JFK -Staatsstreich in Amerika
dem
Reporter Robert Anson zu, der ihn für Vanity Fair über sein kommendes
Buch interviewte, und wedelte mit den explosiven Papieren, die das schwarz auf
weiß bestätigten. 14 Doch als kurz darauf,
am 25. September 1997, der TV-Moderator Peter Jennings in der ABC-Sendung 20/20 auftrat, explodierte nicht die Kennedy-Legende, sondern die Reputation der
Reporterlegende Seymour Hersh, denn es wurde gezeigt, dass es sich bei diesem
Dokument um eine Fälschung handelte. Handschriftenexperten hatten Hersh zwar
schon zuvor darauf hingewiesen, dass die Unterschriften Kennedys und Monroes
äußerst zweifelhaft waren, doch der Reporter hatte sich davon genausowenig
beirren lassen wie von der Tatsache, dass ein ausgewiesener Fuchs wie Vater Joe
Kennedy niemals so dämlich sein würde, ein derart inkriminierendes und der
Erpressung Tür und Tor öffnendes Dokument in die Welt zu setzen. Doch der Wille
zum unbedingten Kennedy-Bashing und die Aussicht auf eine Viertelmillion
Honorarzuschlag hatten nicht nur Hershs journalistische Skepsis, sondern auch
sein Augenlicht weitestgehend ausgeschaltet: Einige Tippfehler auf dem Dokument
waren deutlich sichtbar mit Korrekturband ausgebessert worden – einer
Technologie, die 1960 noch nicht erfunden war und erst 1970 auf den Markt kam.
Dass sich der Dreh- und Angelpunkt
von Hershs Anti-Kennedy-Buch als plumpe Fälschung erwies, spricht zwar nicht
unbedingt gegen alle anderen Enthüllungen dieses Werks, in dem Liebhaber von
Klatsch- und Bettgeschichten voll auf ihre Kosten kommen, sollte aber deutlich
machen, dass dieses Buch insgesamt mit mehr als nur einem grano salis genossen werden muss. Denn es lässt sich auf die Aussage reduzieren, dass JFK
ein Playboy und Womanizer war, dass er mit dem Geld, den Verbindungen und den
schmutzigen Tricks seines Vaters ins Amt gehievt wurde und sich politisch weder
von seinem Vorgänger Eisenhower noch von seinem späteren Nachfolger Richard
Nixon unterschied. Doch diese simple und einseitige Reduktion entspricht weder
den weitaus komplexeren Tatsachen, noch kommt sie der historischen Wahrheit
über John F. Kennedy und den Gründen für seine Ermordung in irgendeiner Weise
näher. Und so verständlich es sein mag, dass ein anerkanntes
Reporterschlachtross wie Seymour Hersh auf die alten Tage endlich einmal
richtig absahnen wollte, so bedauerlich ist dieser Abstieg des investigativen
politischen Journalismus auf das Niveau des Boulevards und der Yellow Press.
Denn relevant ist nicht die Anzahl der Mätressen und Edelnutten, die der
Privatsekretär in die Hotelsuiten und Appartements des Präsidenten schleuste,
und historisch bedeutsam sind nicht die Badenixen, mit denen sich JFK im Pool
des Weißen Hauses in der Mittagspause vergnügte, wenn Jackie mit den Kindern
aushäusig war, oder ist auch nicht, dass er mit Frauen wie Judith Exner, einer
Gespielin des Mafiabosses Sam Giancana, oder mit der als Stasi-Spionin
verdächtigten ostdeutschen Ellen Rometsch im Bett war – wichtig ist, was er vor
und nach diesen Pausen tat, welche Entscheidungen er traf und welche Rolle er
als Präsident der mächtigsten Nation der Welt spielte. Und in dieser Hinsicht
unterschied sich John F. Kennedy nicht nur deutlich von seinem Vorgänger
Eisenhower, sondern auch von allen Präsidenten, die nach seinem Tod ins Amt
kamen.
»Und deshalb, meine amerikanischen
Mitbürger: Fragt nicht, was euer Land für euch tun kann, fragt, was ihr für
euer Land tun könnt. Und deshalb, meine Mitbürger in der Welt: Fragt nicht, was
Amerika für euch tun kann, fragt, was wir zusammen tun können für die Freiheit
der Menschen.«
Seine Wahl hatte Kennedy mit der
Parole »New Frontiers!« gewonnen, also mit dem Versprechen, neue Grenzen und
Herausforderungen anzugehen. Und seine Antrittsrede war keine der typischen
politischen Sonntagsreden, sondern spiegelte die tatsächlich herrschende
Aufbruchsstimmung am Ende des Jahres 1960 wider. Bei einer Gallup-Erhebung
antworteten zu diesem Zeitpunkt über 70 Prozent der amerikanischen Bürger auf
die Frage »Vertrauen Sie immer oder meistens darauf, dass in Washington das
Richtige getan wird?« mit »Ja«, am Ende von Kennedys Amtszeit waren es 76 Prozent
– und seitdem befindet sich dieses Vertrauensvotum mehr oder weniger im freien
Fall. 1993 antworteten nur noch 17 Prozent mit »Ja«, aktuell liegt der Wert bei
19 Prozent. 15 Dass kein
amerikanischer Präsident in den letzten 50 Jahren mehr Vertrauen genoss als
John F. Kennedy und sich die
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