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Jetzt tanzen alle Puppen - Aus dem Alltag einer Comedy-Fachfrau

Jetzt tanzen alle Puppen - Aus dem Alltag einer Comedy-Fachfrau

Titel: Jetzt tanzen alle Puppen - Aus dem Alltag einer Comedy-Fachfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Volk
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so ein Büdchen) und dann panschen die alles zusammen in den Putzeimer und verstecken das Gebräu im Schrank. Oder hinter der Heizung. Und dann gärt das Zeug und gärt und gärt. Hölle! Und Kopfschmerzen kriegt man davon. Wahnsinn. Ich muss es ja probieren. Wenn ich bei der Zellenfilze so einen Eimer finde, muss ich ja wisse n – ist das tatsächlich Alkohol? Die Zellenfilze-Tage sind eigentlich unsere schönsten Tage hier, Klöter und Hossekamp, meine Lieblingskollegen sehen das genauso. Bei den Russen filzen wir am liebsten, die haben’s echt drauf: Die bauen einen Bunsenbrenner aus einer leeren Fischdose, hauen da Margarine rein, hängen einen Topf drüber, und dann fummeln die die Plastikschläuche aus den Putzmittel-Flaschen und verstecken die hinter den Sexpostern. Fertig ist die Destillieranlage. Das muss man schon bewundern, diesen Erfindungsreichtum. Ärgerlicherweise muss ich wieder Meldung machen. Dieses Juristendeutsch, schrecklich.
    Bei der Inbetretung im Rahmen einer routinemäßigen Zellenkontrolle der Gefangenen Dariusz Tschenko, Demijr Deputarski und Petrov Radeditsch fiel den Kollegen Klöter, Hossekamp und mir sofort ein stark alkoholischer Geruch auf. Alle drei Inhaftierten lagen bewegungslos auf ihren Pritschen, Deputarski hatte einen Sabberfaden. Die Abklopfung der Poster stark sexuellen Inhalts an den Wänden hatte die Dinglich-Machung einer ungewöhnlich fantastischen Destillieranlage zur Folge. Die Kollegen Klöter, Hossekamp und ich nahmen Proben des Destillats zu uns, um den Tatbestand des illegalen Alkoholerzeugens unter Beweis zu stellen. In Folge unterbrachen Klöter, Hossekamp und ich die Zellenkontrolle, um die Gefangenen Tschenko, Deputarski und Radeditsch zu reanimieren und erste Aussagen zu protokollieren. Im Verlauf der Aussagenfeststellung inkorporierten Kollegen und Gefangene weitere Proben des Destillats, um dessen gesundheitsgefährdende Wirkung unter Beweis zu stellen.
    Das Erlernen russischer Volkstänze sowie die spontane Verbrüderung von Hossekamp, Klöter und mir mit Tschenko, Deputarski und Radeditsch ist als fortschrittsbewusste Resozialisierungsmaßnahme zu bewerten.
    Hochachtungsvoll, Ramsl, Manfred, JVA Bedenhoden
    Ein sehr guter Bericht, fand ich, der auch die innere Zerrissenheit, die man als Sicherheitsbeamter fühlt, verdeutlicht. Klöter und Hossekamp fanden das auch. Aber die da oben haben natürlich wieder anders entschieden. Die sind ja auch nicht an der Front. Klöter, Hossekamp und ich mussten drei Monate Dienst an der Pforte schieben, angeblich, weil wir nicht in der Lage wären, Grenzen zu ziehen. Ts. Und die Russen haben sie verlegt. Klassenjustiz, sag ich dazu. Warum verlegen die nicht lieber den Meier, der ist doch noch zu blöd, seinen Fruchtsaft verschimmeln zu lassen. Klöter, Hossekamp und ich haben uns an der Pforte sehr unwohl gefühlt, Ausweise kontrollieren, Besuchserlaubnisse abstempeln und dann noch die Anwälte. Gut, dass die drei Monate um sind, die asozialen Besucher konnte ich wirklich nicht mehr sehen. Jetzt bin ich wieder bei meinen Jungs in Bloc k D. Nachmittags wird’s bei uns richtig gemütlich, da haben die Langstrafen Aufschluss, das heißt, die Jungs dürfen aus der Zelle in den Vorraum, da steht eine Tischtennisplatte, man besucht sich gegenseitig auf der Zelle für ein kleines Gespräch und das Beste: Block D hat eine eigene Küche! Ganz ehrlic h – meine Frau könnte hier einiges dazulernen. Gratinierte Aufläufe, Lasagne-Träume, Moules farcie s … also gerade die angeblichen Mafia-Bosse sind regelrechte Bocuses! Die Zutaten müssen die natürlich schon mitgebracht bekommen. Mal von den asozialen Besuchern und hin und wieder drücken wir auch mal ein Äuglein zu, der Klöter, der Hossekamp und ich. Letztens war ich dran, hab ein bisschen Filetsteak mitgebracht, der Leone Coltra hat ja immer genug Bargeld da (woher eigentlich, na egal, wer viel fragt, kriegt viel Antwort), also jedenfalls hab ich Filetsteak mitgebracht, und ein paar Gewürze. Un d – naj a – ein paar Tropfen Grappa, kleines Fläschchen nur, klitzeklein. Ein Schlückchen quasi für jeden, mehr nicht. Und auf besonderen Geburtstagswunsch vom Leone ein paar Valium. Der Leone schläft doch so schlecht, weil ihn sein Gewissen plagt, nachts, da kommen die ganzen Leichen mit ihren Betonschuhen wieder aus den Flüssen geklettert und wanken auf ihn zu, also wenn er das so erzählt, furchtbar. Armer Mann. Deswegen hab ich mich breitschlagen lassen mit dem Valiu

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