Jillian Hunter
halb toten Mann in einer Truhe?"
„Ich suche nach meinem Tagebuch, wenn du es unbedingt wissen musst."
„Warum?"
„Warum?"
Er trat in das Zimmer und schloss die Tür hinter sich. „Ich könnte dir beim Inhalt behilflich sein, wenn du beabsichtigst, das Original noch einmal zu schreiben."
Chloe wurde blass. „Ich hoffe sehr, dass du mir damit nicht das sagen willst, was ich befürchte. Hast du mein Tagebuch, Dominic?"
„Natürlich nicht, Liebling." Er grinste träge. „Aber ich erin- nere mich an ein paar der interessanteren Einträge, falls dir das weiterhilft."
„Du Fiesling! Du kannst es nicht gelesen haben."
Sein tiefes Lachen machte sie schaudern. „Lass mich kurz
nachdenken. Ah, ja. ,Mein fataler Fehler ist meine Unfähig- keit, sittsam zu sein. Kein anständiger Mann würde mich wol- len. Ich bin mir sicher
Sie schnaubte. „Du hast es gelesen!"
„Es war ziemlich süß."
Süß. Chloe konnte nur ihrem Glücksstern danken, dass er nicht ihre späteren Einträge gelesen hatte, in denen sie be- schrieben hatte, wie sehr sie sich zu ihm hingezogen fühlte.
„Wolltest du an jenem Tag im Regen wirklich, dass ich dich verführe?", fragte er und zog sie in seine Arme.
Sie wehrte sich. Er zog sie enger an sich. Die warme Kraft seiner Arme umhüllte sie. Ein erwartungsvoller Schauer durchströmte sie, und ihr Atem ging schneller. Noch einen Au- genblick, und sie würde sich nicht mehr daran erinnern, dass sie wütend auf ihn war, weil er ihre geheimsten Gedanken ge- lesen hatte.
Er knabberte an ihrem Ohr. „Wie gut, dass ich kein wirklich anständiger Mann bin."
„Warum bist du überhaupt hier heraufgekommen, Domi- nic?", fragte sie.
„Ich wollte dir etwas geben."
„Was?", fragte sie. Sie war trotz allem neugierig.
Er senkte den Kopf. Seine Augen glühten vor Liebe, und er küsste sie mit solch brennender Leidenschaft, dass sie ihr Tagebuch vollkommen vergaß. War sie wütend auf ihn? Es war einerlei. Wichtig war nur, dass dies der Mann war, dem sie am kommenden Morgen ewige Treue geloben würde.
Sie legte den Kopf auf seine Schulter und lauschte den Stim- men auf dem Flur. Sie hatte sich noch nie so sicher und so im Reinen mit sich selbst gefühlt.
„Die Hochzeit sollte eine ruhige Angelegenheit werden", sagte Emma eher hoffnungsvoll als überzeugt.
„Bei dieser Familie?", lachte Jane. „Ich hoffe, du hast nicht die Absicht, darauf zu wetten."
„Ich wäre am Boden zerstört", erklärte Emma. „All meine alten Freunde sind zu diesem Anlass wieder in die Stadt ge- kommen. Chloe sieht in ihrem Kleid aus wie ein Engel. Domi- nic ist ein gut aussehender Halunke, und sie lieben sich. Beim Hochzeitsfrühstück wird sich die Köchin selbst übertreffen,
und der Kuchen ist ein wahres Meisterwerk." Sie hielt inne, um durchzuatmen, wobei sie sich anhörte, als hätte ihre Zofe ihr das Korsett zu eng geschnürt. „Kann überhaupt noch ir- gendetwas schiefgehen?"
Dominic blickte Chloe in die Augen und lächelte.
„Nicht für uns", versprach er ihr. „Dein Hochzeitskleid könnte ebenso gut aus Sackleinen sein. Das Hochzeitsfrüh- stück könnte wie Staub schmecken und der Kuchen in sich zu- sammenstürzen, bevor er auch nur angeschnitten ist. Es wird nichts an dem ändern, was wirklich zählt. Von jetzt an wird alles gut werden."
Er war so anders als damals bei ihrer ersten Begegnung. Seine Ruhelosigkeit war gezügelt, die Rachegedanken waren aus seinem Herzen verschwunden. Er war immer noch ihr dunkler, leidenschaftlicher Dominic, der Mann, mit dem sie für immer zusammen sein würde, aber seine bösen Geister waren gebannt. Sie erwiderte sein Lächeln und nahm seine Hand. „Für mich ist alles gut, seit ich dir begegnet bin."
- ENDE -
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