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Jetzt tanzen alle Puppen - Aus dem Alltag einer Comedy-Fachfrau

Jetzt tanzen alle Puppen - Aus dem Alltag einer Comedy-Fachfrau

Titel: Jetzt tanzen alle Puppen - Aus dem Alltag einer Comedy-Fachfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Volk
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geäußert? Manchmal gibt’s richtig lecker Essen, aber nur vor dem Auftritt, da können wir nicht essen, weil wir a ) nervös sind und b) schlecht singen mit vollem Bauch. Nach dem Auftritt ist die Küche zu, das spart Kalorien. Manchmal gibt es Kleinigkeiten wie Salzstangen, die schon so alt sind, dass sie sich biegen wie ein Gummischlauch. Oder eine Tomatensuppe aus warmem Wasser, in dem mal Tomaten gewaschen wurden. Oder einen Haps Käse. Jedenfalls hoffen wir, dass es Käse ist.

    Frau Knecht in der Badezimmer-Garderobe
    Heute schickte uns der Wirt zum Koch, damit wir uns eine Kleinigkeit bestellen. Den Koch der Location, »deren Name nicht genannt werden darf«, fanden wir rauchend vor der Tür, die verhornten Füße mit den langen Zehennägeln in offenen Birkenstocks. Zehennägel, gelb wie das Innenleben des geheimnisvollen Einmachglases. Der Koch lachte uns zahnlos an. Er trug ein grün-weißes T-Shirt. Und während ich noch sinnierte, ob dieses T-Shirt a) die Batik-Arbeit der Fünf-Dioptrin-Gruppe oder b) einst grün gewesen war und der Koch Schafskäse gegessen hatte oder c) dieses T-Shirt gar weiß gewesen war und der Koch Spinat gekotzt hatte, machte der Chef de Cuisine die Kippe aus, kratzte sich am Po, wischte sich die Hände an einem schmuddeligen Lappen ab, der aus dem Hosenbund unter der Wampe hing, und fragte, was wir essen wollen.
    Und da waren wir auf einmal gar nicht mehr hungrig.

15 Niveauvolle Locations
    Wie schön es ist, nach einem solchen kulinarischen Fiasko heimzukehren in eine Stadt, die niemals schläft, weil sie immer klüngelt: Köln. Ausgehungert wie wir sind, fallen Frau Knecht und ich einfach über eins der permanent rotierenden Medien-, Kultur-und anderen Fernseh-Fuzzi-Treffen her, um uns umsonst satt zu essen und nebenher Aufträge zu generieren. Zwischen Fingerfood, Lachshäppchen und Flying Dinner (bei letzterem muss man sich immer sehr nah an der Küche aufhalten, sonst kriegt man nichts ab) klüngeln wir mit den Managern der Stadt, während wir uns anstrengen, das Essen nicht allzu gierig in uns reinzustopfen. Uns um herum schillern und schwadronieren echte Promis sowie B-und C-Promis, nicht zu vergessen die Promis aus den Duschkabinen von Big Brother, also die N-A-L-Promis (niedrigst anzunehmendes Level). Als Außenminister der Firma Volk und Knecht gebe ich mir alle Mühe, zwischen all den Berühmtheiten und den Managern der Schifffahrtsbetriebe, Hotelketten und Fernsehsendern sowie den übrigen insolventen Wichtigtuern nicht unterzugehen. Frau Knecht meint, ich schieße dabei manchmal ein bisschen über das Ziel hinaus. Nur weil ich zu dem RTL-Programmdirektor gesagt hab: »2 5 Jahre RTL sind doch wohl genug, Herr Ding s – Zeit für neue Herausforderungen! Könnten Sie sich vorstellen, für das Unternehmen Volk und Knecht tätig zu werden?« Gut, ich gebe zu, da ist mir der Gaul ein bisschen durchgegangen. Frau Knecht meinte, das wäre wohl eine Herde Maultiere im vollen Galopp gewesen, aber sie ist auch viel zu zurückhaltend, deshalb bin ich ja der Manager. Hier, in den Klüngel-Kellern der Stadt, entscheidet sich, wer mit wem jagen geht. Und wer nur Beute ist.
    »Jawohl«, deklamiere ich mit vollem Mund und schnappe mir vor den Augen des entrüsteten RTL-Programmdirektors das letzte Hühnerbein vom Tablett: »wir Manager sind ein ganz besonderes Völkchen! Wie urzeitliche Stammesfürsten bleiben wir in unserem tiefsten Innern Jäger.« Meine Worte an Frau Knecht unterstreiche ich mit dem Hühnerbein. »Fellkleidung und Keule haben wir Manager gegen Anzug und Laptop getauscht!« »Du hast weder einen Anzug noch einen Laptop, aber Soße am Kinn«, sagt Frau Knecht, »und ich sehe auch nicht, was ein Anzug mit Jägern und Sammlern zu tun hat.« »Guck dich um«, sage ich und wische mir heimlich das Kinn an der Pelzjacke einer blonden Schachtel ab, »viele Manager tragen als letzte Reminiszenz an freie Jägertage eine Schlinge um den Hals.« »Das ist eine Krawatte«, sagt Frau Knecht. »Sag ich doch«, rülpse ich zufrieden. Während Frau Knecht auf die Toilette verschwindet, ziehe ich mich mit einem Glas Wein in ein gemütliches Eckchen zurück und beobachte die Manager in ihrem Revier.
    Manager müssen ständig in sogenannten »Meetings«, »Business Clubs« oder schlimmer noch »Top Lounges« jagen gehen. Dort bilden sie kleine Grüppchen, die umeinander streifen und versuchen, den Platzhirsch zu wittern. Das ist nicht immer der, der es vorgibt zu sein. Die

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