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Jim Knopf und die Wilde 13

Jim Knopf und die Wilde 13

Titel: Jim Knopf und die Wilde 13 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Ende
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Schiff mit sich im Kreise
herum, immer tiefer und tiefer hinunter, als wolle er es in seinen
unersättlichen Schlund hinabsaugen.
    Aber schon waren die zwölf Brüder
wieder auf die Beine gekommen. Von den roten Segeln war nichts mehr vorhanden,
aber das Steuerruder funktionierte noch. Ein paar hundert Meter war das Schiff
wohl schon in die Tiefe gesaugt worden und raste an einer beinahe senkrechten
Wasserwand immer im Kreise herum. Durch einen dichten Vorhang aus peitschendem
Sprühregen nahmen die beiden Freunde nur noch wahr, wie die Piraten ihr Schiff
Meter für Meter gegen den gewaltigen Sog an die Oberfläche des Meeres
zurückzwangen. Dann verging ihnen Hören und Sehen. Mit letzter Kraft konnten
sie sich noch am Mast festklammem.
    Als sie wieder zur Besinnung kamen,
blickten sie sich erstaunt um. Der Strudel hatte sich geschlossen, und ein
sanfter Wind strich über das Meer, das nun glatt und heiter dalag. Nur ein
dunkel glühendes Abendrot übergoß den Himmel.
    Die zwölf Piraten standen nebeneinander
an der zerborstenen Reling und blickten auf das schweigende Meer hinaus,
dorthin, wo vordem ihre Heimat gewesen war.
    Jim und Lukas traten zu ihnen.
    Nach einer Weile sagte einer der
Piraten mit rauher Stimme: „Wir haben getan, was der ,Goldene Drache der
Weisheit’ wollte. Wir haben gesühnt. Aber wo sollen wir jetzt hin, Jim Knopf?
Wir haben kein Land mehr. Und wenn du nicht unser Hauptmann wirst und uns in
deinem Königreich aufnimmst, dann müssen wir mit unserem Schiff von nun an
ruhelos die Weltmeere durchkreuzen.“
    „Lummerland is’ zu klein für uns alle“,
antwortete Jim leise, „aber wenn ich erst weiß, wo Jamballa liegt, dann fahren
wir zusammen hin, und ihr werdet meine Leibwache und sollt mein Land
beschützen.“
    „Und wie sollen wir dann heißen?“
fragte einer der Piraten gespannt.
    „Prinz Myrrhen und seine zwölf
Unbesiegbaren“, schlug Jim vor. Die Seeräuber starrten ihn einen Moment mit
offenen Mündern an, dann brachen sie in tobende Begeisterung aus.
    „Ho, ho“, schrien sie lachend, „das ist
gut, das gefällt uns! Ho, ho! ,Prinz Myrrhen und seine zwölf Unbesiegbaren’
sollen leben!“ und sie umringten den Jungen und hoben ihn hoch und warfen ihn
in die Luft, immer wieder und wieder. Lukas stand dabei, kratzte sich
schmunzelnd hinter dem Ohr und brummte: „Vorsicht, Leute, macht mir unsern Prinzen
nicht kaputt!“
    Und dann begannen die Seeräuber zu
singen, mit rauhen Kehlen und gewaltiger Lautstärke. Es war ihr altes
Seeräuberlied, aber wie von selbst kamen ihnen neue Worte zu der alten Melodie
in den Sinn. Und da die Brüder ja alle ganz gleich waren, brauchten sie den
Text gar nicht erst zu verabreden:
     
    „Zwölfe,
die unbesieglich sind,
    ho,
ho, ho, und ein schwarzer Prinz,
    schützen
das Reich vom Dreikönigskind,
    ho,
ho, ho, und den schwarzen Prinz!
    Daß
nichts mehr das herrliche Land bedroht,
    ho,
ho, ho, und den schwarzen Prinz,
    schwören
wir Treue auf Leben und Tod,
    ho,
ho, ho, unserm schwarzen Prinz!“
     
    Als die erste Begeisterung sich etwas
gelegt hatte, Jim wieder festen Boden unter den Füßen spürte und zu Atem
gekommen war, sagte er: „Aber wo wir doch jetzt Freunde sind, is’ mir gar nicht
recht, daß ich euch nicht unterscheiden kann. Ich find’, wir sollten was
erfinden, woran man jeden erkennt.“
    „Das wäre schön“, antwortete einer der
Kerle. „Wir haben selber auch schon oft hin und her überlegt, nicht wahr,
Brüder?“
    „Ja“, sagte ein anderer, „das haben
wir. Aber uns ist nichts eingefallen.“
    „Ich weiß was!“ rief Jim. „Ihr habt
doch gesagt, daß jeder von euch nur einen Buchstaben schreiben kann. Aber jeder
einen anderen.“
    „Das ist richtig, Hauptmann“, versetzte
einer der Brüder erstaunt. „Dann is’ es doch ganz einfach“, sagte Jim, „jeder
von euch kriegt einen Namen, der mit seinem Buchstaben anfängt.“
    „Da soll mich doch der Donner!“
murmelte einer. „Was wir in unserem ganzen Leben nicht fertiggebracht haben,
das schüttelt der Prinz aus dem Ärmel. Ja, man muß eben was im Kopf haben!“ Und
dann mußten die Brüder einzeln vortreten und ihren Buchstaben malen. Lukas las
ihn vor, und dann überlegten sich die beiden Freunde einen passenden Namen für
jeden. Nur bei einem gab es eine kleine Schwierigkeit, nämlich bei dem, der
immer geglaubt hatte, sein Buchstabe wäre ein K. Es dauerte eine Weile, bis er
begriff, daß es in Wirklichkeit ein X war, aber dann fand er das auch

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