Jesuslatschen - Größe 42
unterstellt waren, konnten sie auch
selbst Steuern und Zölle erheben. Das führte dazu, dass die Tempelritter diese
Handelswege beherrschten, finanzkräftig und mächtig wurden. Gewissermaßen ein
Staat im Staate. In den Templerburgen und Festungen garantierten sie für Sicherheit
der Waren und Schätze. Die Templer entwickelten das erste Kreditsystem. Mittels
Schuldscheinen hatte man die Möglichkeit, an verschiedenen Orten Europas Waren
zu erwerben. Heute, im Jahr 2006, droht die Menschheit an der Abhängigkeit vom
modernen Bankwesen zu ersticken.
Die
Flusslandschaft am anderen Ufer entlang, ist vergleichbar mit einem Spreewald
im Kleinformat. Ein verzweigtes Delta lässt kleine Inseln und zahllose
Flussläufe entstehen. Am Ufer sind die Wurzeln der Auwaldbäume vom Fluss freigelegt, überall sprießt frisches Grün. Um die alte Bogenbrücke
und diese Flusslandschaft fotografisch festzuhalten, begebe ich mich an das
durchfeuchtete Ufer des Flusses. Die richtige Perspektive ist gefunden, es
fehlt nur noch ein halber Meter in Richtung Fluss. Nun kommt, was kommen muss,
kurz nachdem ich den Auslöser gedrückt habe, gibt der weiche Uferboden nach und
der linke Fuß rutscht ins Wasser. Eine schöne Bescherung, das Foto im Kasten,
dafür jede Menge Wasser im Schuh.
Etwas
weiter, auf einer seichten Anhöhe, thront eine Kirche. Auf deren flachen
Einfassungsmauer lege ich eine ausgiebige Trockenpause ein. An der Kirchenmauer
ist mit etwas Fantasie ein verwittertes Steingesicht mit einem Moosbart zu entdecken. Sicher blickt es schon Jahrhunderte
so in die Landschaft. Direkt unter mir sprudelt mit aller Kraft eine Quelle in
ein Quellbecken. Hier fließt Leben. Es kann sein, dass sie der Ursprung für all
das hier Geschaffene ist. Am Weg vor der Quelle steht ein modernes Granitkreuz.
Das könnte gut und gerne tausend Jahre an dieser Stelle „kreuzen“, ohne seine
Funktion und seine Form einzubüßen.
Der
Weg ruft, die Sachen verstaue ich im Rucksack, dann muss ich wohl oder übel mit
dem nassen Schuh weitertraben. Der Wald in dem ich jetzt laufe, riecht nicht
nur nach Wald, er duftet. Farben kommen mir entgegen wie auf einer Palette;
Kobaltblau, Hellblau, Orange, Gelb, Schneeweiß, Braun, Ocker und natürlich Grün
in allen Schattierungen. Diese Farbeindrücke und Düfte berauschen die Sinne.
Bloß
für die Ohren ist momentan nicht so viel übrig, die steten Schritte erzeugen
einen steinern knirschenden Ton, der wie ein Takt in einer Regelmäßigkeit zum
Ohr gelangt. Variiert wird er nur durch verschiedene Untergründe. Dazu raschelt
die Hose oder die Jacke etwas. Hinzu gesellt sich noch ein metallener Klang,
immer dann, wenn die Metallspitze des Pilgerstockes den Boden berührt. Ein
Geräusch begleitet mich an sonnigen Tagen in freier Natur ohne Unterlass, das
ist das Zirpen der Zikaden, dieser hohe geigende Ton aus hunderten Trommelorganen
legt einen Klangteppich über lange Strecken. So eintönig, dass mein Ohr diese
Töne meist einfach ausblendet. Da diese Tiere sehr sensibel auf die Veränderung
ihrer Lebensräume reagieren, nutzt man sie in der Landschaftsplanung oft als
Bioindikatoren. Also aufgepasst, wenn über lange Strecken dieses Zirpen
ausbleibt.
Mit
einem quietschfidelen Schuh komme ich in Baamonde an,
ein leerer Ort um diese mittägliche Zeit. Die Albergue ähnelt einer alten
Markthalle. Sie hat einen schönen Garten und bietet Platz für einhundert
Pilger. Pilger, wo seid ihr? Auf den Etappen sind pilgertägig nie mehr als zehn
Gleichgesinnte unterwegs. Es gab Tage, an denen habe ich nicht einen Vertreter
dieser legendenumwobenen Spezies zu Gesicht bekommen. Heute ist es noch zu
zeitig, um zu „herbergen“.
Im
Ort befindet sich das Museums-Wohnhaus-Restaurant des Dichters Victor Corral . Die Eingangstür ist verschlossen. Als ich gerade so
vor mich hingrummle , kommt eine junge hübsche Frau,
schaut mich an, öffnet die Tür und bittet mich hinein. So ohne weiteres gehe
ich eigentlich nicht unbedingt direkt den Frauen hinterher, in diesem Falle
aber nehme ich dankend an. Die Naturstein-Fassade des Hauses sieht in ihrer
Ursprünglichkeit interessant und einladend aus. Auch das ist eines dieser
Häuser, das auf sanften Hügeln in Irland Träume weckt. Der Gastraum erinnert an
meine eigene Sammlerleidenschaft. Es ist hier sehr gemütlich, der Raum ist voll
mit den verschiedensten Dingen, aber ohne Kram.
„Sammler sind glückliche
Menschen.“
Es
ist zu erkennen, dass der Künstler nicht nur
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