Jezebel
Steinen und Kies bedeckt. Hinzu kamen zwei große Löcher, die sich im Laufe der Zeit mit Wasser gefüllt hatten.
»Und wo sind die Höhlen?« wollte Suko wissen.
»An dieser Seite, also unter uns, Inspektor.«
»Kommen wir mit dem Wagen noch näher heran?«
»Nein.«
Ich warf noch einen letzten Blick über das weite mit Wildkräutern und Gestrüpp bewachsene Gelände, bevor ich mich abwandte. Von Jezebel hatten wir auch nichts gesehen. Dabei hätte es mich gefreut, wenn sie durch den Steinbruch geflogen wäre.
Zu Fuß setzten wir unseren Weg fort. Mit Harrison Beeler, der sich phantastisch auf den Beinen hielt. Wahrscheinlich war es der Haß auf Susan Wade, der ihn vorantrieb und nicht müde werden ließ.
Sehr bald erreichten wir einen Pfad, über den wir in den Steinbruch gelangten. Der Weg war nicht sehr steil und überraschend breit.
Sicherlich hatten früher die Lastwagen diese Strecke genommen, um unten begraben zu werden.
Suko und Beeler gingen vor mir. Ich machte den Schluß und deckte den beiden praktisch den Rücken. Suko trug einen Kanister, der im Rhythmus seiner Schritte schaukelte. Das Benzin klatschte gegen die Wände. Dieses Geräusch begleitete uns in die Tiefe.
Kurven gab es kaum. Nichts versperrte uns den Blick, nur die Dämmerung ließ sich nicht aufhalten. Sie war wie ein Ungeheuer mit weit aufgerissenem Maul, das die graue Helligkeit eines kalten Frühlingstages fraß.
Der Wind wehte den Geruch von altem Staub und Steinen in unsere Nasen. Manchmal rutschten wir über glatten Kies. Weit über unseren Köpfen sah ich die Lichter eines auf London zufliegenden Jets. Als ich meinen Blick wieder senkte und in den Steinbruch schaute, glaubte ich, am Grund eine Bewegung zu sehen. Bevor ich die anderen darauf aufmerksam machen konnte, war dieser Schatten wieder verschwunden, und zwar im toten Winkel, möglicherweise dort, wo sich auch die Höhlen befanden.
Die letzte Strecke des Wegs lief noch weniger steil in einer Rechtskurve aus. Dann standen wir auf dem steinigen Grund des künstlichen Talkessels. Trotz des kargen Bodens gab es hier eine Vielzahl von genügsamen Pflanzen.
Beeler deutete nach rechts. »Noch ein Stück«, flüsterte er.
Wir folgten ihm. Der Himmel nahm an Dunkelheit zu. Kein Vogel war zu sehen, aber auch keine Insekten.
Zudem war es still um uns herum.
Rechts von uns stieg die steile Wand wieder hoch. Glatt war sie nicht, denn jetzt sahen wir auch die ersten Unterbrechungen, die Eingänge zu den Höhlen.
Nein, mehr Nischen, denn die größte Höhle lag vor uns, wie Beeler sagte. »Es sind nur noch wenige Schritte.«
»Gehen Sie«, sagte Suko.
»Und dann?«
»Keine Sorge, wir packen das.«
Harrison Beeler ging, aber sein Gesicht zeigte starke Zweifel.
Verständlich.
Ich konnte mir vorstellen, daß wir die Höhle dort fanden, wo sich einige Büsche zu einem kleinen Wall zusammengefunden hatten und den Eingang verdeckten. Am Rand dieser Buschgruppe blieb Beeler stehen.
Er drehte sich zu mir um. »Hier ist es. Hinter den Büschen.«
»Okay«, sagte ich nur.
»Und was wollen Sie tun?«
»Hineingehen.«
Er atmete scharf ein. Dann nickte er. »Aber ich bleibe hier draußen, mit dem Kanister.«
»Wollen Sie Feuer legen?«
»Wenn es sein muß, ja.«
Ich grinste ihn an. »Nur möchte ich nicht verbrennen. Seien Sie also vorsichtig.«
»Ich werde mich bemühen. Viel Glück!« Er schlug mir und Suko auf die Schultern.
Mein Freund machte den Anfang. Er hatte bereits die sperrigen Zweige zur Seite geschoben und drückte sich durch die Lücke, um danach eine scharfe Drehung nach rechts zu machen, denn nur so gelangte er vor den Eingang.
Wie auch ich, und wir beide schauten in eine Düsternis hinein, in der zunächst nichts zu sehen war.
»Dann wollen wir mal«, sagte mein Freund. Die Dämonenpeitsche steckte noch ausgefahren in seinem Gürtel. Der Griff schaute schräg hervor. Er konnte ihn blitzschnell umfassen.
Zwischen den Wänden war es kalt. Das Licht wurde von den Büschen noch mehr gefiltert, so daß wir gezwungen waren, unsere Lampen hervorzuholen, wenn wir mehr sehen wollten.
Beide Strahlen zerschnitten zugleich die Dunkelheit, und beide fanden auch das Ziel.
Wir sahen Jezebel, wir hörten ihr Lachen und dann ihre Stimme.
»Willkommen in meinem Reich…«
***
Mit ihrem Anblick hatten wir gerechnet, möglicherweise auch mit einer Begrüßung, aber nicht mit dem Bild, das sie bot und uns in Staunen versetzte. Die Frau oder die Königin der Insekten und
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