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Jhereg

Jhereg

Titel: Jhereg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Brust
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ändern oder beanstanden mußte, aber es tat der Moral seiner Truppen gut. Außerdem gehörte es zu den relativ wenigen Dingen, die Morrolan mit einiger Regelmäßigkeit unternahm.
    Um acht Uhr abends an jenem Tag, dem Tag, nach dem wir uns in meinem Büro getroffen hatten, inspizierte Morrolan also die Stellungen seiner Wachen und war folglich nicht im Bankettsaal vom Schwarzen Schloß.
    Ich aber.
    Daymar auch, er stand neben mir. Irgendwo war auch Cawti, sowie Kiera. Aliera wartete draußen vor dem Saal.
    Ich bemühte mich, unauffällig zu sein. Zu trinken hatte ich nichts, weil ich nicht wollte, daß jemand meine zitternden Hände bemerkte.
    Eine Weile mußte ich mich im Saal umsehen, dann entdeckte ich Mellar. Hinter ihm, ungefähr drei Meter entfernt, stand Kiera und sah in meine Richtung. Anscheinend hatte mein Bemühen, unauffällig zu sein, zumindest teilweise Erfolg, denn keiner meiner Bekannten hatte mich bisher bemerkt. Gut. Wenn wir jetzt noch ein paar Minuten länger von diesem Glück verfolgt werden könnten, dann wäre ja alles Tulpe.
    Also gut. Hände, entspannt euch. Schultern, bleibt locker. Magen, entkrampfen. Nacken, aufrichten. Knie, ihr dürft euch bewegen – Zeit zu gehen.
    Ich nickte Kiera zu. Sie nickte zurück. Jetzt war ich nicht mehr nervös.
    Von meinem Standpunkt aus konnte ich genau beobachten, wie sie an einem von Mellars Leibwächtern vorüberging, an ihm vorbei nach einem Weinglas griff und weiterlief. Den Austausch selbst habe ich gar nicht mitbekommen. Ich hatte mich sogar schon gefragt, ob er auch tatsächlich stattgefunden hatte, als Kiera mich ansah und bestätigte. Mit zwei ausgestreckten Fingern ihrer lässig herabhängenden Hand zeigte sie mir an, daß beide Waffen an Ort und Stelle waren. Gut. Ich zwinkerte ihr zu, daß ich verstanden hatte.
    Also los, sagte ich zu mir selbst.
    Dann sah ich mich im Saal um. Diesen einen Teil hatte ich nicht vorausgeplant – weil ich nicht wissen konnte, wer von einem Tag auf den anderen – oder von einem Moment auf den anderen – hier sein würde.
    Drüben bei einem Tisch, etwa fünf Meter von mir weg, entdeckte ich den Hawklord, der sich neulich mit Mellar unterhalten hatte. Perfekt! Bei dem hatte ich noch einen gut. Ich näherte mich ihm also und bereitete mich auf meine Rolle vor. Das, was auf dem Tisch stand, bezog ich mit ein. Ich ließ mir genug Zeit für den Weg, um Loiosh detaillierte Anweisungen geben zu können.
    »Du weißt Bescheid, Loiosh?«
    »Kümmere dich um deinen eigenen Auftritt, Boß. Ich mach nur das, was mir sowieso im Blut liegt.«
    Ich lehnte mich an den Tisch, hob mich kurzfristig in einen etwas höheren Adelsstand und sagte: »Heda, reich er mir ein Glas von dem vier-siebenunddreißiger Kiereth, ja?«
    Als er tatsächlich danach griff, mußte ich einen Augenblick lang befürchten, daß ich übertrieben hatte, aber dann faßte er sich und wandte sich mir direkt zu, mit kalter Stimme und kalten Augen.
    »Ich bediene keine Jhereg«, verkündete er. »Oder Leute aus dem Ostreich.«
    Hervorragend. Jetzt gehörte er mir.
    Mit gespielter Belustigung antwortete ich: »Ach wirklich?« Dann schaltete ich mein bestes sardonisches Grinsen an. »Wir sind wohl aufgeregt, weil wir Höhergestellte bedienen sollen, wie? Na, das ist ja auch in Ordnung so.«
    Darauf funkelte er mich an und griff nach seinem Schwert. Aber dann fiel ihm wohl wieder ein, wo er sich befand, und er überlegte es sich anders.
    »Ich muß Morrolan wirklich mal fragen«, sagte er, »warum er dem Pöbel gestattet, seinen Besitz heimzusuchen.«
    Ich sollte ihn dazu ermutigen, überlegte ich, nur um zu sehen, wie lange er das überleben würde – aber ich mußte meine Rolle weiterspielen. »Tut das«, sagte ich also. »Ich muß zugeben, ich bin auch neugierig. Laßt mich wissen, wie er Eure Gegenwart hier, mitten unter Adligen, rechtfertigt.«
    Mittlerweile sahen uns ein paar Leute zu und fragten sich, ob der Hawk mich herausfordern würde oder einfach angriff. Ehrlich gesagt war mir das ziemlich gleichgültig.
    Auch er merkte, daß die Menge zuschaute. »Bildet er sich ein«, sagte er, »daß er sich mit Dragaeranern gleichstellen darf?«
    »Mindestens das«, erwiderte ich lächelnd.
    Auch er lächelte jetzt, wo er sein Temperament wieder unter Kontrolle hatte. »Welch ein vorwitziges Ansinnen. Ein Dragaeraner würde niemanden auf eine solche Weise anreden, wenn er es nicht mit Stahl bekräftigen könnte.«
    Ich lachte laut auf. »Oh, aber immer,

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