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Jhereg

Jhereg

Titel: Jhereg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Brust
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Auswirkungen teilweise wegzustecken, und sie rappelten sich hoch.
    Und in dem Moment schlug Cawti, meine Frau, einst »Dolch des Jhereg« genannt, zu. Still, geschwind, und mit höchster Präzision.
    Ich glaube nicht, daß irgend jemand sonst im Saal das hätte beobachten können, auch wenn sie nicht so damit beschäftigt gewesen wären, Aliera anzustarren, die betrunken mit Wegfinder über ihrem Kopf herumfuchtelte. Aber einer der beiden Leibwächter wollte, als er sich aufrichtete, schreien, mußte dabei feststellen, daß er keinen Kehlkopf mehr dafür hatte, und fiel wieder zurück.
    Und da verspürte ich ein Flirren, das mir zeigte, daß Daymars Zauber wirkte. Sein zweiter Spruch wirkte ebenso schnell, und der tote Leibwächter wurde unsichtbar.
    An seiner Statt stand ich auf. Ich fiel mit meinem ›Partner‹ in Gleichschritt, aber wir erkannten, daß wir nicht rechtzeitig dort sein konnten. Das erschütterte ihn wesentlich stärker als mich, wie ich vermute.
    Auch Mellar wurde klar, daß wir zu seiner Rettung zu spät kommen würden. Damit hatte er zwei Auswege: entweder er ließ zu, daß Aliera ihn tötete, und starb in den Ruinen von über dreihundertjähriger Vorbereitung, oder er kämpfte gegen Aliera.
    Sein Schwert war in Sekundenbruchteilen draußen, und er nahm die Abwehrstellung ein, als Aliera auf ihn zutorkelte. Mit Sicherheit wußte er inzwischen, daß er sie umbringen mußte, wenn er konnte. Ich wußte, daß sein Kopf auf Hochtouren arbeitete; wie er zuschlagen würde, was für ein Timing sie hätte, und daß er sie zum Glück nicht dauerhaft töten mußte, wenn er geschickt war. Natürlich mußte sie sterben, er durfte nur keinen Schlag gegen den Kopf ausführen.
    Er trat einen Schritt zurück. »Mylady, Ihr seid betrunken –« begann er, doch Aliera schlug zu, bevor er den Satz beenden konnte. Wegfinder schwang in einer kleinen Kreisbewegung direkt auf die rechte Seite seines Kopfes zu. Wäre er nur ein bißchen langsamer gewesen oder der Angriff nur ein bißchen schwieriger zu parieren, dann wäre es in dem Moment für Mellar vorbei gewesen. Doch er wehrte traditionell ab, und Aliera trat vor für den Schwung.
    Er war ein zu guter Schwertkämpfer, als daß er diese Gelegenheit hätte vorbeiziehen lassen, und das tat er auch nicht. Irgendwo ganz nebenbei fiel mir auf, daß er tatsächlich einen Springmechanismus für den Dolch im linken Ärmel hatte.
    Ein kurzes Zucken mit links, und sein Dolch steckte ihr in der Seite.
    Ihm mußte aufgefallen sein, noch bevor er sie traf, daß etwas nicht stimmte. Als er zustach, spürte ich in mir die Empfindungskraft, die eine Morgantiwaffe charakterisiert.
    Aliera schrie auf. Vielleicht war es echt, vielleicht auch nicht, jedenfalls war das der markerschütterndste Schrei, den ich je gehört habe. Mich durchlief ein Schauer, besonders, als ich den Ausdruck auf ihrem Gesicht sah, während die seelenfressende Klinge in ihren Körper drang. Mellar machte einen Schritt nach vorne und versuchte unbeholfen, den Dolch wieder herauszuziehen, doch er wurde von seiner eigenen Kraft gehalten, bis Alieras Schreie verstummten und sie zu Boden fiel. Dann löste sich der Dolch und kam in Mellars Hand zum Vorschein.
    Einen Augenblick lang war es total still, und niemand bewegte sich. Mellar starrte auf das Messer hinab. Der andere Leibwächter und ich standen erstarrt wie alle anderen neben ihm. Allmählich dämmerte Mellar, daß er soeben jeglichen Anspruch auf Schutz von Morrolan verspielt hatte. Jetzt konnte ihn jedermann umbringen, ohne einen Vorwurf. Sein ganzer Plan zerfiel in tausend Stücke, und zweifellos hatte er nur noch eines im Sinn: Flucht. Versuchen, diesem Schlamassel zu entkommen und sich etwas Neues einfallen zu lassen.
    Und in diesem Moment der Schwäche, der bevorstehenden Panik, kam der letzte Stoß, verabreicht von Daymar, der seine Orientierungslosigkeit komplett machen und ihn ganz in den Wahnsinn treiben sollte.
    Mellar spürte das Stöbern in seinen Gedanken und schrie auf. Zu jener Zeit hatte ich keine Ahnung, ob er genügend desorientiert war, daß seine mentalen Schutzvorrichtungen unten waren. Das Gedankenlesen konnte funktioniert haben oder gescheitert sein, soweit es mich betraf, reichte es aus: Mellar drehte sich zu mir um. »Bring uns hier raus!« brüllte er. Es war Pech, daß er mich anstelle des anderen Leibwächters ausgesucht hatte, aber ich hatte geahnt, daß das passieren konnte.
    Ich sah ihn nicht an; stierte nur vor mich hin. Ohne

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