliche Zeit sieht man kaum Menschen auf der Straße. Im
Vorübergehen sehe ich ein rosafarbenes Ferkel, gefolgt von einer fluchenden
Bäuerin, über einen Bauernhof rennen. Da ich etwas belustigt, aber auch
neugierig Zaungast dieser wilden Verfolgungsjagd bin, werde ich auf den Hof
gebeten. Die Bäuerin zeigt mir nun, nicht ohne Stolz, den Ursprung dieser
Ferkelei. Im Stall wimmeln etwa sechs Ferkel quiekend um eine Sau herum. Respekt.
    Weiter
geht es mitten durch diese ungewohnt helle Heide. Gelb überwiegt zu der Zeit
als Farbton. Ginsterbüsche durchziehen leuchtend die gesamte Gegend. Der Tag
hat sich gut entwickelt, die Zeit ist allgegenwärtig und geduldig. Um Patricia
und Klaus ein kleines Zeichen zu geben, versuche ich so gut es mit diesem
bescheidenen Werkzeug möglich ist, mit dem Pilgerstab das Tor von Kiew auf die
sandige Piste zu skizzieren. Das geschieht auch, um das gestrige Thema noch
einmal aufzugreifen. Das Thema geht mir beim Laufen nicht aus dem Kopf.
Sozusagen ein klassischer Ohrwurm, im wahrsten Sinne.
    Im
Solarium Natur liege ich in mitten von Ginstersträuchern. Eine Wohltat für
Körper und Seele. Eine Art Dämmerzustand hat mich erfasst, gerade an der Grenze
zwischen Wachsein und Schlaf. Es ist paradiesisch, wie im Traum. Immer wenn ich
die Augen öffne, sehe ich vor mir eine Bergkette, umrahmt von frischer farbiger
Natur, darüber blauer Himmel. Das Zirpen der Zikaden ist allgegenwärtig,
ansonsten erreichen mich Naturgeräusche aus allen Richtungen. Vordringlich der
Wind, welcher die warme Mittagsluft in den Gräsern und Zweigen schwingen lässt
und so die Heide hörbar macht. Da die Strecke heute mit ungefähr achtzehn
Kilometern Länge recht knapp gehalten ist, laufe ich wesentlich entspannter
weiter. Mir kommt der Tag

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