JFK -Staatsstreich in Amerika
zur Rechenschaft gezogen wurden.
Wo sie zu suchen sind – und wo nicht
–, sollte in unserem kurzen Parforceritt durch das scheinbar undurchdringliche
Labyrinth der Verschwörungstheorien einigermaßen deutlich geworden sein. Und es
kann weiter verdeutlicht werden, wenn wir den Mord an John F. Kennedy in seinem
Kontext und den Folgen betrachten – nämlich den ebenfalls ungeklärten Morden an
seinem Bruder Robert und an Martin Luther King. Auch hier wurden Einzeltäter
verantwortlich gemacht, und auch hier deuten die Tatsachen auf eine
Verschwörung hin, die nicht von durchgeknallten Verrückten oder rachsüchtigen Kriminellen
inszeniert wurde, sondern wie im Falle JFK dem Herz der Finsternis entsprangen,
aus den Tiefen und im Namen der Macht und des Staats.
Teil 4
Regimechange in Amerika
Robert
F. Kennedy
Am 4. Juni 1968 wurde Harold
Weisberg, mit seinem Buch Whitewash. The Report on the Warren Report (1965) einer der ersten und akribischsten Kritiker der Ermittlungen des
Kennedy-Mordes, in einer kleinen Fernsehstation in Washington interviewt. Schon
zuvor hatte er sich heftig darüber empört, dass die Kennedy-Familie und
namentlich der von ihm geschätzte Robert F. Kennedy die Einzeltäterthese der
Warren-Kommission anscheinend widerspruchslos hingenommen und so dem haltlosen
Ergebnis des Reports öffentliche Akzeptanz verschafft hätten. In dem Interview
berichtete er von einem Gespräch, das er mit einem Vertrauten des
Justizministers darüber geführt und den er gefragt habe, wie man die 26 Bände
mit den Aufzeichnungen der Warren-Kommission lesen könne, ohne zu dem Schluss
zu kommen, dass die Einzeltäterbehauptung falsch sei. »Das ist doch ganz
einfach«, habe der Freund gesagt, »Bobby will leben … Es gibt einfach zu viele
Schusswaffen zwischen Bobby und dem Weißen Haus.« Auf Weisbergs Nachfrage:
»Wessen Schusswaffen?«, habe Kennedys Freund geantwortet: »Die der CIA.« 1
Am nächsten Abend wurde Robert F.
Kennedy nach seiner Dankesrede zu den gewonnenen Vorwahlen in South Dakota und
in Kalifornien, die ihm die Rolle des demokratischen Kandidaten für die nächste
Präsidentschaftswahl gesichert hätte, im Ambassador-Hotel in Los Angeles
angeschossen und schwer verletzt. Er starb 26 Stunden später.
Anders, als es die verborgenen
Schützen beim Mord an seinem Bruder getan hatten, lauerte der Täter dieses Mal
nicht in einem Versteck. Nach der Rede nahmen der Senator und seine Entourage
den Weg zur Pressekonferenz – statt durch die Masse der jubelnden Anhänger im
Ballsaal – durch die dahinter liegende Küche des Hotels. Der Küchenchef Karl
Uecker fasste Kennedy am Arm und leitete ihn durch sein Reich, in dem 70
Angestellte arbeiteten, als plötzlich ein junger Mann mit einer Pistole
vortrat. Er rief: »Kennedy, du Hurensohn!«, und feuerte. Kennedy brach
zusammen, und die Umstehenden überwältigten den Mann, der später als der
25-jährige Sirhan Sirhan identifiziert wurde, der elf Jahre zuvor aus Jordanien
in die USA gekommen war.
Sirhan wurde verhaftet und nach
einem kurzen Prozess am 23. April 1969 zum Tod in der Gaskammer verurteilt,
wobei das Urteil wegen der kurz danach in Kalifornien aufgehobenen Todesstrafe
in lebenslängliche Haft umgewandelt wurde. Nach Jahrzehnten im
Hochsicherheitstrakt der kalifornischen Strafanstalt Corcoran ist Sirhan seit
2009 im Pleasant Valley State Prison in Coalinga, ebenfalls Kalifornien,
inhaftiert. Er hat seitdem 14 Begnadigungsgesuche gestellt, die ebenso
abgelehnt wurden wie seine Anträge, in einem neuen Prozess seine Unschuld zu
beweisen. Paul Schrade, ein einstiger Wahlhelfer Kennedys, unterstützt ihn
dabei. Er stand hinter Kennedy und wurde von einer Kugel getroffen, die laut
den Ermittlungen des Los Angeles Police Departments zuerst Kennedys Schulter
durchdrang und dann Schrades Kopf traf, der daraufhin bewusstlos wurde. Wenn
Sie jetzt den Kopf schütteln, weil hier schon wieder eine »magische Kugel« am
Werk gewesen sein soll, kann ich Sie leider nicht beruhigen: Es waren sogar
mehr als eine.
Vom Tatort konnten acht Projektile
geborgen werden. Fünf wurden aus den Verletzten herausoperiert, die neben
Kennedy gestanden hatten, er selbst war von drei Schüssen getroffen worden, ein
vierter hatte nur sein Jackett durchschlagen. In der Decke und in einem
Türrahmen befanden sich weitere Einschusslöcher, die von der Polizei
fotografiert wurden. Sirhans Pistole aber hatte nur acht Schüsse. Und die
Kugel, die Bobby Kennedys Leben ein Ende
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