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Jetlag

Jetlag

Titel: Jetlag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edna Schuchardt
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einhundertsechsundachtzig Zentimeter ihres Sohnes Bertram nichts ändern. Man hatte automatisch den Eindruck, daß er hinter der Machtfülle seiner Mutter verschwand.
    "Da bist du ja." Leichte Verärgerung schwang in Hilde-Maries Stimme, als Claire den Raum betrat. Sie streckte der zukünftigen Schwiegertochter auffordernd die Hand entgegen, während sich ihr Sohn Bertram automatisch noch ein bißchen mehr in sich selbst zurückzog. Man sah ihm deutlich an, daß er es nicht gewohnt war, im Mittelpunkt zu stehen, jedenfalls nicht, im Beisein seiner Mutter. "Wie schön, daß du endlich wieder da bist. Wir haben dich vermißt. Drei Monate sind eine lange Zeit, besonders, wenn man sie in einem fremden Land verbringt."
    Das war Hilde live! Diese Frau schaffte es, eine drei Seiten lange Anklageschrift, gespickt mit Vorwürfen in nur drei Sätze zu verpacken und dabei auch noch huldvoll zu lächeln.
    Claire schluckte mühsam ihren Zorn hinunter, während sie ihrer zukünftigen Schwiegermutter einen angedeuteten Kuß auf die gepuderte Wange hauchte. Erst, nachdem sich Hilde-Marie ausreichend begrüßt fühlte, erlaubte sie durch eine kleine, verzichtende Geste, daß sich Claire ihrem Verlobten zuwandte.
    Sobald seine Mutter in den Hintergrund trat, blühte Bertram auf. Seine Schultern strafften sich, seine Haltung wurde gerade, die Miene bekam genau die Spur Hochmütigkeit, die allen anderen sagte: Ich bin wer!
    Seine Hände wanderten zum Revers seines dunkelblauen Anzugs. So, den linken Fuß ein wenig vorgestellt, den Kopf stolz erhoben, erwartete er Claire, die sanft seinen Unterarm berührte.
"Hallo Bert."
    Erst jetzt ließ sich Bertram herab, ihr seine Wange zum Kuß zu reichen.
    "Ich freue mich, daß du wieder da bist", schnarrte er, in dem gleichen distanzierten Ton wie seine Mutter. "Du warst sehr lange fort. Wir haben uns viele Sorgen um dich gemacht."
    "Oh Mann, das sehe ich mir nicht länger an!" hörte man im Hintergrund Melanies Stimme so laut flüstern, daß es jeder im Raum hören mußte.
    "Setzt euch doch!" rief Claire hastig, um die Situation zu überspielen, doch das vernehmliche Zuschlagen von Melanies Zimmertür machte diesen Versuch zunichte.
    "Wieso hast du dieser Person erlaubt, bei dir zu wohnen?" ereiferte sich Bertram, während er zu der bequemen Sitzgruppe stakste. "Hast du nach deiner Rückkehr nichts besseres zu tun, als dich um diese Frau zu kümmern?"
    Melanie und er waren sich beim ersten Ansehen spinnefeind gewesen und daran hatte sich bis heute nichts geändert. Aber im Grunde mochte Bertram keine oder keinen von Claires Freundinnen und Freunden.
    Claire seufzte resigniert. Er hatte ihr also immer noch nicht verziehen!
    "Melanie ist doch nur zu Besuch. Sie wird nicht lange bleiben."
    "Sie hat uns erzählt, daß sie ihren Mann verlassen habe", meldete sich Hilde-Marie, die gerade auf dem Sofa Platz nahm. "Weißt du, weshalb?"
    "Nein, und es interessiert mich auch nicht", erwiderte Claire schärfer als beabsichtigt. "Kann ich euch etwas anbieten? Oh, ich habe euch etwas mitgebracht. Wartet mal."
    Froh, für ein paar Minuten der unbehaglichen Stimmung zu entkommen, eilte sie aus dem Zimmer und stürzte nach nebenan, um die Mitbringsel zu holen. Sie ließ sich Zeit, um sich für den weiteren Abend mit den beiden Kleefisch zu wappnen.

Kapitel 8
    Als sie wieder zurückkehrte, hielt sie zwei hübsch verpackte Päckchen in den Händen.
    "Das ist für dich", überreichte sie Hilde-Marie eines der Schächtelchen. "Und das für dich. Ich hoffe, es gefällt euch."
    Sie hatte sich bei der Auswahl der Geschenke wirklich Mühe gegeben. Das Päckchen für Hilde-Marie enthielt eine handgearbeitete Kette mit echten Türkisen und dazu passenden Ohrclipsen, die Claire in einem Indianerreservat erstanden hatte. Bertram durfte sich über eine Gürtelschnalle aus getriebenem Silber und passenden Manschettenknöpfen freuen, die den Kopf eines Steinadlers zeigten.
    "Hübsch", kommentierte Hilde-Marie die Gaben. "Obwohl ich ja lieber Gold trage."
    "Ich dachte, es paßt zu deinem braunen Wollkostüm", murmelte Claire enttäuscht und strich den Gedanken, daß es ihr gelungen sein könnte, ihrer zukünftigen Schwiegermutter eine Freude bereiten zu können.
    "Was kann ich euch anbieten?" riß sie sich zusammen. "Ich war leider noch nicht einkaufen, aber Rita hat mir ein paar Vorräte in den Kühlschrank gestellt. Darunter auch eine Flasche Sekt. Wie wär's, wollen wir auf meine Rückkehr anstoßen?"
    Hilde-Marie hob

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