Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Jim Knopf und die Wilde 13

Jim Knopf und die Wilde 13

Titel: Jim Knopf und die Wilde 13 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Ende
Vom Netzwerk:
nicht“, sagte Jim nach
einigem Bedenken, „ich will kein Piratenhauptmann sein.“
    „Könnten wir uns nicht vielleicht auch
verwandeln wie der Drache?“ fragte einer der Piraten hoffnungsvoll.
    „Nein“, tönte es aus dem Innern des
„Goldenen Drachen der Weisheit“, und abermals spielte das geheimnisvolle
Lächeln um seine Mundwinkel, „dessen bedürft ihr nicht. Ihr braucht einen
Herrn. Wenn aber dies Kind euer Herr sein soll, so müßt ihr ihm zuvor seine
Herrschaft geben.“
    „Das tun wir doch!“ meinte einer der
Piraten. „Wir werden unserem neuen Hauptmann gehorchen auf Tod und Leben, das
schwören wir.“
    „Das schwören wir“, murmelten die
übrigen dumpf.
    „Was ihr tun sollt“, antwortete der
Drache, und seine Stimme klang gewaltig, „das darf euch niemand befehlen.
Freiwillig müßt ihr’s vollbringen. Es ist so voll Schrecken, daß niemand außer
euch den Mut aufbringt, und es bedarf solcher Kraft, daß niemand außer euch die
Stärke besitzt. Diese Tat sei eure Sühne. Und nicht eher wird Prinz Myrrhen
sein Land betreten können, ehe nicht ihr zwölf gleichen Brüder aus freiem
Willen gesühnt habt.“
    „Was müssen wir tun?“ fragte einer der
Piraten.
    „Das große Reich König Kaspars ist in
den Wassern versunken“, sprach der Drache, „dort unten liegt es nun schon seit
über tausend Jahren.“
    „Warum is’ es denn versunken?“ fragte
Jim mit großen Augen. „Weil ich es versinken ließ, um den König mit dem
dunklen Antlitz, meinen Feind zu jener Zeit, zu vernichten. Durch vulkanische
Gewalten, über die wir Drachen Macht haben, ließ ich das schreckliche ,Land,
das nicht sein darf’ aus der Tiefe des Meeres emporsteigen. Dadurch mußte das
Land Jamballa, wie auf dem anderen Ende einer großen Waage, versinken. So ist
es verschwunden und ward nicht mehr gefunden bis heute.“
    „Ach“, sagte Jim, „und wenn man jetzt
das ,Land, das nicht sein darf’ versenkt, steigt dann mein Land wieder auf?“
    „So ist es“, tönte es aus dem Innern
des Drachen, „das aber vermag niemand. Selbst ich nicht, weil ich jetzt
verwandelt bin. Nur diese zwölf, die dreizehn zu sein vermeinten, können es
tun.“
    „Wir sollen unsere eigene Heimat,
unsere Burg ,Sturmauge’ versenken?“ riefen die Piraten.
    „Ich weiß, daß ihr den Tod nicht
fürchtet“, sprach der „Goldene Drache der Weisheit“, „aber dies Opfer ist
schwerer.“
    Die Piraten schwiegen. Schrecken malte
sich auf ihren zerfurchten Gesichtern.
    „Höret weiter“, tönte die
geheimnisvolle Stimme machtvoll aus dem Innern des „Goldenen Drachen der
Weisheit“, „in jener Burg ,Sturmauge’, mitten im ,Land, das nicht sein darf’,
ist ein Raum mit zwölf uralten, kupfernen Türen.“
    „Das Verlies, in dem wir waren“, raunte
Lukas Jim zu.
    „Öffnet ihr diese Türen“, sprach der
Drache weiter, „so wird die Flut des Wassers hereinstürzen, wird durch die
Gänge und tausend Kanäle toben und aufwärts steigen und das ganze ,Land, das
nicht sein darf’ füllen. Wenn die Fluten die oberste Spitze erreichen und jede
Ader sich vollgesaugt hat, dann wird das Land so schwer sein, daß es versinkt.“
    Die Piraten schauten sich an, dann
schüttelten sie die Köpfe, und einer sagte: „Jeder von uns hat schon mal
versucht, die Türen aufzubrechen, weil wir wissen wollten, was dahinter ist.
Aber keiner hat es fertiggebracht.“
    „Ihr kennt nicht das Geheimnis“, sprach
der Drache, „diese zwölf Türen tun sich nur alle zugleich auf oder gar nicht.
Darum müssen zwölf gleiche Männer mit der gleichen Kraft und dem gleichen
Herzschlag im gleichen Augenblick die kupfernen Pforten öffnen. Wenn sie es
aber vollbracht haben, so müssen sie eilen, ihr Schiff zu erreichen, die
brüllenden Wasser werden sie sonst verschlingen.“
    „Und wo steigt dann mein Land auf?“
fragte Jim atemlos.
    „Kehre heim auf deine Insel, Prinz
Myrrhen“, antwortete der „Goldene Drache der Weisheit“, und das grüne Feuer in
seinen Augen loderte so hell, daß man kaum noch hineinschauen konnte,
     
    „KEHRE HEIM, DU WIRST ALLES ERFAHREN.“
     
    Damit richtete der Drache seine Blicke
wieder über die Anwesenden hinweg wie in weite Fernen, und das smaragdene
Funkeln schien plötzlich erloschen. Jim hätte gerne noch nach Molly gefragt.
Aber er wußte, daß der Drache für diesmal nicht mehr antworten würde. Außerdem
erinnerte er sich noch deutlich an die Worte, welche der Drache beim vorigen
Mal zu ihm gesprochen hatte:

Weitere Kostenlose Bücher