JFK -Staatsstreich in Amerika
wurden dann im Herbst 1964 in der Schweizer Weltwoche gedruckt und erregten internationales Aufsehen. 73
Joesten machte schon in seinen 1964
und 1966 erschienenen Büchern neben den rechtsextremen texanischen Ölbaronen
als Finanziers zwei Hauptverdächtige aus, die zwar nicht als Schützen, aber als
unverzichtbare Ermöglicher der Tat bis heute prominent auf der Anklagebank der
Kennedy-Forschung sitzen: FBI-Direktor Hoover und seinen Freund und Nachbarn in
Maryland, Vizepräsident Johnson. Einen neuen Schub bekam dieser Verdacht in
neuerer Zeit durch den Bericht von Madeleine Brown, einer Geliebten und Mutter
eines Sohnes von Lyndon B. Johnson, über eine Party auf dem Anwesen des
Ölmagnaten Clint Murchinson am Abend vor dem Mord, an dem – neben ihrem
Liebhaber und ihr selbst – unter anderem J. Edgar Hoover, sein Stellvertreter
und Lebenspartner Clyde Tolson, Richard Nixon, der Ölmilliardär H.L. Hunt und
der Rüstungsindustrielle George Brown teilgenommen haben sollen. Johnson habe
nach einem Gespräch zu ihr gesagt: »Nach dem morgigen Tag werden mich diese
gottverdammten Kennedys nie wieder in Verlegenheit bringen. Das ist keine
Drohung, das ist ein Versprechen.« 74 Da es außer Browns Schilderung keine Belege gibt, dass dieses Treffen
stattgefunden hat – und von anderen Zeugen Nixon an diesem Abend in Dallas bei
der Pepsi-Cola-Aktionärsversammlung und Johnson mit Kennedy in Fort Worth
gesehen wurden –, ist auch dieses Zitat äußerst zweifelhaft. Bestätigt und übertroffen
wird es allerdings noch von Barr McClellan, der als Anwalt in der Kanzlei von
Ed Clark, des langjährigen Anwalts und Vertrauten von Johnson, arbeitete und in
seinem 2003 erschienenen Buch Blood, Money & Power behauptet, dass
sein ehemaliger Chef Ed Clark den Kennedy-Mord im Auftrag Johnsons organisiert
hätte. Das Werk McClellans – des Vaters von Scott McClellan, dem ehemaligen
Pressesprecher von George W. Bush – kam durchaus autoritativ daher, stimmte
aber Madeleine Brown darin zu, dass Mac Wallace, Johnsons Mann fürs Grobe,
einer der Schützen an der Dealay Plaza gewesen sei. Jedoch blieb er definitive
Beweise schuldig. Und beim Erscheinen des Buchs war keiner der von ihm
Beschuldigten mehr am Leben, um seiner phantastischen Story widersprechen, geschweige
denn sie bestätigen zu können.
Dass der überaus ehrgeizige und vom
Glanz John F. Kennedys marginalisierte und frustrierte Vize Lyndon B. Johnson
ein Motiv für den Mord hatte, ist zwar ebenso unbestritten wie die Tatsache,
dass er seinen politischen Aufstieg seiner Funktion als Marionette der
texanischen Ölmagnaten und des Bau- und Rüstungskonzerns Brown & Root
verdankt. Auch dass er die Warren-Kommission installierte und mit J. Edgar
Hoover federführend bei der Vertuschung des Verbrechens war, ist unzweifelhaft,
und insofern gehören diese beiden Herren in Sachen JFK zu Recht auf die
Anklagebank – aber eben nicht als Rädelsführer und Täter. Auch in dieser
Richtung lag Joachim Joesten mit seinen Arbeiten in den ersten Jahren nach dem
Mord richtiger als vieles, was seitdem zur »Texas Connection« und der
Komplizenschaft Johnsons veröffentlicht wurde – was sich vermutlich erübrigt
hätte, wenn die geplanten Plots in Chicago und Miami und nicht erst in Dallas
stattgefunden hätten.
Gewidmet hatte Joesten sein erstes
Buch Oswald. Assassin or Fall Guy? dem frühen und unermüdlichen
Mitstreiter in Sachen Aufklärung Mark Lane, dessen Autobiographie Citizen
Lane 2012 erschien. Der musste selbst Gerald Posner, der fast zwanzig Jahre
zuvor Case Closed , seine vom Mainstream hochgejubelte Apologie des
Warren-Reports und des Einzeltäters Oswald, publiziert hatte, Tribut zu zollen:
»Obwohl meine Ansichten zu Lee Harvey Oswald und der Ermordung Präsident
Kennedys wohlbekannt sind, bin ich überzeugt, und das seit längerer Zeit, dass,
wenn Mark Lane mit seinen Fähigkeiten und seinem Wissen über diesen Fall ihn
vor Gericht verteidigt hätte, Oswald freigesprochen worden wäre.« 75
Der Fall ist also nicht
abgeschlossen, Lee Harvey Oswald hat den Mord an John F. Kennedy nicht
begangen, und ein halbes Jahrhundert später ist es endlich an der Zeit, die
Geschichtsbücher und Lexika, wenn nicht umzuschreiben, dann doch zumindest mit
dem Hinweis zu versehen, dass der posthum und ohne die Möglichkeit einer
Verteidigung zum Täter gestempelte Oswald in einem ordentlichen
Gerichtsverfahren freigesprochen worden wäre – und dass die wahren Täter bis
heute nicht
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