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Jesuslatschen - Größe 42

Jesuslatschen - Größe 42

Titel: Jesuslatschen - Größe 42 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rüdiger Paul
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macht süchtig.
    Ein
Kaffee und ein Croissant in einer kleinen, gerade geöffneten Café-Bar sind schon
eine morgendliche Gewohnheit. Ganz nebenbei schrillt hier um diese Zeit schon
heftige Rockmusik aus den Lautsprechern. So kann ein Tag auch mal beginnen.
Heute frühstücke ich mit den Handwerkern des Ortes.
    Im
weiten Bogen führt eine, um diese Zeit unbelebte, Landstraße am Kloster vorbei.
Aus dieser Perspektive hat man das ganze klösterliche Panorama im Blick. Das
Bild sieht in dem Moment ursprünglich aus. Die Zeit spielt keine Rolle. Das
gestern Erlebte und das Hier- und Jetzt-Gesehene bilden eine Einheit.
    Anselm
Grün beschreibt diese Momente als Ewigkeit welche in die Zeit einbricht. Die
Zeit wird dadurch leicht wie eine Feder.
     
    Der
Morgenkühle trotzend, sitze ich vor einer Dorfkapelle. Ein schöner Anblick, die
junge Sonne steht genau darüber. Gerade überholen mich Claudio und Patricia.
Dieses italienische Pilgerduo ist abends immer richtiggehend fertig. Am Morgen
düsen sie dann wieder los wie neu belebt. Vielleicht liegt es daran, dass
Claudio bei der Bahn arbeitet, sicher hat er sich seinen inneren Fahrplan
erstellt und reguliert sich auf diese Weise. Oder haben sie noch eine andere
Energiequelle? Wer weiß.
     
    Man
weiß einfach zu wenig von den Mitpilgern, mir ist die Zeit zu knapp. Ich
brauche, bedingt durch die Sprachbarriere, viel Zeit zum Verstehen. Somit fehlt
die Zeit zum Austauschen. Die wahren Gedanken kommen immer erst unterwegs, wenn
ich über den Vortag nachsinne. Bloß, was will ich denn wirklich wissen. Sie
sind Wegbegleiter, reicht das nicht?
    Das
Laufpensum ist nicht so hoch geschraubt. Heute möchte ich einfach nur gesunden
Fußes nach Arzúa kommen. So gibt sich auch der Rest des Körpers gelassen, es
ist eine entspannte Wanderung durch Streusiedlungen und kleine Dörfer, welche
hier in der Natur versteckt sind. Am zeitigen Nachmittag treffe ich in Arzúa
ein. Mir wird sofort bewusst, was hier anders ist als in all den Orten, welche
ich auf dem Weg durchquerte. Pilger gehören hier und ab jetzt zum Stadtbild.
    In
der Herberge geht es recht munter, um nicht zu sagen hektisch, zu. Es befinden
sich so viele Pilger hier, wie ich sie in den ganzen drei Wochen nicht gesehen
habe. Der Grund hierfür ist, dass in Arzúa der „Camino del Norte “
auf den „Camino Francés“ trifft, welcher den Hauptpilgerstrom mit sich führt.
Die Herberge ist modern und stilvoll, aber schon am Nachmittag zu zwei Dritteln
belegt. Rüdi , hör bitte auf dich zu wundern, du
kannst doch nicht pilgern und dann über die Pilgermassen erstaunt sein. Das ist
ja fast so, als ob man nach Griechenland fährt, und sich dann über die dortigen
Ausländer mokiert. Eine ähnliche Begebenheit ist mir einmal
unverständlicherweise geschildert worden.
    Da
heute Samstag ist, sind auch viele Ortsbewohner auf den Straßen. Ein munteres
Völkchen auf dem zentralen Platz. Dort findet gerade eine Kommunion statt. Vor
der Kirche sieht man vorwiegend festlich gekleidete Leute. Zurückversetzt
erinnere ich mich an unsere Familienfeste aus meinen Kindertagen. Die
Erwachsenen sind ganz anders, sie geben sich anders. Auch die Kinder bewegen sich
in ihrer Sonntagskleidung festlich und doch spielen sie. Beiden entspringt
Würde, dem Tag gebührend. Ich gehe in die Kirche hinein, dort wird fleißig
geprobt, das heißt, der Chor übt aufgeregt noch einmal die Einsätze. Ich
konzentriere mich auf das Orgelspiel, da der Organist einfach spielt und nicht
üben muss.
    Ein
kleines Restaurant bietet mir ein köstliches Mahl. Makkaroni, Kabeljau, Tarta Santiago und Espresso. Dieser Kaffeeextrakt wird
immer mehr zum Lebenselixier. Später treffe ich in diesem Gewimmel Claudio und
Patricia II, und gleich darauf Klaus und Patricia I. Patricia berichtet ganz
aufgeregt von einer Hunderettungsaktion.
    In
einem Internetcafé sitzen wir und werten den bisherigen Tagesverlauf aus. Klaus
ruft seine Homepage auf und gibt mir einige Hörproben von seiner komponierten
Musik. Gefällt mir, klingt irgendwie „ büdihaft “, was
Klaus auf der Tuba und auf dem Didgeridoo zum Besten
gibt. Er möchte mir eine seiner komponierten CDs zukommen lassen, sobald er zu
Hause ist.
    Am
Tisch erklingen wunschgemäß „Bilder einer Ausstellung“ von Mussorgsky aus
seinem Improvisations-Repertoire. Eigentlich erklingen sie nicht, sie
erscheinen förmlich vor mir. Gerade diese Musikstücke verbinden mich eng mit
der Jugendzeit. So zum Beispiel gab es Versionen

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