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Jetzt tanzen alle Puppen - Aus dem Alltag einer Comedy-Fachfrau

Jetzt tanzen alle Puppen - Aus dem Alltag einer Comedy-Fachfrau

Titel: Jetzt tanzen alle Puppen - Aus dem Alltag einer Comedy-Fachfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Volk
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und der Gerd-Müller-Gedächtnisstempel (Waden) ein schwieriges Unterfangen ist. Aber der Brontosaunus hat eh andere Weibchen im Blick.
    Die Sorte Weibchen, die sich vom Bronto angezogen fühlen, hat der berühmte Zoologe Ekel Alfred mal klassifiziert: Es ist die »dusselige Kuh«. Ein brünettes Exemplar quetschte sich neben mich auf die Bank. Ich hasse es, wenn Menschen, nur weil nackt, jedes Gefühl für körperliche Distanz verlieren. Es ist doch eklig, wenn die feuchte Arschbacke von jemandem, den ich gar nicht kenne, an meiner klebt. »Entschuldigen Sie mal!«, sagte ich, weil mir sonst nichts einfiel und rückte demonstrativ zur Seite. Die dusselige Kuh starrte mich verständnislos an. Man konnte regelrecht sehen, wie sie ihre Gedanken wiederkäute. Sinnlos, außer Methangas war hier nichts zu erwarten. Den Brontosauni und ihren dusseligen Kühen ausgesetzt, erschien mir meine Winterdepression auf einmal in sehr freundlichem Licht. Immerhin hatte ich genug Hirn, um Melancholie zu empfinden. Doch kaum hat man solch versöhnliche Gedanken, öffnet sich wie in einer Boulevard-Komödie die Tür und der nächste Protagonist tritt herfür, um blöde Nachrichten, uneheliche Kinder oder eine neue Wendung ins Spiel zu bringen. In meinem Fall trat der Saunameister ein, Handtuch um die Hüften, Holzeimer in der Hand, und verkündete, dass er nun den Eukalyptus-Kirsche-Sandelholz-Aufguss zur Anwendung bringen möchte und um absolute Ruhe bitte. Eine Bitte, die an den Bronti und den dusseligen Kühen abprallte, aber immerhin brüllten sie jetzt leiser, mehr ein Bühnenflüstern.
    Und das Stück hieß: Die Brunft.
    »Seid ihr auch escht Kölsche Mädsche?«, grunzte ein Bronto die brünette Kuh neben mir und ihre Freundin an und kraulte sich dabei den Brustpelz. »Sischer dat, mir kommen aus Berschheim«, muhte das blonde Vieh und blinzelte verschwörerisch. »Berschheim. Dat is doch nisch Kölle«, schwitzte der Bronto und lächelte zufrieden über sein Bonmot. Alle grunzten, gackerten und schnauften eine Runde. Die Blonde räkelte sich auf der Bank und spreizte in vorauseilendem Gehorsam die Beine. Ich konnte ihr bis auf die Mandeln sehen. »Ey, Janine«, sagte ein drittes Weibchen zur dusseligen Kuh neben mir, »gib mich mal die Lotion.« Sie stand auf, erzeugte dabei ein unangenehmes Geräusch, drehte sich um und baute sich direkt vor mir auf. Ein riesiger Bär auf Augenhöhe. »Das geht aber nicht!«, sagte ich, natürlich so vergeblich wie nur irgendwas vergeblich sein konnte. Den Bademeister nahm das pelzige Spiegelbild meines Gesichts so mit, dass er plötzlich den Griff seines Aufguss-Kübels ergriff und ihn sich über den Kopf stülpte. Warum, weiß nicht mal Gott, ich hab ihn in einem stillen Gebet eingehend befragt, bekam aber nur die Warteschleife dran. Als ich die Augen wieder öffnete, schaukelte der Holzring immer noch um des Saunameisters Hals, die Brontos schnauften und die Kühe brachen erneut in schrilles Lachen aus. »In Lachen ausbrechen« bedeutet: Sie lachen, ich breche. Einem schwarzhaarigen Schwertätowierten in den oberen Reihen wurde es wohl zu heiß, er schwang sich von Bank zu Bank, verhedderte sich dabei in seinen Goldkettchen und stolperte über die Handtücher der drei dusseligen Kühe. »Antonio, nicht so stürmisch«, kreischte die eine. »Ich heiß Murat«, sagte Antonio und betrachtete die blonde Milchtüte angewidert. Die Kühe lachten wieder aus vollem Herzen, ich hegte und pflegte meine Mordgedanken, der Saunameister wedelte und knallte mit dem Handtuch und quasi als Bass-Linie schnaubten die Brontos im Takt. Wäre das hier ein Konzert, wäre ich zu Gast bei den »Einstürzenden Neubauten«. Ich gab auf und floh ins Solebecken im Außenbereich. Herrlich. Schwereloses Schweben auf salzig-warmem Wasse r – über mir der freie Himmel. Endlich Ruhe. Zwei Minuten lang. Dann schnatterten zwei geschlechtsreife Brünette in Hörweite. Woraufhin sich wie aus dem Nichts ein Bronto materialisierte und mit Anlauf eine Eins-a-Arschbombe in mein Solebecken planschte. Die dusseligen Kühe kicherten, der Bronto prustete und spuckte und ich hustete vergebens diesen brünftigen Albtraum an. Keuchend stemmte ich mich aus dem Becken und starrte auf den Boden, derweil die beiden escht kölschen Mädschen über alles giggelten, was lustiger war als eine Scheibe Wurst. Rache. Eine von den dreien ging auf Toilette. Ich huschte ihr hinterher, von Lichtsäule zu Lichtsäule, von Deckung zu Deckung hüpfend.

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