JFK -Staatsstreich in Amerika
bereinigt und zeigt deshalb weder
das Anhalten der Limousine, das mehr als fünfzig Augenzeugen beschrieben, noch
die ursprünglich sehr viel deutlichere »Explosion« von Kennedys Hinterkopf, die
jetzt nur noch in einem einzigen Standbild – Frame 313 – äußerst kurz zu sehen
ist. Dem ARRB ist es nach Jahrzehnten gelungen, zwei Spezialisten der
jeweiligen NPIC-Crews vom 23. und 24. November 1963 ausfindig zu machen und zu
befragen, die beide überzeugt waren, mit dem Original des Zapruder-Films
gearbeitet zu haben und von den jeweiligen Geheimaufträgen an den beiden Tagen
bis 2009 nichts wussten. Dino Brugioni hatte am 23. bei der Bearbeitung des
eigentlichen Originals assistiert und antwortete 2011 auf die Frage, ob es mehr
als ein Standbild der am Hinterkopf austretenden rötlichen Masse gab: »Oh ja,
oh ja … Ich erinnere mich, dass wir alle schockiert waren, es ging gerade nach
oben (er zeigt mit dem Finger hoch über seinen Kopf) … in den Himmel …, es muss
mehr als ein Bild gewesen sein … Es sprühte, ich würde sagen: einen Meter über
seinem Kopf … Es war nicht so niedrig (wie im Bild 313), es war hoch über
seinem Kopf. Ich kann mir nicht vorstellen, dass das nur ein Bild gewesen sein
soll. Was ich gesehen habe, war mehr als das.« 24
Liegt uns mit dem zugänglichen
Zapruder-Films also eine entschärfte Fassung vor? Auch wenn dies neuerdings ein
heftiger Streitpunkt unter den Attentatsforschern ist – und beide Seiten
durchaus gute Argumente haben –, ist die Frage letztlich nicht entscheidend.
Denn selbst wenn die bekannte Version des Films manipuliert ist, haben die
Fälscher bei ihrer eiligen Retusche Bild 313 übersehen, und schon das ist
eindeutig. Fehler werden überall gemacht, das gilt auch für die Verschwörung
zum Mord an JFK – und zu ihrer Korrektur bedarf es oft der merkwürdigsten
Verrenkungen, wie die Erfindung einer magischen Kugel oder die zwölfjährige
Geheimhaltung eines juristisch und politisch eminenten Beweisstücks. Hätten der
Warren-Kommission und der amerikanischen Öffentlichkeit nach dem Mord nicht nur
eine schummrige Schwarz-Weiß-Kopie des Films, sondern eine nach dem Stand der
Technik optimierte und vergrößerte Farbkopie vorgelegen, wäre der Durchmarsch
zur Etablierung des Einzeltäters Oswald als historischer Tatsache sehr viel
schwerer gefallen.
Mit dem voluminösen Warren-Report,
der freilich alles ausblendete, was nicht zu seinem im Vorhinein feststehenden
Ergebnis passte, und willfähriger Medienunterstützung gelang diese Täuschung
zumindest für einige Zeit. Immerhin 48 Prozent der Amerikaner, die von Gallup
befragt wurden, glaubten 1964, dass Lee Harvey Oswald als Einzeltäter für den
Mord verantwortlich war, 1966 waren es lediglich 36 Prozent, zehn Jahre später
nur noch 11 Prozent. Den Tiefststand mit 10 Prozent erreichte der Glauben an
den »lone gunman« 1992, dem Erscheinungsjahr von Oliver Stones Film JFK über den Garrison-Prozess, seitdem hat er sich – dank der mit großem
Mediengetöse geförderten Bücher der Warren-Verteidiger Gerald Posner und
Vincent Bugliosi – wieder etwas berappelt und lag 2010 laut einer
Gallup-Umfrage bei 19 Prozent. 25
Als Ursache für diesen weit
verbreiteten Unglauben werden von den Verteidigern der offiziellen Version gern
psychologische Gründe angegeben: Otto Normalbürger wolle einfach nicht glauben,
dass ein einsamer Verrückter mit einem Gewehr das Rad der Geschichte und das Weltgeschehen
derart beeinflussen könne, und bemühen – zwecks Verdrängung dieses
unerklärlichen, schicksalhaften Horrors – deshalb lieber sinistre
Verschwörungen und dunkle Mächte. Diese Neigung, so die weitere Argumentation,
würde dann von unverantwortlichen Autoren verstärkt, die den Unglauben der
Bevölkerung durch die Publikation von Verschwörungstheorien fütterten und sich
dank hoher Auflagen damit goldene Nasen verdienten. Dieses Argumentationsmuster
– die offizielle, seriöse »Wahrheit« auf der einen, die leichtgläubige
Bevölkerung auf der anderen Seite und unseriöse, ausschließlich
profitinteressierte Verschwörungstheoretiker dazwischen – hat sich seitdem
nicht von ungefähr zu einem Standard der Verteidigung zweifelhafter
Regierungsverlautbarungen gemausert.
Bis zum Garrison-Prozess, dem ersten
und bis dato einzigen Gerichtsverfahren in Sachen Kennedy-Mord, bei dem der
unter Verschluss gehaltene Zapruder-Film erstmals öffentlich vorgeführt wurde,
wurde in Artikeln und Diskussionen über das
Weitere Kostenlose Bücher