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Jetzt tanzen alle Puppen - Aus dem Alltag einer Comedy-Fachfrau

Jetzt tanzen alle Puppen - Aus dem Alltag einer Comedy-Fachfrau

Titel: Jetzt tanzen alle Puppen - Aus dem Alltag einer Comedy-Fachfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Volk
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Heimlich zuppel ich an dem Wollknäuel, das ich ausgerollt hab. »Tja, das tut mir leid«, sagt er und meint es kein bisschen, das sehe ich an dem Grinsen, »wir können hier einen Einkaufszettel schreiben, aber damit müssen Sie zur Kasse. Einmal durch die Möbelausstellung, die Markthalle, das SB-Lager. Und nach dem Bezahlen zum Transportservice, das ist hinter den Kassen links.« Er zwinkert mir zu. Dieser Zwerg-Zyklop. Habe Gewaltfantasien im Hinblick auf sein Auge und meinen Ikea-Bleistift. »Okay«, sage ich und deute auf ein Bücherregal, »haben Sie das als Kommode mit einer passenden Hängelampe?« »Och«, sagt er genüsslich, »die Leksvik-Serie gefällt Ihnen? Da hätte ich die Anrichte aus der Leksvik-Serie und dazu die Lack-Tischleuchte mit Klemmbefestigung.« Willkommen bei Ikea-SM. Hinter mir höre ich das keuchende Lachen zweier frisch pubertierender 13-Jähriger. »Leksvik, ey Alter, ey Leksvik, ey mit Lack und Klemme n …« Der Verkäufer lächelt diabolisch. »Un d – welches Leksvik soll ich aufschreiben?« Hoffentlich kriegt er gleich einen Stromstoß. Die zwei 13-Jährigen hinter mir ersticken gerade, vermutlich an ihren Pickeln. Merke, wie ich knallrot anlaufe. »Ähm«, sage ich und deute verzweifelt auf seinen Bildschirm, »dann nehme ich diese Anrichte d a – mit den zwei Schubladen und das Bücherregal, von Sie-wissen-schon, und dazu den Zeitungsständer.« »Okay«, sagt er, »einmal Zeitungsständer Spontan, zweimal Leksvik, einmal Leksvik Anrichte und das Leksvik Bücherrega l – so recht? Und dazu die Lack-Klemmleuchte?« Die 13-Jährigen werden ihren 14 . Geburtstag nicht mehr erleben, weil sie sich nun auf dem Boden wälzen und gar keine Luft mehr kriegen. »Ständer! Spontan-Ständer!« Ihre Mutter tappert mit ihren weißen Cowboystiefeln ungeduldig auf dem Boden, während sich die multikulturelle Schlange hinter uns in der jeweiligen Landessprache besorgt über meinen Geisteszustand äußert. Frage mich langsam, ob die in Babylon wirklich ein Turm gebaut haben oder doch eher die Leksvik-Serie mit dem Ständer Spontan. Über das babylonische Stimmengewirr hinweg dröhnt jetzt eine Durchsage: »Der kleine Senol Akün und der kleine Justin-Marvin Schibulsky möchten aus dem Småland abgeholt werden.« Ich schnappe mir meine peinliche Einkaufsliste und meinen blauen Odysseus-Faltplan und streiche die Segel Richtung Kinderparadies. Freu mich jetzt schon auf die Möbel-Namen. »Suche Sitz-Sack Päderasti«, brülle ic h – versehentlich viel zu laut und jetzt sind wirklich alle gegen mich. Schnell ab zur Küchenabteilung. Schilder empfangen mich: »Deine Wunschküche? Die planst du hier. Bitte wende dich an einen Mitarbeiter.« An dieser Stelle müsste man eigentlich hysterisches Gelächter einblenden. »Wende dich an einen Mitarbeiter.« Wenn da wenigstens stehen würde: »Wende dich an den einen Mitarbeiter, der für 10 0 Leute zuständig ist.« Dann wüsste man ja wenigstens, dass man das nächste Mal einen Picknick-Korb mitbringt, wenn man eine Küche bei Ikea planen möchte. Und wieso schreiben die überhaupt »dich« klein. Wollen die sich bei ihrer Legastheniker-Kundschaft einschleimen? Beschließe, meine überragenden geistigen Fähigkeiten zu nutzen, und erobere einen freien Computer-Terminal, über dem »Plan selbst« steht. Wackel an der Maus. Auf dem Bildschirm erscheint: »Das Terminal ist gerade nicht besetzt. Vielen Dank für dein Verständnis.« »Vielen Dank für dein Verständnis« funktioniert an Baustellen auch nie. Auch nicht, wenn man »dein« klein schreibt, ihr Schleimer! Das Småland meldet sich wieder zu Wort, schon deutlich verzweifelter: »Der kleine Senol Akün und der kleine Justin-Marvin Schibulsky möchten abgeholt werden.« Im Hintergrund hört man Akün und Schibulsky brüllen. Tja, Ikea, selber schuld. Erst eine Babyklappe einrichten und sich dann wundern, wenn keiner wiederkommt. Akün und Schibulsky bewerfen sich jetzt entweder mit Gegenständen oder aber mit einem dritten Kind, das Gebrüll wird jedenfalls lauter, bis die Durchsage abrupt abbricht. Ich wanke weiter in die Schlafzimmer-Abteilung. Mittlerweile ist so gut wie kein Fitzelchen Sauerstoff mehr in der Umgebung aufzutreiben und nur so lässt sich auch der folgende Dialog eines Intellektuellen-Pärchens vor den Schlafzimmer-Kommoden erklären. Er: Anfang 30, Backenbart, Hornbrille, Hilfinger-Jeans zur ihr: »Weißt du, Schatz, wenn du diese Kommode nimmst, das ist ja nicht nur eine

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